Donnerstag 19.08.10
Rosi und Josef haben sich bereit erklärt nach Oberstdorf zu fahren. Wir treffen uns kurz vor drei Uhr nachts und fahren um Punkt drei Uhr ab. Da wir wissen, dass Rosi gerne zügig fährt, bitten wir Sie, es nicht zu übertreiben. Sie hält sich gemäß ihrer Möglichkeiten an diese Vorgabe und so stellen wir nach genau 5 1/2 Stunden und einem kleinen Zwischenstopp auf einem Rastplatz unsere Autos auf dem Parkplatz Fastenoy gegenüber der Fellhornbahn ab. Gut, dass Josef sich gerade ein neues stärkeres Auto gekauft hatte, wir hätten ihn ansonsten verloren. Wir nehmen unsere Rucksäcke, fahren mit dem Bus in den Ort und frühstücken sehr lecker in einem Imbiss am Bahnhof. Anschließend geht es mit dem Bus zur Nebelhornbahn und für stolze 18,-€ zur Station Höfatsblick. Hier beginnt unsere Wanderung, leider macht das Nebelhorn seinem Namen alle Ehre und so sehen wir die nächsten drei Stunden so gut wie nichts. Wir stellen immer wieder fest, dass es bestimmt auf unserem Weg - dem Laufbacher-Eck-Weg - sehr schön sein muss. Andererseits wollen wir nicht zu sehr klagen, denn der tagelange Regen der letzten Tage hat genau zu dem Zeitpunkt aufgehört, als wir in Oberstdorf ankamen. So ist es zwar sehr matschig und wir sehen bald aus wie eine Horde Ferkel, die sich im Schlamm gesuhlt hat, aber wir bleiben von oben trocken. Winfried rutscht aus und verletzt sich am Knie, so dass er während der gesamten Tour leichte Probleme hat. Als wir vom Laufbacher Eck Richtung Prinz-Luitpold-Haus gehen, reißt es auf und wir sehen erstmals die Berge. Wir ahnen, wie schön es werden wird und erreichen nach knapp fünf Stunden unsere Unterkunft, waschen unsere verschlammten Hosen aus und beziehen das Quartier für zwei Nächte.
Freitag 20.08.10
Gleich nach dem Frühstück machen wir uns zur Besteigung des Hochvogels auf. Der Weg wird inklusiv Rückweg mit 5 ½ bis 6 Stunden Gehzeit angegeben. Der Wirt berichtet uns, dass wir aufgrund der nur spärlichen Schneereste keine Probleme haben werden. Wir steigen über die Balkenscharte und den "Kalten Winkel" auf. Das Wetter ist gut und wir genießen die herrliche Aussicht am Gipfel.
Das Band im Aufstieg zum Hochvogel sieht fast wie das in der Wolfskin-Werbung aus, ist aber völlig harmlos zu gehen. (das, was man in der Werbung sieht, mit Sicherheit auch) Zurück nehmen wir den Weg über den Kreuzkopf. Hier gibt es jede Menge Seilsicherungen man kann das auch als leichten Klettersteig bezeichnen, allerdings ist es nicht sehr ausgesetzt und man kann auf Gurte und Sicherungen verzichten. Dies muss allerdings, wie der Hüttenwirt schon vorher sagte, jeder für sich selbst entscheiden. Wir sind trotz ausgiebiger Pausen am Gipfel und unterwegs bereits gegen 14.00h zurück an der Hütte. Da noch viel Zeit ist, beschließen Josef, Klaus P. und Michael noch den Wiedemerkopf als Hausberg der Hütte zu machen. Sie berichten von einer weiteren sehr interessanten Tour, während Klaus M., Winfried und Max den Nachmittag mit Skatspiel verbringen. Rosi schont sich für den nächsten Tag, denn da stehen 9 Stunden Gehzeit mit ca. 1400 Höhenmetern auf dem Programm.
Gleich nach dem Frühstück geht es los. Wir wollen vom Prinz-Luitpold-Haus zur Kemptner Hütte gehen. Das Wetter kann nicht schöner sein und wir steigen die erste Stunde den Weg ab, den wir Donnerstag aufgestiegen sind. Wir queren mehrere Rudel von Gämsen, die offensichtlich kaum Scheu vor den Wanderern haben. Nach ca. 2 Stunden ist der Himmelecksattel erreicht und Zeit für eine erste kurze Pause. Wir sind fast alleine unterwegs, ein einsamer Wanderer, der nach Hinterhornbach will gesellt sich zu uns. Das, was wir an Höhenmetern geschafft haben, geht es jetzt wieder abwärts, anschließend geht es leicht ansteigend zu den Eisseen. Hier hat ein Bauer wohl bei dem nassen Wetter der vergangenen Woche mindestens 50 Stück Vieh über den Weg getrieben, so dass dieser stellenweise kaum noch begehbar ist. Wir achten darauf, dass das Gemisch aus Matsch und Kuhfladen nicht von oben in die Schuhe fließt. Die jungen Kerle, die uns später in umgekehrter Richtung begegnen und auf Turnschuhen unterwegs sind, werden hier ihre Probleme haben. Hinter den Eisseen beginnt der Aufstieg zum Rauheck. Wir sind wohl in der Mitte der Strecke, denn hier ist wieder viel Betrieb und wir begegnen den Leuten, die morgens auf der Kemptner Hütte in umgekehrter Richtung aufgebrochen sind. Auf dem Rauheck wird eine ausgiebige Pause gemacht, anschließend geht es über das Kreuzeck weiter.
