So 02.08.15
Wir treffen uns um 3.00 Uhr und fahren mit sieben Personen in neun Stunden nach Magdfeld, einen Berggasthof im Passeiertal. Hier soll unsere Tour nach einer Woche enden. Wir lassen uns nach dem Mittagsessen mit einem Großraumtaxi nach Stuls, dem Startpunkt unserer Wanderung bringen. Das Wetter war in den vergangenen beiden Tagen nicht gut in Südtirol, doch die Restwolken beginnen – wie im Wetterbericht vorhergesagt – sich aufzulösen. Beim Aufstieg zur Hochalm, unserer ersten Unterkunft, ist es bereits heiß und so soll es die ganze Woche bleiben. Oben auf der Alm ist es in der Sonne sehr gut auszuhalten, die Verpflegung ist einfach, aber in Ordnung, lediglich das Radler einer kleinen Südtiroler Brauerei ist derartig süß, dass es sehr gewöhnungsbedürftig ist.
Mo 03.08.15
Wir frühstücken bereits um 7.00 Uhr, da wir zeitig aufbrechen wollen. Es ist wolkenlos und mit der Sonne kommt die Wärme. Wir besteigen den Stulser Hochwart und sind schon um 9.00 Uhr am Gipfel.
Bei einer ersten Rast genießen wir die herrliche Aussicht in die umliegenden Täler, in denen gerade erst die Sonne aufgeht. Anschließend wandern wir auf einem sehr einsamen schmalen Pfad zum Schutzhaus Schneeberg. Es gibt Natur pur und erst kurz vorm Schneeberg be-gegnen uns die ersten Menschenseelen. Lei-der vertritt sich Klaus M. den Fuß, er beißt auf die Zähne. Aber als er an der Hütte bei der Mittagsrast Schuh und Socke auszieht, ist der Fuß dick geschwollen. Die Frage, ob es sich um eine schwere Bänderdehnung oder sogar um einen Bänderriss handelt, ist hier oben nicht zu beantworten. Wir beschließen, ihm seinen Rucksack abzunehmen, damit er mit seinem lädierten Knöchel irgendwie ins Tal kommt. Gott sei Dank hat er von uns allen am wenigsten eingepackt. Wir erreichen nach ca. eineinhalb Stunden die Obere Ghostalm, wo die nächste Pause ansteht. Wir erkundigen uns nach einem Taxi für Klaus und werden an einen Einheimischen (Luis) verwiesen, den wir bitten, Klaus im PKW ins Tal mitzunehmen. Von dort aus kann er mit dem Bus zu unserem nächsten Ziel, dem Gasthof Hochfirst fahren. Die Gruppe wandert weiter zur Timmelsbrücke. Von hier wäre das Gasthaus in 15 Minuten über die Straße zu erreichen, doch gefällt uns das überhaupt nicht. Deswegen gehen wir durchs Timmelstal Richtung Timmelsjoch, um später im Hang querend nach insgesamt zehneinhalb Stunden am Hochfirst einzutreffen. Der Tag war anstrengend, aber es bleiben wunderbare Eindrücke von nahezu unverbrauchter Natur. Das Essen ist gut, das Lager in Ordnung und wir schlafen wunderbar ruhig (Die Straße ist von 20.00 Uhr bis morgens um 7.00 Uhr für jeglichen Verkehr gesperrt).
Di 04.08.15
Für Klaus ist heute an wandern nicht zu denken. Er beschließt mit dem Bus nach Moos zu fahren, einen Arzt aufzusuchen, und dann nach Zeppichl bei Pfelders zu unserem nächsten Etappenziel zu kommen.
Wir wollen übers Rauhjoch dorthin gelangen. Klaus freundlicher Taxifahrer hatte gesagt, als er von diesem Vorhaben hörte, dass dies eher etwas für junge Leute sei. Wir haben uns aber nicht abschrecken lassen und sind gleich nach dem Frühstück durchs Seebertal losgezogen. Die ersten zwei Stunden ist es noch teilweise schattig. Doch dann müssen wir zusehen, dass wir unsere Wasservorräte immer wieder auffüllen, da wir wieder sehr der Sonne ausgesetzt sind. Auch hier ist es einsam, außer einem einheimischen Paar, das an uns vorbeistürmt, begegnet uns wieder kein Mensch. Die Querung von Rauhjoch ins Pfelderer Tal ist anspruchsvoll, an entscheidenden Stellen aber durch Seile gesichert. Wir beschließen schließlich, die Rucksäcke abzulegen und noch zum Rauhjochgipfel (2920m) aufzusteigen. Wieder haben wir eine wunderbare Aussicht, die allerdings durch einige Nebelschwaden getrübt wird. Wir gehen zu den Rucksäcken zurück und wandern weiter Richtung Schneidalm und Zeppichl. Wir queren verschiedene Gebirgsbäche, die offensichtlich in den letzten Tagen stark angeschwollen waren, da an mehreren Stellen der Weg ein wenig weggespült ist, und erreichen schließlich ein Notbiwak, unter dem sich eine Schafherde vor der Sonne versteckt hat.
