Um 05:30 - keiner von uns hatte einen Wecker gebraucht - saß unsere vierköpfige Familie bei bestem Wetter startklar im Auto für unsere Reise Richtung Norden. Je näher wir unserem Ziel, Hirtshals in Norwegen kamen, desto ruhiger wurde es auf den Straßen. Nachdem wir Dänemark mit seinen flachen Feldern und merkwürdig anzusehenden Strommasten durchquert hatten, passierten wir eine wunderschöne Panoramstrecke im südlichen Norwegen. Hätten wir gewusst wie schön es hier ist, wäre die Vorfreude noch größer gewesen.
Im Hüttendorf in Amli angekommen machten sich unsere beiden Kids direkt auf Erkundungstour ins weitläufige Gelände.Zu sehen bekamen wir die beiden lediglich zu den Mahlzeiten und zum Schlafengehen.
Am nächsten Tag lernten wir die anderen Familien zu unserer Norwegentour kennen. Unsere Zentrale befand sich in einem Tipizelt. Dort machten wir es uns um ein Lagerfeuer herum bei Gitarrenmusik gemütlich.
Das Lied "Es ist Sommer" ließ uns nicht mehr los und wurde zum Ohrwurm. Leider wurde dieser Text nicht zum Motto. Denn nach zwei sonnigen Tagen begann es nachts zu regnen. Seit geschätzt 30 Jahren war dies die regenreichste Zeit meines Lebens. Zuerst tröpfelte es nur ganz leicht auf das Hüttendach, dann setzte prasselnder Regen ein und war zum Schluss sintflutartig unterwegs.
Ab diesem Zeitpunkt setzte Regen ein und hörte wieder auf. Stets mit einer Dynamik, die uns staunen ließ. Das kleine Lied half uns immer wieder zwischendurch.
Unsere Touren begannen mit den vorabendlichen Treffen im Tipizelt mit Bernd und Kim an der Gitarre. Die Atmosphäre war herzlich. Sie unterbrachen ihren Gesang, als alle aus unserer Gruppe eingetroffen waren.
Denn jetzt hieß es: Planen für den kommenden Tag mit Details. Wichtig war dabei immer der brandaktuelle Wetterbericht. Bereits heute, an unseren freien Tag, durften wir hautnah erfahren, was es heißt, wenn es in Norwegen regnet. Hanka, unsere gute Fee, die immer an alle Kleinigkeiten dachte, beschrieb uns das Wetter für den kommenden Tag wie folgt: Es wird einen kleinen Schauer geben, maximal 0,002 l/m², sozusagen leichten Sprühregen. Die Wetterberichte waren sich aber nicht einig; regnen musste es nicht unbedingt. Auf dem Programm stand eine Wanderung von ca. 4 km Gutes Schuhwerk und Regenkleidung sollte mitgenommen werden, eventuell Wechselkleidung sowie das tägliche Vesperpaket inklusive Würstchen zum Grillen.
Der kleine Hinweis, dass die Tagesrücksäcke nicht wasserdicht sind, konnte man leicht überhören und wurde von allen als „Nice to Have“ fast überhört. Unsere gute Fee empfahl uns die Wechselkleidung in den Rucksäcken in Plastiktüten einzupacken.
Der Abend klang gemütlich bei Lagerfeuer, Gitarrenklang und Gesang aus.
Der Tag darauf begann mit den pünktlich um 07:30 Uhr von den kleinen Heinzelmännchen gebrachten Brötchen, die an unseren Türen hingen. Um 9:30 Uhr trafen wir uns alle am Startpunkt. Nach einer kleinen Besprechung unter bewölkten Himmel gingen wir davon aus, dass es sonniger würde. Jedenfalls konnte man die Sonne schon erahnen.