Winfried glaubt die ersten Steinböcke gesichtet zu haben, doch tragen diese Tiere - wie wir bald feststellen - Glöckchen und geben über ihre Milch köstlichen Ziegenkäse her. Doch eine gute halbe Stunde später ist es so weit. Aus einer aus dem Tal aufsteigenden Nebelwolke taucht plötzlich ca. 20 Meter vor uns eine ganze Herde prächtiger Steinböcke auf. Wir sind alle so verdutzt, dass Niemand ein Foto gemacht hat. Ich glaube, die Tiere haben fest mit einem Fototermin gerechnet, denn auch hier war kaum eine Scheu zu erkennen. Nach dieser Begegnung geht es über den Fürschießersattel weiter Richtung Kemptner Hütte. Da wir von der Kempner Hütte keine Reservierungsbestätigung haben und wir wissen, dass die Hütte bei diesem herrlichen Wetter am Wochenende übervoll sein wird, beauftragen wir unsere Schnellläufer Klaus P. und Josef vorzugehen, und sich um die Unterkunft zu kümmern. Der Rest der Truppe füllt die Getränkeflaschen am nächsten Rinnsal. Dazu hat es vorher stundenlang keine Gelegenheit gegeben, da wir die ganze Zeit am Grat entlang gegangen sind. Als wir die Hütte erreichen haben Josef und Klaus schon die Bestätigung für unser Lager und auf dem Tisch steht ein Radler bereit. Es zeigt sich bald, dass die Hütte mehr als voll ist, es werden abends in der Gaststube jede Menge Notlager aufgeschlagen. Man kann davon ausgehen, dass in dieser Nacht dort oben 400 Leute übernachtet haben. Ein großes Kompliment an die Hüttenwirte und deren Team. Alle sind trotz des Andrangs freundlich, kompetent und schnell. Das Essen ist gut und reichlich, es passt alles zusammen.
Sonntag 22.08.10
Die Königsetappe - Heilbronner Weg
Wir werden morgens durch lautes Klappern geweckt, da die Leute im Notlager aus der Gaststube raus müssen und die Bänke und Tische zum Frühstück wieder rein. Zeitig gehen wir zum Mädelejoch und von hier zum Heilbronner Weg. Hier sind wir wieder fast alleine unterwegs, da wir unsere gesamte Tour gegen den großen Strom machen. Es ist keine Wolke am Himmel, die Landschaft grandios und der Weg zunächst einfach.
Dies ändert sich ab der Bockkarscharte. Wir wundern uns zunächst noch, dass so viele Bergwanderer den Gipfel vor uns (Bockkarkopf) besteigen, bis wir dann feststellen, dass der Gipfel ein Teil des Weges ist. Es gibt jetzt immer wieder- teilweise fortlaufend - Seilsicherungen und es ist konzentriertes Gehen angesagt. Es gibt von den Bergwanderern, die von der Rappenseehütte kommen,eine Reihe wohlgemeinter Ratschläge bezüglich der Probleme, die auf uns zukommen werden. Vor allem einige jüngere Leute, die selbst offensichtlich die Grenze ihres Leistungsvermögens erreicht haben, warnen die "Alten", die ihnen da begegnen. Es ist lieb von den Leuten, doch ihre Sorge ist unbegründet. Dieser Weg ist für uns Berggenuss pur. Wir haben eine grandiose Fernsicht, die Temperaturen könnten nicht angenehmer sein, der Weg ist wunderschön. Es ist einer der Tage in den Bergen, die man niemals vergessen wird.
Wir überlegen noch, ob wir gegen Ende der Tour das Hohe Licht besteigen sollen, doch sind die Getränkeflaschen leer und wir hätten mindestens eine Stunde zusätzliche Gehzeit. Also soll es genug sein und wir steigen zur Rappenseehütte ab, die wir gegen 14.00h erreichen. Wir genießen die Sonne auf der Terrasse und schaffen es tatsächlich einmal den Nachmittag mit faulenzen zu verbringen. Auch die Rappenseehütte ist eine sehr große Hütte, Wirt und Personal sind genauso freundlich und das Essen ist genauso gut wie auf der Kemptner Hütte.
