Im Mittelpunkt der Kletterwoche im Rosengarten Gebiet stand Felsklettern mit Mehrseillängen im Schwierigkeitsbereich von 2 bis 4+ auf dem Programm.
Unsere Kletterwoche war natürlich auch überschattet von den Auswirkungen der Corona-Krise. Insgesamt hatten wir den Eindruck, dass die Südtiroler die Covid-19 Lage sehr gut im Griff hatten und die entsprechenden Beschränkungen von den meisten Hüttengästen gut angenommen wurden. Lediglich das erste Wochenende, wo die Gartl Hütte am Samstag mit ca. 50 Personen belegt war, war etwas kritisch.
Der Rosengarten ist ein Bergmassiv aus Kalkstein, das sich mit einer Länge von 8 km vom Schlernmassiv im Norden bis zum Karerpass im Süden erstreckt und Teil des Welterbes Dolomiten ist. Stützpunkte für unsere Klettertouren in der Rosengartengruppe waren für jeweils 4 Tage die Gartl Hütte und Rotwand Hütte.
An der Klettertour nahmen neben Trainer C Bergsteigen Rolf Bitz, Ute van der Höck, Tom Bröder, Karl Lippertz, Armin Zalfen und ich teil. Leider musste Armin nach dem zweiten Tag aufgrund gesundheitlicher Probleme die Tour abbrechen.
1. Tag Anreise
Die Anreise erfolgt mit Privat-Pkw bis Welschnofen, wo wir in einer kleineren gemütlichen Pension übernachteten.
2. Tag Aufstieg zur Gartl Hütte (2621 m)
Die Gartl Hütte erreicht man über die Seilbahn Catenaccio von Vigo di Fassa. Auf Fahrwegen geht es weiter bis zur Gardeccia Hütte (1h) und Vajolet Hütte (1h) und über Pfade zur Gartl Hütte (1h). Die Alternative von der Frommeralm, über Rosengarten-/Kölner-Hütte über den Santnerpass-Klettersteig war angeblich wegen zu viele Schnee noch nicht begehbar;
Nach insgesamt 3,5 h erreichten wir die Gartl Hütte. Sie liegt in einem Talkessel mit direktem Blick auf die Vajolet Türme. Bei Sonnenuntergang werden die 3 Türme in ein besonderes Licht gehüllt. Das ist auch die Zeit, wenn die Hüttengäste auf den nahe gelegenen Grat aufbrechen, um die faszinierende Stimmung mit Kamera und Smartphone einzufangen.
3. Tag: Besteigung der Rostengartenspitze über Normalweg
Als Einstiegstour hatte Rolf die Besteigung der Rostengartenspitze über den Normalweg ausgesucht, eine leichte Mehrseillängentour bis zum 3. Schwierigkeitsgrad.
Um an den Einstieg zu gelangen, mussten wir zunächst ein großes vereistes Schneefeld umgehen, da wir keine Steigeisen dabei hatten.
Wir bildeten drei 2er-Seilschaften. Die Kletterroute führte in 5 Seillängen im eher leichten 2er- und meist 3er Gelände bis zum Grat. Dem Grat folgten wir anschließend in überwiegend 2-er Gelände bis wir den Gipfel der Rosengartenspitze erreichten.
Der Abstieg erfolgte auf dem gleichen Weg. Am Grat seilten wir je nach Gegebenheiten den Seilpartner ab, was deutlich schneller war, oder wir ließen uns selbstständig ab. Die drei bis zu 60 m langen Abseilstrecken vom Grat bis Wandfuß und über das darunter liegende Schneefeld hinaus erforderten schon einen ordentlichen Kraftaufwand, u.a. auch weil die Abseilstrecke überwiegend durch Rinnen und Kamine hindurchführte.
4. Tag Besteigung der Rostengartenspitze über Alternativroute
Wegen einer Gewitterwarnung für den Nachmittag entschieden wir (Ute, Tom, Karl, Stefan) eine kleine Route zu klettern. Wir gingen diesmal die Klettertour vom Vortag über eine Alternativroute nur bis zum Grat der Rosengartenspitze. Dabei liefen die Abläufe beim Sichern schon viel reibungsloser ab als am Vortag.
5. Tag: Besteigung des Stabeler Turms (2805 m) der Vajolet Türme
Unser eigentliches Ziel war die Besteigung des Delago Turms (linker Turm der Vajolet Türme über die Delagokante gewesen, doch starker und vor allem kalter Wind hielten uns von unserem Vorhaben ab. Auch der Hüttenwirt riet uns davon ab und so beschlossen wir, den Stabeler Turm, den mittleren höchsten Turm der Vajolet Türme, auf dem Normalweg zu besteigen. Diese Route war nicht so ausgesetzt und lag mehr in der Sonne.
Ute und Tom bildeten eine 2-er Seilschaft und Karl, Rolf und ich eine 3er Seilschaft, wobei Karl den Vorstieg übernahm.