Wir fuhren zum Ausgangspunkt „Mjävasshytta“. Als wir ankamen, regnete es leicht. Alle schnallten die Rucksäcke an und es konnte los gehen. Leichte Schauer begleiteten uns. Dann kam die Sonne heraus. Unsere Wanderung konnten wir ab jetzt in vollen Zügen genießen: Kinder sammelten Blaubeeren und wir zogen die Regenkleidung Stück für Stück aus. Wir kamen zu einer Aussichtsplattform mit dem gigantischen Blick auf die Landschaft. Ein Genuss.
Der Himmel zog sich aber wieder langsam zu. Die Wanderung ging weiter. Kurz darauf fing es an, richtig aus allen Eimern und Gießkannen zu regnen. Es schüttete Hunde und Katzen. Und weil dies noch nicht genug war, dachte sich das norwegische Wetter: Jetzt lassen wir es auch noch einmal ein bisschen Hageln. Daraufhin wiederholte sich eine Frage: „Wie weit ist es noch bis zur Hütte?“ Diese Frage wurde zum wichtigsten Thema schlechthin. Jeder - selbst die Kinder - wollten wissen: WANN KOMMT ENDLICH DIE HÜTTE!
Kim, Lars und Hanka antworteten darauf nur: „Wir müssen nur noch einmal um die Ecke vom Berg und dann können wir sie schon sehen!“ Dieser Satz wurde mehrmals, nach jeder Ecke und Kurve wiederholt, so dass einige aus der Gruppe diesen Aussage nicht mehr hören wollten. Leichte negative Emotionen ließen sich nicht mehr so richtig unterdrücken. Dann endlich sahen wir die Hütte. Alles an uns war nass. Wir hatten gefühlte 8 kg Wasser mehr zu tragen als zu Beginn der Tour. Pünktlich beim Eintreffen an der Hütte klarte das Wetter auf und wir hatten den schönsten Sonnenschein. Wir verweilten ein wenig in der Hütte, wechselten unsere klitschnasse Kleidung gegen feuchte aus.
Als wir wieder in unsere Schuhe schlüpften, begrüßten diese uns mit einer eiskalten Abkühlung. Da kam Freude auf! Gut, dass sich Wasser am Körper schnell wieder aufwärmt. Deshalb war es nach ein paar Schritten nicht mehr so kalt. Wir gingen beim schönsten Sonnenschein runter zum Ausgangspunkt. Je trockener wir wurden, desto mehr hob sich die Laune.
Der Abschluss des Tages war der Besuch einer richtigen Höhle! Um diese zu erreichen, kletterten wir zunächst über ein paar kleine Felsen und erreichten einen Fluss, auf dem sich ein Holzfloß befand.
Um sich darauf fortzubewegen, zogen wir mit vereinten Muskelkräften an einem Seil, welches über den Fluss gespannt war. Es ging sogar vorbei an einem schönen kleinen Wasserfall! Am anderen Ufer angekommen hieß es nochmals ein paar Steine und Felsen überwandern. Dann endlich erreichten wir die Höhle. Hier richteten wir ein Feuer ein, wärmten uns auf, grillten Würtchen.
Trotz des widrigen Wetters war dies ein schöner, erlebnis- und abwechslungsreicher Tag. Er war perfekt so wie er war. Jeder genoss das Beisammensein, den Wasserfall das Feuer und alle waren froh dabei gewesen zu sein.
Insgeheim haben wir diese Formel aufgestellt:
Niederschlag x Erwanderte Strecke = Wasser in Schuhen und Rucksäcken.
0,002 l/m² x 4000 m = 8 Liter
An anderen Tagen gab es Bogenschießen, wir fuhren Kanu, entdeckten Steintrolle, die Steine fressen und Vieles mehr. Es war ein gigantischer Urlaub.
Norwegen, du kannst dich von deiner rauen, wilden und kühlen Seite zeigen! Jedoch bleibst du schön; denn nach jedem Schauer erblüht die Landschaft beim kleinsten Sonnenstrahl umso intensiver.
Vielen Dank! Wir kommen wieder!.