Unsere seit ca. 25 Jahren bestehende Gruppe hat – ohne den Altersdurchschnitt zu verbessern – wieder Zuwachs bekommen. Leo und Karl Jakobs verstärken uns. Das ist auch dringend geboten, denn aus gesundheitlichen Gründen können in diesem Jahr Klaus M. und Michael nicht dabei sein.
Wir haben uns entschlossen einen Kleinbus anzumieten und so geht es morgens früh um 3.00 Uhr los. Nach unproblematischer Fahrt erreichen wir um 12.30 Uhr unser Ziel in den Enzingerböden nahe Uttendorf in den Tauern. Wir essen eine Kleinigkeit und steigen 2 ½ Stunden zur Rudolfshütte auf. Der Begriff Hütte passt nicht mehr, denn der ehemalige Stützpunkt des Österreichischen Alpenvereins ist inzwischen ein Berghotel mit Seilbahnanbindung. Uns wird sehr deutlich vor Augen gebracht, wie Bergsport für ein Alpenvereinsmitglied nicht sein soll. Hotel mit Selbstbedienung im Skigebiet, unpersönlich das Ganze, das Abendessen auf jeder der von uns später besuchten Hütte ein ganzes Stück besser.
Nach einem allerdings wirklich guten und schmackhaften Frühstück starten wir früh zur Sudetendeutschen Hütte. Für den Nachmittag sind Regenschauer angesagt und wir wollen auf dem einsamen, aber wunderschönen Silesia-Höhenweg schon ein gutes Stück voran gekommen sein, ehe der Regen einsetzt. Wir steigen zunächst zu den Kalser Tauern auf und auf der anderen Seite 300 hm weiter ab, um dann den beschriebenen Höhenweg zu nehmen. Da das Wetter noch sehr gut ist, haben wir fantastische Höhen- und Tiefenblicke, z. B. sehen wir unter uns den kleinen Dorfer See. Größtenteils zeigt sich der Weg unproblematisch, später gibt es einige Seilsicherungen.
Es macht schon richtig Spaß. Wir stellen nach den ersten Pausen fest, dass Leo so viel Proviant dabei hat, dass wir auch mehrere Tage mit der ganzen Gruppe in der freien Wildnis überlebt hätten. In der letzten Viertelstunde unserer Wanderung erreicht uns beim Abstieg vom Gradetzsattel auch das versprochene Nass. Bald erreichen wir jedoch die wärmende Hütte, welche von einem Nepalesischen Pächterehepaar geführt wird. Eine Hütte wie im Bilderbuch. Kein warmes Wasser, aber sauber, dass man vom Fußboden hätte essen können. Die Leute unglaublich freundlich, gutes Essen – was will man mehr.
In der Nacht ist der Regen oberhalb der Hütte in Schnee übergegangen, allerdings hat es keine großen Mengen gegeben. In Höhe der Hütte fieselt es weiter. Da wir an diesem Tag nicht zwangsweise ein großes Programm haben, beschließen wir abzuwarten, da das Wetter im Laufe des Tages besser werden soll. Nachdem es immer mal ein paar Wolkenlücken gegeben hat, reißt es gegen 9.30 Uhr auf und wir brechen in Richtung Kals-Matreier-Törlhaus auf. Ursprünglich war beabsichtigt, entweder die Gradetzspitze oder die Kendlspitze zu besteigen, da die Wege oben aber noch verschneit sind, verzichten wir darauf. So gehen wir über den versicherten Steig der Dürrenfeldscharte zum sogenannten Hohen Tor. Wieder ist es ein Weg mit wunderbaren Tiefblicken, dieses Mal nach Matrei. Da das Wetter zwischenzeitlich wesentlich besser geworden ist, beschließen wir die Blauspitze zu besteigen. Von der Blauspitze gibt es – teilweise versichert – eine wunderschöne Gratwanderung über den Blauen Knopf und den Niwanolkopf zurück auf den Wanderweg zum Kals-Matreier-Törlhaus.
Dort kommen wir relativ früh an und erstmals ist Sonnencreme angesagt. Wie der Name des Hauses es sagt, sieht man von der Terrasse auf der einen Seite den Ort Kals und auf der anderen Seite Matrei. Der Großglockner hängt noch in einer Wolke, die sich auch nicht verziehen will, obwohl uns einige Einheimische das die ganze Zeit prognostizieren. Wir werden von der freundlichen Wirtin auf die Klimaveränderung hingewiesen. Die Quelle der Hütte ist im zweiten Jahr nacheinander trocken gefallen ist, und man muss mühselig mit einem Wassertank jeden Tag frisches Wasser heranschaffen. Sie bittet uns, nicht zu duschen. Später fällt aufgrund eines Kurzschlusses noch der Strom aus, was auch an diesem Tag nicht mehr reparabel ist. So sitzen wir abends sehr romantisch bei Kerzenlicht zusammen und lassen den Tag ausklingen.
