Trip nach Fontainebleau und Besuch in Glees sorgten zwar für dünne Haut an den Fingern, aber dicke Freundschaft und zahlreiche Mini-Gipfel-Erlebnisse
Wer boulder- und naturbegeistert ist, wird sich sofort in den französischen National-Forst Fontainebleau verlieben. Das sandige Waldgebiet mit zehntausenden Felsblöcken mit Höhen von eineinhalb bis zu 15 Metern Höhe lockt mich seit meinem ersten Besuch dort mindestens einmal im Jahr an. Ende September machte ich mich mit Kira, Lisa, Toto, Timo und Dirk wieder auf in das Gebiet, was als einer der besten und technischen anspruchsvollsten Boulderspots auf der Welt zählt.
Kaum an den Blöcken angekommen, waren sie wieder da, die beiden Hauptprobleme: die Füße. Mal kämpft man sich auf einer Platte mit millimeterkleinen Mikroleisten hinauf, um dann festzustellen, dass die Bewertung wesentlich leichter ist als die gefühlte Anstrengung, dann tritt man wieder auf Reibung an, während man grenzlastige Sloper festhält – oder eben langsam loslässt, um über den rauen Sandstein rutschend wieder einige Mikrogramm Epithelgewebe auf dem Sandstein zu hinterlassen. Dann hangelt man mit Heelshooks eine fünf Meter Traverse auf einen Meter fünfzig Höhe und kann sich zumindest psychisch entspannen, während wir vorher in einem Dach in drei Meter Höhe bei einem wackligen Zug mit Zweifingerloch und Heelhook auf einer abschüssigen Schuppe Nervenstärke beweisen mussten. Kurz – man kann auf vielerlei Weise Spaß haben!
Ein Franzose Mitte fünfzig, den wir schon im vergangenen Jahr getroffen und bewundert hatten, half uns in diesem Jahr beim Knacken einer heftigen Kante, bei der man hervorragend das Phänomen der „Offenen Tür“ erleben konnte, um dann fröhlich unter unseren großen Augen die heftigsten Boulder hochzutanzen - nur mit einem Handtuch statt Crashpad als eventuelle Landezone bewaffnet.
Gute Stimmung, gemeinsames Kochen, gegenseitige Tipps und Spotten und friedliches und konkurrenzfreies Klettern nicht nur in unserer Gruppe, sondern auch mit Kletterern und Kletterinnen aus aller Welt zeigte wieder, wie sehr gerade diese Spielform des Klettern Menschen verbindet. Inspiriert hat uns auch ein Franzose mit enormer Zehenkraft, der alle Boulder barfuß wegzog, was Kira, Toto und ich dann auch gleich ausprobierten.
Im Sektor Elephant standen wir in sechs Meter Höhe gerade auf dem namensgebenden Boulder, als eine Frau uns mitteilte, dass der Fels instabil sei und demnächst gesperrt würde – bei uns hielt er noch und somit nutzten wir eine der letzten Gelegenheiten, das „Urvieh“ legal zu beklettern.
Zwei Wochen später nutzen Kira, Timo und ich das gute Wetter für einen Abstecher nach Glees in der Nähe des Laacher Sees. Dort führte uns der „Hausmeister“ des Bouldergebiets, Hartwig Pudzich, in die dortigen Gepflogenheiten ein und gab uns gleich Tipps zu spannenden Bouldern und passenden Sektoren.
Benimmregeln vor Ort (sollte eigentlich alles selbstverständlich sein….):
Haltet den Wald sauber (Müll gehört in euren Rucksack!).
Seid leise (keine laute Musik im Wald, kein „Hochschreien“ der Boulderer).
Wer chalkt, putzt den Fels anschließend. Immer wieder gibt es in Klettergebieten Ärger wegen übertriebenem Chalk-Einsatz. Auch Tickmarks wegputzen!
Felssperrungen beachten.
Der Einstieg in die Vulkangesteins-Boulder fiel uns nach dem Sandstein nicht ganz so leicht, dann konnten wir aber doch ein paar Probleme knacken. Dabei blieb nicht nur eine Menge Haut auf der Strecke, Timo bekam noch ein kleines Andenken geschenkt: Bei einem Ausstiegsmantel, als sowohl mein Spotter Timo wie ich dachten, dass ich schon eher mehr als weniger oben sei, kantete ich mich selbst aus dem Heelhook, segelte mit einer rasanten 180-Grad-Drehung nach unten und schleuderte meinen Arm dabei genau unter Timos linkes Auge – das sofort anschwoll wie nach einer Kneipenschlägerei. Durch mein „Beim-Klettern-immer-dabei-Mittel“ Arnica in homöopathischer Form konnten wir das Ganze aber schnell aufhalten, so dass mich Timo nicht nur in meinem nächsten, erfolgreichen Versuch spotten konnte, sondern kurz danach selbst die nächsten harten Boulder zog.
Was lernen wir daraus: Es ist nie vorbei, ehe man wieder sicher auf der Erde steht, ob beim Bouldern, Sportklettern oder Bergsteigen. Gut, wenn man dabei Freunde hat, auf die man sich verlassen kann – durch die Drehung bin ich neben dem Crashpad aufgekommen, durch Timos beherzten Einsatz bin ich trotzdem gut gelandet – hat aber ein Veilchen gekostet!