Datum: 30. 06 2009
Autor: Sabine Greifenhofer
Auch ich bin der prickelnden Atmosphäre des Urlaubs erlegen und habe mich unsterblich verliebt. Leider sehr unglücklich.
Denn schon allein unser Alterunterschied trennt uns um Welten. Zu allem Überfluss ist mein Geliebter sehr hoch gewachsen. Meine Eltern wären wohl auch nicht sehr glücklich mit einem Schwiegersohn, der nie etwas sagt und immer nur ein Echo zurückgibt. Trotzdem kann ich mich nicht gegen diese Anziehung wehren. Ich habe mich in die Alpen verliebt.
Es fing alles mit dem Plan an, mit dem Auto nach Rom zu fahren. 17 Stunden im Auto können schon etwas erdrückend sein, aber um Rom zu sehen, würde ich fast alles tun. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen nicht einzuschlafen, um alles zu sehen. Aus diesem Vorhaben wurden ungefähr 9 Stunden Schlaf, aber als ich aufwachte sah ich sie. Es war liebe auf den ersten Blick.
Die Alpen sind wunderschön. So groß und weit. Weinstauden und Bäume finden auf ihnen Platz, aber hier und da entdeckt man auch kleine Häuschen mit backsteinfarbenen Dächern oder bayerischen Fenstern. Natürlich weiß ich, dass eine derartige Fernbeziehung keine Perspektive hat, aber trotzdem träume ich noch von dem klaren Wasser, das so blau glänzte wie der Himmel. Kaum berührte Natur bot sich auf meinem Angebeten. Er ist ein Überbleibsel längst vergangener Zeiten. Ich war hin und weg von seinem Anblick. Wie ein Gigant zwischen sachten Nebelschwaden. Sein Stolz ist nicht unbezwingbar, aber er macht seinen Besteigern das Leben schwer. In fast unmöglichen Konstruktionen werden Stromleitungen auf seinem Rücken platziert, wie vom Zufall gesetzt und gegen jede menschliche Logik miteinander verbunden, von Mutter Natur dirigiert. Überreste und Ruinen alter Burgen versuchen auf ihm zu trotzen, doch seine Größe überspielt sie. Die Jahre sind für die Alpen nicht gefährlich doch aber für die steinernen Fassaden eines Gebäudes.
Und so wird mein Geliebter noch lange nach mir sein, andere junge Mädchen in seinen hoffnungslosen Bann ziehen und mit dem Wind die Aufforderung weitertragen, ich solle wiederkommen. Das Tragischste an dieser Verbindung ist wahrscheinlich die Tatsache, dass er mich nie besuchen kann, geschweige denn am Fenster hinaufklettern, um den Blicken meiner Eltern zu entgehen, und dass wir nie zusammen ins Kino gehen können.