Nachdem die Tagesgäste sich verzogen haben, bleiben wir mit einer Gruppe von Jägern und wenigen anderen Gästen auf der Hütte zurück. Man hat tatsächlich drei Murmeltiere geschossen. Es muss schwierig gewesen sein die Tiere, denen man sich oft problemlos bis auf zehn Meter nähern kann, zu erlegen, denn es gab eine wahre Fotosession. Anschließend wurde gefeiert, dass nicht mehr alle Mitglieder der Gruppe die Treppe gehen konnte, um ihr Lager aufzusuchen. Es hat schwer gerumpelt in der Nacht. Das einzig Gute an der Sache ist, dass sich Niemand ernsthaft verletzt hat.
Unser nächstes Ziel, die Glorer Hütte, sehen wir schon, allerdings in weiter Ferne. Wir müssen lediglich nach Kals 900 hm absteigen und zur anderen Seite wieder 1300 hm aufsteigen. Klingt langweilig, war es aber nicht. Selbst den Aufstieg durchs Ködnitztal zum Lucknerhaus, wo wir eine Mittagsrast einlegten, war eine leichte, aber schöne Wanderung.
Auf der Glorer Hütte gab es sogar Wasser für Warmduscher. Der Strom scheint dort allerdings sehr teuer zu sein, denn wir mussten 5,-€ dafür hinlegen. Wir haben uns dort wohlgefühlt. Am nächsten Morgen hieß es aufzubrechen zur Königsetappe.
Früh geht es los bei frischen 9 Grad Richtung Medeljoch und weiter auf einem wunderschönen, abwechslungsreichen Höhenweg in einer Höhe zwischen 2500m und 2800m zur Stüdlhütte. Es wechseln sich Grashänge mit Schotterfeldern und drahtseilgesicherten Passagen ab. Unter uns sehen wir die Lucknerhütte und vor uns den Großglockner mit der Franz-Josef-Hütte bei strahlend blauem Himmel.
Wir sind hier oben frühmorgens nahezu alleine unterwegs. Nach zweieinhalb Stunden erreichen wir die Stüdlhütte, machen eine Trinkpause und brechen bald auf, um durch das herrliche Teischnitztal Richtung Kalser Tauernhaus weiterzugehen. Die erste Stunde bleiben wir auf einem Bergweg oberhalb des Tales mit atemberaubendem Tiefblick. Später stellen wir fest, dass wir größere Pausen hätten einlegen sollen. Wir hatten wegen einer Gehzeit von mehr als sieben Stunden geglaubt, uns diese nicht leisten zu können.
Im unteren Teil des Teischnitztales geht man weitere eineinhalb Stunden bei zwar herrlicher Aussicht einen eher uninteressanten Waldweg abwärts. Wir beschließen, über die Moaralm weiterzugehen, um dort schon mit einigem Frust festzustellen, dass diese offensichtlich dauerhaft geschlossen ist. Ein Hinweis im Tal wäre nicht schlecht gewesen. So müssen wir eine weitere dreiviertel Stunde bis zur Bergeralm weitergehen. Hier werden wir allerdings durch köstliches Essen und erfrischende Kaltgetränke entschädigt. Von der Berger Alm bleibt eine dreiviertel Stunde bis zu unserem Etappenziel, dem Kalser Tauernhaus, das der Sektion Mönchengladbach gehört. Da zieht selbst der FC-Fan einmal gerne den Hut vor Gladbachern – es muss ja auch nicht gleich die Borussia sein. Dieses Haus ist vom Feinsten. Die Zimmer sind schön, bis ins letzte Detail liebevoll ausgestattet, alles ist sauber. Ich wüsste nicht, was man verbessern sollte. Sowohl das Abendessen als auch das Frühstück kann man mit Sicherheit so auch in einem Mittelklassehotel anbieten – einfach super.
Früh geht es wieder los, da der Wetterbericht sagt, dass das Wetter im Laufe des Tages umschlagen soll. Zunächst gelangen wir zum Dorfer See, den wir am zweiten Tag unserer Tour schon einmal von oben gesehen haben. Anschließend folgt der zunächst gemächliche, dann steile Aufstieg zu den Kalser Tauern. Oben angekommen gibt es einen Monschauer Els auf die gelungene Wanderung und wir steigen zur Rudolfshütte ab, wo wir zu Mittag essen.
Anschließend geht es noch zwei Stunden weiter zum Gasthof Paletti in den Enzingerböden. Es stört kaum, dass jetzt doch Regen einsetzt. Wir haben den Gasthof ausgesucht, um duschen zu können, die Kleidung zu wechseln und einen Abschluss der Tour zu finden. Aufgrund einiger gravierender Mängel würden wir diesen Gasthof nicht mehr buchen.
Nach den oben beschriebenen Erfahrungen verzichten wir aufs Frühstück und treten gegen sechs Uhr die Heimreise an, die unproblematisch ist, so dass wir im frühen Nachmittag wieder zu Hause sind. Trotz des „wunderbaren“ Gasthofes Paletti bezeichne ich die Tour als eine der schönsten der nun fast 25 Jahre, die wir unterwegs sind. Eine Woche, die getragen war von Harmonie, Hilfsbereitschaft, guter Laune und wohlgemeinten Frotzeleien.