Jo
Nach unserer letztjährigen tollen Pfalz-Tour, hatten Tom, Alice, Ruth, Jasmin und ich uns dieses Jahr das Klettereldorado Frankenjura ausgesucht. Trotz einem Gebiet mit 1000 Felsen war die Auswahl nicht einfach: Die südliche fränkische Schweiz ist ein überwiegend schweres Klettergebiet. Daher wollten wir im nördlichen leichteren Teil mehrere Felsen ausprobieren. Tom, der schon mehrfach dort war, wählte als Basislager den Ort Gößweinstein aus und, in der Hoffnung auf wenig Klettervolk, suchten wir uns für den Kurzurlaub den Oktober aus.
Nach früher Abfahrt und einer Fahrzeit von 5h, waren Ruth, Jasmin und ich Samstagmittag am 1. Fels: Der Jubiläumswand. Nach steilem Zustieg empfing uns ein im Baumschatten liegender, löchriger 35m hoher Kalkstein, der im leichteren Teil schon beklettert wurde. Die lange, teils abgespeckte aber dennoch mit vielen Bohrhaken versehene Route „Nico“, war für unser Warmup ideal. Ruth begann als erste und erklomm souverän die über 30m lange Route. Es ist aufregend und spannend, einer unbekannten Linie folgend irgendwann am Umlenker anzukommen. Manche Sauschwänze waren schon ziemlich eingeschliffen oder es gab am Top nur einen Bühlerhaken ohne Umlenker. Für diese Fälle hatten wir uns Maillon Rapide eingepackt, die wir dann vor Ort ließen. Am Nachmittag begrüßten wir auch Tom und Alice, für die das Frankenjura die Fortsetzung ihres Urlaubs war. Alice meisterte unter großer Anfeuerung den etwas trickreichen Einstieg des 30m langen „Achim“. Am Abend wurden nach einem leckeren Essen die Erlebnisse des Tages verarbeitet und die Planung des nächsten Tages besprochen.
Am 2. Tag wählten wir die Eibenwände aus: Laut Kletterführer eine der besten Klettereien für Anfänger und Genusskletterer und von unserem Hotel aus fußläufig zu erreichen. Erwartungsvoll wie vor einem Blind Date gingen wir durch den Wald und wurden nicht enttäuscht: Eine breite langgezogene 20m hohe Wand mit wunderbaren senkrechten Kletterlinien ließen unsere Kletterherzen höher schlagen. Gespickt mit selbst abzusichernden Stellen per Friend, Keil oder Schlinge bescherte uns die löchrige Kalksteinwand einen wunderbaren Klettertag - zumal wir auch völlig alleine waren. Tom bewiß im Odin (7) seine hohe Vorstiegsmoral. Ruth war stolz wie Oskar, als sie den Odin (7) bezwang. „Der Weg durch den Pelz“ (6+) wurde im Kletterführer als „trickreich“ beschrieben - was die Untertreibung des Jahrhunderts war. Tom benötigte im Vorstieg mehrere Anläufe und ich war froh, diese Route überhaupt im Toprope geschafft zu haben. Aber es gab an dieser schönen Wand noch weitere tolle Routen - so auch die „Nebelkante“, die Jasmin und Alice sichtlich genossen. Was für mich diesen Tag auch so besonders gemacht hat, war die Dampflock im Tal: Ich konnte die Dampflock zwar nicht sehen - aber ich hörte ein komplettes Ensemble aus Pfeifen, Zischen, Schnauben, Quietschen und Geläut: Im Geiste sah ich an Gleis 9 3/4 den Hogwarts Express einfahren.
Zwar lockte am 3. Tag die Intensivstation - aber wir wählten den Lindenstein, da dieser eine hohe Anzahl an Genussrouten versprach. Die etwas kleinere 15m hohe Wand im lichten Wald war sehr abwechslungsreich und tagesausfüllend. Es gab viele schöne griffige Linien, eingebettet in einem Teppich aus Löschern und Leisten - die Beschreibung „Genussrouten“ konnten alle bestätigen. Tom begeisterte uns mit einem Onsight im Oskar Bühler Ged.-Weg (7), den ich Toprope genießen durfte. Auch hier waren wir den ganzen Tag alleine und konnten so eins werden mit dem Fels und der schönen Umgebung.
Der 4. und letzte Tag begann leider mit Regen und so vergnügten wir uns bis Mittag mit Gesellschaftsspielen. Dann wanderten Jasmin, Ruth und ich nach Pottenstein zur Teufelshöhle, wo wir uns mit Tom und Alice trafen. Sehr lange war ich nicht mehr in einer Höhle mit so vielen schönen Tropfsteingebilden, die durch gut platzierte Scheinwerfer toll in Szene gesetzt wurden. Auf der Rückfahrt zum Hotel fuhren wir an der Intensivstation vorbei. Spontan hielten wir an - als Kletterer wollte ich sie zumindest einmal live gesehen haben. Ich war etwas enttäuscht: Es gibt keine „richtige“ Wand, sondern mehrere kleinere bis mittlere Felsen, die sich verstreut im Wald auf engem Raum gruppierten. Vielleicht lag es auch am Regen, dem nassen Felsen und dem rutschigen Zustieg - aber die anderen Felsen gefielen mir viel besser. Die 4 schönen Tage mit einer tollen Truppe waren ein intensives Erlebnis, welches ich noch lange in Erinnerung haben werde.
Ruth
Wir waren mit meinem Sharan unterwegs, so dass alles im Kofferraum Platz hatte. Kaum zu glauben, was bei fünf Leuten an Kletterkram so zusammen kommt. Damit wir tagsüber keinen Durst und Hunger leiden mussten, hatten wir Gaskocher im Gepäck und konnten uns so mit frischem Kaffee und Tee erwärmen. Kulinarisch ging es deftig zu mit Käse, Wurst, Brötchen und Senf. Brötchen konnte ich persönlich nach der Tour nicht mehr sehen. ;-) Es war auch immer jemand für die Verpflegung zu finden. Ausruhen konnte man sich darüber hinaus in Jasmins Hängematte.
Kurz um - wir hatten die ganze Felswand in Beschlag und es sah aus wie bei den „Hempels“: Überall lag Kram rum und diverse GERÄTE sowie weiteres MATERIAL hingen an den Bäumen. Für mich war der Kalkstein gut zu klettern und ich würde dieses Ziel gerne noch einmal ansteuern. Eine klasse Tour mit tollen Leuten!