Montag 23.08.10
Es ist eine Wetteränderung angekündigt. Nachmittags können bereits erste Schauer und Gewitter auftreten. Wir wählen dennoch den weiteren von mehreren möglichen Wegen zur Mindelheimer Hütte, wo wir wieder zweimal übernachten möchten. Gleich nach dem Frühstück gehen wir über den Mutzentobel zum Schrofenpass, wo eine erste Pause eingelegt wird. Unterwegs sehen wir wieder einige Gämsen, die unseren Weg queren. Wir gehen weiter über den Gehrener Berg zum Haldenwanger Eck, dem südlichsten Punkt Deutschlands. Der Punkt ist durch eine eher unansehnliche, kleine Säule markiert.
Anschließend geht es über die unbewirtschaftete Koblachhütte Richtung Mindelheimer Hütte. Als wir kurz vor dem Geißhorn sind, zieht es zu und später fallen ein paar Tropfen. Wir gelangen dennoch trocken zur Mindelheimer Hütte, wo Rosi sich der Zuneigung eines Esels erwehren muss. Er scheint sich auf den ersten Blick in sie vernarrt zu haben und folgt ihr auf Schritt und Tritt. Rosi ist froh als ein Elektrozaun ihm den Weg abschneidet. Als wir die Hütte erreicht haben setzt ein Regenschauer ein und wir verziehen uns gleich nach drinnen. Im späten Nachmittag lockert es jedoch noch einmal auf und wir können noch ein paar Stunden draußen sitzen. Leider verspricht der Wetterbericht für den nächsten Tag nichts Gutes und diese Nachricht wird noch einmal durch den Bericht der Wetterwarte Oberstdorf untermauert, den uns ein freundlicher Wanderer mit seinem internetfähigen Handy abruft. Im sehr engen Lager der Mindelheimer Hütte teilen wir uns einen Raum mit vier Wanderern einer anderen Gruppe. In dem kleinen Raum wird das Schnarchen zum Problem. Eine Frau fordert uns entnervt mit den Worten "Jungs, unternehmt was" auf, die Situation zu entschärfen. Aber was sollen wir tun, wir kennen das Problem seit Jahren. Sie fordert uns schließlich auf: "Bringt ihn raus" Zum guten Schluss ergreift sie selbst die Initiative und will unserem Schnarcher an den Beinen ziehen, erwischt in der Dunkelheit aber den Falschen, was zur allgemeinen Heiterkeit führt. Wenn unser "Motorsägenbetreiber" einmal kurz aussetzt, nerven die Glocken der Rinder, die vor dem Fenster weiden, mindestens genauso sehr. Wahrscheinlich hat das Prasseln des einsetzenden Regens uns dann doch so beruhigt, dass wir eingeschlafen sind.
Dienstag 24.08.10
Wir wollen den Mindelheimer Klettersteig machen und über den Krumbacher Höhenweg zurück zu Mindelheimer Hütte gehen. Wir waren uns jedoch am Vortag bereits einig, dass wir nicht um jeden Preis bei jeder Witterung einsteigen, sondern notfalls absteigen und unsere Tour beenden wollen. Ich frage nach dem Frühstück den Hüttenwirt, der die Auskunft gibt, dass er in den Klettersteig einsteigen würde. Da kurz darauf ein weiterer Regenschauer einsetzt, beschließen wir jedoch die Regenjacken überzuziehen und abzusteigen. Die Jacken können wir übrigens nach 10 Minuten Wegstrecke wieder ablegen und der Abstieg nach Birgsau wird zu einem weiteren interessanten Wandertag. Wir benötigen, da wir den landschaftlich interessanteren, wenn auch etwas längeren Weg wählen gut 3 ½ Stunden. Von der Birgsau fahren wir 10 Minuten mit dem Bus zum Parkplatz Fastenoy. Da wir Kleidung zum Wechseln im Auto haben waschen wir uns im Bach und gehen zu einem nahe gelegenen Imbiss, um zu Mittag zu essen. Als wir gegen zwei Uhr die Heimreise antreten setzt starker Regen ein, vorher war es trocken. Das heißt, dass wir auch noch den Klettersteig hätten machen können. Der Hüttenwirt hatte das Wetter besser eingeschätzt als die Wetterwarte Oberstdorf. Wir blicken dennoch auf eine sehr gelungene, interessante Tour zurück. Zu Hause finde ich im Internet noch ein passendes T-Shirt zur Tour mit dem oben abgebildeten Motiv, welches sich die gesamte Truppe sofort zulegt.