In einem Bergführerhandbuch des Jahres 1930 steht: "Technik des Bergsteigens ist die Fähigkeit, die verschiedenen Schwierigkeiten, die sich uns beim Bergsteigen des Hochgebirges entgegenstellen, zu überwinden und die damit verbundenen mannigfachen Gefahren nach Möglichkeit zu vermeiden."
Was bedeutet für uns heute die Technik des Bergsteigens?
Ist es Freeclimbing, Canyoning, Iceclimbing, Snowboarding oder vielleicht Mountainbiking?
Was versteht man heute unter Bergsteigen?
Ist es die Übernachtung im Berghotel auf 3500m mit anschließendem zweistündigem Gipfelanstieg? Ist es die Fahrt mit der Seilbahn auf 3000m und anschließender Abfahrt auf Pistenski oder Snowboard ins Tal?
Jeder von uns hat sicherlich eine andere Vorstellung vom Bergsteigen. Bei der ganzen Fülle von Technik wie Handy, VS- Gerät, ABS–Rucksack, GPS- Gerät, Avalung–Weste etc. geht uns sicherlich ein ganzes Stück Abenteuer beim Bergsteigen verloren, was nicht heißen soll, daß jemand ohne VS– Gerät auf Skitour geht. Wir haben heutzutage Bekleidung, die sowohl modisch als auch funktionell ausgereift ist.
Bei meinen Führungstouren und Ausbildungs-kursen habe ich immer wieder erlebt, wie sich verschiedene Menschen im Gebirge verhalten und was sie sich unter Bergsteigen vorstellen.
Doch eines habe ich auch festgestellt: wenn eine Bergtour so geplant und angelegt ist,vielleicht in einer Jahreszeit, wo nicht viele Menschen im Ge-birge unterwegs sind, oder vielleicht beginnend mit einer Übernachtung auf einer Biwakschachtel, dann hatte das für die meisten schon mehr Reiz als die Besteigung eines Modegipfels mit Seilbahnunterstützung.
Was will ich Ihnen, liebe Leser, sagen?
Vielleicht planen Sie ihre Bergtouren ja einmal anders, dass Sie beispielsweise nicht auf einer komfor-tablen Hütte oder im Berghotel übernachten, sondern auf einer Biwak-schachtel oder im Zelt. Meiden Sie Modetouren, suchen Sie sich Touren aus, die vielleicht weniger bekannt sind. Verzichten Sie aber nicht auf die notwendige Sicherheitsausrüstung.
Dann werden Sie feststellen, was Bergsteigen für eine Bedeutung haben kann. Denn eigentlich entfernen wir uns in unserer Zivilisation immer weiter von der Natur, das Gespür für die Natur geht uns immer mehr verloren. Deshalb sollten wir uns eines der letzten Naturerlebnisse bewahren und die Zerstörung unserer geliebten Bergwelt nicht durch den Bau von noch mehr Seilbahnen und den weiteren Ausbau der Hütten zu Berghotels fördern.
Vielleicht unternehmen Sie, liebe Leser, einmal eine solche Bergtour im ursprünglichen Sinne, sei es im Fels, im Eis oder auf Skitour.