Die Schafe sind sehr zutraulich und bestürmen uns regelrecht. Im weiteren Verlauf der Tour gibt es zwei Möglichkeiten, weiter zu gehen. Ich setze mich sehr für die tiefer gelegene Strecke ein, weil ich mir landschaftlich mehr davon verspreche. Dies bereue ich später, da wir sogar längere Zeit den Weg suchen müssen. Diese Variante scheint außerdem weiter zu sein als der andere Weg. Später klärt uns ein Ranger des Naturparks Texelgruppe allerdings dahingehend auf, dass der obere Weg zwar kürzer, im Abstieg aber richtig unangenehm gewesen wäre. Nach einer Erfrischung auf der herrlich oberhalb von Pfelders gelegenen Schneidalm müssen wir noch ca. eine Stunde bis zu unserem nächsten Gasthof nach Zeppichl absteigen. Mit den ersten und einzigen Regentropfen unserer Tour erreichen wir unser Tagesziel. Klaus erwartet uns schon und wir fragen natürlich, wie es ihm ergangen ist. Er berichtet, dass er beim Arzt gewesen ist, dass er aber für eine genaue Diagnose nach Meran ins Krankenhaus hätte fahren müssen. Auf die Frage, was er in Bezug auf unsere Tour tun solle, bekam er vom Arzt die Antwort, dass er das nicht wirklich hören wolle. Wir werden in Zimmern untergebracht, die an Komfort alles bisher da gewesene übersteigen, die Verpflegung ist hervorragend.
Mi 05.08.15
Es gibt drei Möglichkeiten das nächste Etappenziel, die Oberkaseralm zu erreichen. Klaus Fuß hat sich erstaunlich erholt, ist zwar noch stark gefärbt, aber er denkt den kürzeren Weg gehen zu können. Zunächst wandern wir gemeinsam vorbei an der Lazinser Alm zu einer Brücke über den Lazinser Bach, wo sich der Weg teilt. Hier erklärt sich Klaus P. bereit, mit Klaus M. die kürzere Variante zum Oberkaser zu gehen. Der Rest der Gruppe steigt zunächst zur unbewirtschafteten Andelsalm auf, um dann Richtung Hasljoch aufzusteigen. Wir wandern über eine Hochfläche und auch heute sind zunächst nur einige Weidetiere unsere Begleiter. Eine dreiviertel Stunde vor dem Joch geht der Weg allerdings in eine Steinwüste über und es beginnt ein Springen über und durchs Blockwerk. Entschädigt werden wir dadurch, dass wir einige Steinböcke entdecken, die wir eine längere Zeit beobachten. Da diese kaum Scheu vor den Menschen zeigen, kommen wir sehr nahe an die Tiere heran.
Anscheinend sind sie sich ihrer Sache sicher, dass wir ihnen in dem Blockwerk nichts anhaben können. Schließlich am Hasljoch angekommen hat kaum jemand mehr Lust, zum Tschigatgipfel zu gehen. Eine Fehlentscheidung, wie sich später herausstellt. Wir gehen also direkt Richtung Milchseescharte weiter. Was kommt? Knapp eine Stunde Blockwerk.
Nach einer Pause an der Scharte wird es allerdings wieder sehr schön. Wir gelangen nach einer längeren Passage längs einiger Ketten zum Milchsee und über eine weitere Geländestufe zum Langsee, schließlich gemütlich zum Grünsee und abschließend runter zur Oberkaseralm. Hier erwarten uns schon Klaus und Klaus und wir hören, dass Klaus M. die Strecke mit seinem verletzten Fuß gut geschafft hat.