Der Normalweg umfasst insgesamt 7 Seillängen zwischen 30 und 40 Meter, die mit tlw. ausgesetzten Wandpassagen, Verschneidungen, Rissen, Felsbändern und Kaminen ziemlich alles zu bieten hat, was eine abwechslungsreiche Kletterei ausmacht. Die Kletterpassagen bewegten sich zwischen dem 3. und 4. Schwierigkeitsgrad.
Die Standplätze der Kletterroute sind in den Dolomiten durch Bohr- und Klebehaken sehr gut gesichert. Zwischen den Standplätzen und auch Abseilstandplätzen, die tlw. bis zu 60 m auseinander liegen, sind fast keine künstlichen Sicherungen vorhanden. Hier liegt es am Vorsteigenden, Zwischensicherungen zu setzen. Hierzu bieten sich Sanduhren oder um Felsnasen gelegt Bandschlingen, Klemmkeile oder Friends an, die in Felslöscher/-spalten eingesetzt werden.
Des Öfteren ließ Tom beim Vorsteigen einen Lustschrei los. Dann wussten die Nachsteigenden, dass er wieder eine schöne, aber auch schwierige Kletterpassage gemeistert hatte.
Auf dem Gipfel angekommen, bot sich uns ein überwältigender Rundumblick vom Alpenhauptkamm im Norden, der Langkofelgruppe, der Sella Gruppe, der Mamolatagruppe bis zum Latemar im Süden.
Dank Corona war das tadellose Blau des Himmels durch keine Kondensstreifen der Flugzeuge beeinträchtigt.
Unser Blick ging zum Nachbargipfel, dem Delago Turm auf der einen und dem ca. 100 Meter entfernten Winklerturm auf der anderen Bergseite. Bekannt sind die Vajolettürme auch bei den Slackline-Fans, die zwischen dem Gipfel des Stabeler- und des Winklerturm gerne ihre Spanngurte spannen und dann zwischen beiden Gipfeln in luftiger Höhe balancieren.
Der Abstieg war weniger anstrengend, da wir vom Gipfel mehr oder weniger komplett senkrecht abseilen konnten. Ein kleines Problem war zunächst die Abseilstelle zu finden, aber Tom fand beim zweiten Anlauf schnell die richtige Stelle. So seilten wir von Felsband zu Felsband nacheinander ab oder wir ließen den Seilpartner ab, um Zeit zu gewinnen.
Als wir am Bergfuß heil angekommen waren, stieg unser Hüttenwirt mit zwei Begleitern in die gleiche Route ein. Sie hatten nach 1 Stunde den Gipfel erreicht und waren nach weiteren 45 Minuten wieder auf der Hütte.
Wir hingegen hatten insgesamt 4,5 h (von der Hütte aus fast 5,5h) für den Aufstieg und 3 h für den Abstieg benötigt.
Hierbei wird der erhöhte Zeitaufwand deutlich, den man benötigt, wenn durchgehend gesichert wird, mehrere Seilschaften in eine Route einsteigen, man andere vorlässt und eine Route zum ersten Mal begangen wird.
Wir waren uns alle einig, dass dies eine unserer schönsten Klettertouren war, die wir bisher geklettert sind.
6. Tag: Wechsel zur Rotwandhütte
Nach dem Frühstück stiegen wir ab zur Seilbahnstation, fuhren mit der Gondel ins Tal und wechselten mit den PKWs zum Karer See, wo wir mit dem Sessellift zur Paolina hochfuhren. Der anschließende Fußweg zur Rotwandhütte dauerte nur 45 min.
7. Tag: Fensterlturm und Rotwandklettersteig
Wegen einer Gewitterwarnung am Nachmittag hatten wir uns eine kleinere Kletterroute von 3 Seillängen am Fensterlturm vorgenommen. Wir bildeten wieder 2 Seilschaften aus Ute und Tom, sowie Karl, Rolf und mir. Nachdem wir die drei Seillängen im 3. bis 4. Schwierigkeitsgrad schnell und sicher gemeistert hatten, erreichten wir unsere Abseilstelle. Die ca. 60 m lange Abseilstrecke verlief senkrecht an einem großen Felsenfenster vorbei, in dessen Mitte ein Kreuz befestigt war. Bei diesem „Mega-Abseiler“, wie Tom ihn treffend bezeichnete, konnte man freihängend durch das Felsenfenster einen Blick auf die verborgene Seite des Berges werfen.
Da noch keine Gewitteraktivitäten zu erkennen waren, überschritten wir noch den Gipfel der Rotwand über den gleichnamigen Klettersteig.
8. Tag: Teufelswand und Masaré-Klettersteig
Wegen unbeständigem Wetter entschieden wir uns für eine Route mit 3 Seillängen im 3. bis 4. Schwierigkeitsgrad an der Teufelswand. Anschließend begingen wir noch den Masaré Klettersteig.
Fazit:
Die von uns besuchten Hütten, Gartlhütte und Rotwandhütte waren sehr gut geführt und sind weiter zu empfehlen. Am Wochenende sind die Hütten stark frequentiert und recht voll.
Für Kletterer ist die Rosengartengruppe eine zu empfehlende Adresse, die eine Vielzahl an tollen und anspruchsvollen Kletterrouten bietet, auch im 3. und 4. Schwierigkeitsgrad.
Stefan Walber