Wen Gott lieb hat, den lässt er fallen in dieses Land. So soll Ludwig Ganghofer vom Berchtesgadener Land gesprochen haben. Und recht hat er gehabt. Etwas Heimliches hat dieses Land mit Königssee, St.-Bartholomä, Kärlinger Haus, Fischunkelam. Aber auch Watzmann, Ostwand, Hoher Göll, Hochkalter, Saugass und Steinernem Meer ziehen magisch an. An der Wimbachbrücke starteten Hermann Fleichheuer und ich ins Wimbachgries, weiter über Tritschhübel zum Kärlinger Haus. Für mich ist das Kärlinger Haus eine der schönstgelegenen Hütte unweit vom Funtensee, wo die kältesten Temperaturen in Deutschland gemessen werden.
Am nächsten Tag wurde die seit mehr als 20 Jahre immer wieder hinausgeschobene Tour vom Kärlinger Haus (1638 m) durchs Steinerne Meer zum Matrashaus auf dem Gipfel des Hochkönig (2941 m) in Angriff genommen. Ein ganzer Tag Gehzeit war angesagt.
Fünf Uhr Frühstück, halb sechs in die Dunkelheit, vorbei am Funtensee, der erste Aufstieg und ein unvergessener Blick zurück über den Funtensee zum Kärlinger Haus, in den beginnenden Tag.
Weiter langsam aufsteigend erscheint die Schönfeldspitze auf ein Mal vor uns. Wir lassen sie rechts liegen; der Zeitverlust wäre zu groß gewesen. Zudem standen wir beide schon Mal auf ihrem Gipfel.
Weiter geht es. Am Pass der Hochbrunnsulzenscharte bekamen wir den ersten Blick zu unserem Ziel. Zwischen zwei Bergen lag es, klein und noch weit, das Matrashaus. Hier war auch deutlich zu sehen, dass das Steinerne Meer seinen Namen zu Recht trägt: Steine so weit das Auge reicht.
Und hier war sie auch schon da, die uns den weiteren Tag noch so heftig zusetzen sollte, die Sonne. Vorsorglich hatte ich mir zu meinen sonst ausreichenden 2 Liter Wasser im Kärlinger Haus noch eine 1,5 Liter Flasche mit Wasser geben lassen. Nie hätte ich gedacht, dass selbst diese dreieinhalb Liter Wasser an diesem Tag nicht reichen würden. Endlos durch die Steinwüste. Nur Steine und Sonne brutal. Dann der erste steile Aufstieg, vorbei an der Biwakschachtel Richtung Brandhorn. Hier wurde das Gelände aufreibender. Mal steigen, mal klettern, mal auf, mal ab. Hätte Genuss sein können, ohne die Sonne. Dann an der Torscharte die Frage, über welche Variante gehen wir, über den schöneren Mooshammersteig mit dem Gipfel des Hochseiler (2793), oder den etwas weiteren, aber leichteren Herzogsteig. Die Uhr und die Sonne trafen die Entscheidung – Herzogsteig. Ein schöner Steig. Dahinter kam dann der Gletscher der Übergossenen Alm. Hier konnte endlich wieder in einem Rinnsal neues Wasser gefasst werden. Durst ist der beste Brauer. Steigeisen mussten angelegt werden. Der zurückgegangene Gletscher zwang dann noch zu einem Umweg über höher gelegene Grate. Die Sonne quälte nicht mehr. Sie kratzte schon an entfernten Gipfel. Und immer noch auf und ab. Und dann kam er doch, der letzte Aufstieg zum Matrashaus. Kurz vor der Dämmerung war das Ziel erreicht. Dreizehneinhalb Stunden, und vielleicht 2000 Höhenmeter.
Nicht so schlimm am erst zweiten Bergtag in dieser Höhe. War es doch eine sehr schöne Tour. Aber am Matrashaus wusste ich, dass unser Berggroßvater Karl Zöll doch nicht in allem Recht hat. Nicht das Gewicht ist der größte Feind des Bergsteigers. Es ist die Sonne. In der Hütte verschwanden noch ein Mal anderthalb Liter Radler die Kehle runter. Über 6 Liter Flüssigkeit an einem Tag. Die Nacht war nach so einem Tag erholsam. Am nächsten Morgen sind wir zum Arthurhaus abgestiegen, und von dort mit öffentlichen Verkehrsmitteln über Salzburg zurück nach Berchtesgaden gefahren. Am Tag danach ging es zum Frühstücken zum Purtschellerhaus An der Rossfeldstraße sind die Mautzöllner morgens noch nicht so früh auf Posten. Der Spruch am Hüttenfenster verrät wohl Lebensweisheit.
Ich wollte über Hoher Göll und Hohes Brett wieder runter zum Königsee. Die Wettervorhersage führte den Blick immer wieder zu den Wolken. Eventuell Regen und nachmittags Gewitter waren angesagt. Am Rauchfang musste ich mich entscheiden. Durch den Kamin zum Hohen Göll oder Abstieg über den Mandelgrat zum Kehlsteinhaus. Gewitterwolken nein, Regenwolken schon. Schöne Kletterei über den Mandelsteig. Am Kehlsteinhaus war die Hölle los. Oktoberwies´n auf 1820 m. Nix wie weg von diesem Kirmesplatz. Das Kehlsteinhaus habe ich mir aber noch angesehen. Schon beeindruckend, „Eagles Nest“.
Ein Erlebnis für sich, mit dem Goldenen Aufzug 124 m durch den Fels in die Tiefe. Dann ein langer Tunnel bis ins Tageslicht. Es wurde noch ein schöner zünftiger Abend. Wir trafen Margarete und Karl Heinz Wegener, die sich auch dort aufhielten. Dann hatte der Regen das Berchtesgadener Land wieder in seinem Griff, und uns die Autobahn Richtung Heimat.