Wir erfahren, dass wir noch zwischen Lager und Zimmer entscheiden können und nehmen das Zimmer. Wir erleben das absolute Gegenteil unserer letzten Unterkunft aber das, was ich jetzt schreibe, soll keine Beschwerde sein. Es ist wenig Platz auf der Alm und so werden eben sechs Leute in dreistöckigen Betten auf 9 m² Fläche untergebracht. Es gibt nur eine Toilette und ein Waschbecken für ganz viele Wanderer und doch klappt alles bestens. Wir schlafen gut, das Essen ist prima und wir plaudern abends mit dem Hüttenwirt über die Steinböcke, die wir gesehen haben. Er und sein Personal wollen die Bilder am nächsten Morgen unbedingt sehen und ich sollte sie per Internet zur Alm schicken, was ich natürlich gerne getan habe. Daraus ist zu schließen, dass es auch für die Hüttenleute nicht selbstverständlich ist, die Tiere aufzuspüren, und so nahe zum Fotoshooting heran zu kommen.
Do 06.08.15
Es steht uns der heißeste Tag bevor und wir müssen ausgerechnet heute relativ weit auf unserem Weg in die Hitze absteigen. Wir brechen zeitig nach dem Frühstück auf und müssen bald eine große Rinderherde queren, die dichtgedrängt auf dem Weg steht. Die Wanderer vor uns haben einen großen Bogen gemacht, wir Eifelbauern sind aber auf dem Weg geblieben und haben die Tiere zur Seite gebeten. Weiter geht die Wanderung zur Taufererscharte um von der wenig begangenen Ostseite zur Mutspitze aufzusteigen.
Die Mutspitze ist der Aussichtsberg Merans überhaupt und später werden Scharen von Leuten auf einem eingezäunten Weg von der anderen Seite herauf kommen. Wir sind zunächst bei herrlichem Wetter alleine am Gipfel. Als nach und nach die ersten Bergsteiger von der Meraner Seite kommen, beginnen wir den wirklich uninteressanten Abstieg zur Mutkopfhütte, wo wir eine erste Pause einlegen. Wir beschließen hier bis zur Bergstation der Gondelbahn bei Dorf Tirol abzusteigen, um dann auf dem Meraner Höhenweg zum Gasthaus Walde, unserem nächsten Quartier zu gehen. Unterwegs machen wir noch zwei Pausen, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Später kann ich 5,1 Liter Getränke aufzählen, die ich von mittags bis abends zu mir genommen habe. Es ist so warm, dass wir uns erst am späten Abend trauen, mit einem Bier auf Winfrieds Geburtstag anzustoßen.
Fr 07.08.15
Unser letzter Wandertag und ich habe unserer Gruppe eine Genusswanderung über die Obisellalm und die Faglsalm zu unserem Ziel, dem Gasthof Magdfeld, versprochen. Der „Genuss“ beginnt mit einem steilen Anstieg Richtung Hahnenkamm. Wir schaffen trotz der drückenden Luft und den schweren Rucksäcken genau 500 Höhenmeter in der ersten Stunde. Nach einer gewissen Zeit ist meine kurze Wanderhose so durchnässt, dass es mir in die Kniekehlen tropft. Ein kleiner Vorgeschmack auf Inkontinenz? Nach einer weiteren halben Stunde ist allerdings der unangenehme Teil des ganzen Tages geschafft und es geht jetzt wirklich gemütlich bei herrlicher Aussicht ins Saltausertal Richtung Obisellalm weiter. Diese Alm liegt abgelegen an einem kleinen See und da sie nur schwer zu erreichen ist, ist selten viel Betrieb. Wir werden freundlich von der Wirtin Franzi aufgenommen und machen, bis unsere Klamotten aufgetrocknet sind, eine längere Pause.
Anschließend ziehen wir übers Saltauser Joch weiter zur Faglsalm, wo wir in Ruhe zu Mittag essen. Als wir nach Magdfeld absteigen, fängt ein Teil der Truppe an, Wanderlieder zu singen. Dies kommt bei allen sehr gut an. Da aber nur zwei Leute textsicher sind, beschließen wir, im nächsten Jahr Liederbücher mitzunehmen. Wir erreichen den Gasthof kurz vor einem Gewitter, eine erlebnisreiche, anstrengende Woche geht ihrem Ende entgegen. Nach der Dusche haben wir ein oder zwei, drei Bier verdient, denn wir hatten Tagesetappen bis zu 1500 Höhenmeter bewältigt. Wir schicken unsere Fahrer früh zu Bett, denn am anderen Morgen wollen wir gegen 6.30 Uhr zur Rückreise aufbrechen. Das Wetter hat uns dermaßen gut gefallen, dass der Vorschlag die Runde macht, im nächsten Jahr das Ultental zu erforschen.