Ob das die richtige Entscheidung war, mich zu diesem Kurs anzumelden? Diese oder ähnliche Fragen haben mich im Vorfeld, aber auch während der Woche beschäftigt.
Ich kann im Nachhinein sagen: Ja, die Entscheidung war goldrichtig.
Aber der Reihe nach…
Im Stubai angekommen stellten wir, Thomas, Markus und Sabine, unser Auto auf einem gesicherten Parkplatz ab. Wir entschieden uns den nur einstündigen Aufstieg mit komplettem Gepäck zu machen. Schon auf halber Strecke fielen mir Dinge ein, die unnötigerweise in meinem Rucksack waren. Doch leider war es jetzt für den Materiallift zu spät. So ging ich tapfer wie auch in den nächsten Tagen hinter meinen männlichen Kollegen her. Schon aus einiger Entfernung hatten wir einen schönen Blick auf die in 2147m Höhe gelegene Franz-Senn-Hütte. Was sie von außen verspricht, das hält sie von innen.
Die beiden anderen Teilnehmer unserer Gruppe, Jürgen und Erwin, saßen bei unserer Ankunft schon mit hängenden Bäuchen am Tisch und warteten hungrig auf uns. Dann gab es nach einer herzlichen Begrüßung die erste von zahlreichen leckeren Mahlzeiten. Mit unseren Betten hatten wir am ersten Abend nicht so viel Glück. Denn anstatt eines Mehrbettzimmers durften wir in Box 12 ein Matratzenlager beziehen. Glücklicherweise war diese Box gleich am Notausgang; also war uns Frischluft sicher und Schnarcher hatten wir auch keine unterm Dach. (Ab der kommenden Nacht durften wir dann unser 5-Bettzimmer beziehen.)
Nach einer doch noch geruhsamen Nacht stärkten wir uns am reichhaltigen Frühstücksbuffet und trafen uns mit Kletterausrüstung am Übungsfels vor der Hütte. Nachdem Erwin überprüft hatte, ob wir die Knoten aus dem Kurs zu Hause gut geübt hatten und im Schlaf beherrschen, ging es ans erste Abseilen.
Ich hätte zu gern gewusst, was die Ziege auf dem Fels dachte, als ich am Fels hing und meinen Standplatz errichtete. Doch das wird wohl ein Geheimnis bleiben.
Wir sind dann weiter gezogen und haben noch an verschieden hohen Wänden geübt. Zum Abschluss haben wir uns an einer ca.15m hohe Wand mit Überhang abgeseilt. Würden die Finger beim Abseilen nicht so heiß, könnte man sich gut voll Speed ablassen.
Am dritten Tag war keine Sonne zu sehen. Nebel war aufgezogen. Zum Glück war er nicht sehr dicht, so dass wir unser Tagesziel, die Rinnenspitze, in Angriff nehmen konnten. Leider musste wegen der nassen Sicherungen der Edelweisklettersteig auf später verschoben werden.
Als wir das Gipfelkreuz der Rinnenspitze - meinen ersten 3000er - erreicht hatten, gab eine Wolkenlücke einen traumhaften Blick auf den Lisenser Ferner frei. Bevor wir uns zum Rückmarsch aufmachten, hatte Thomas noch einen Vitaminstoß für uns und zog eine Melone aus seinem Rucksack.
Ich glaube Melone schmeckt nur auf 3000m Höhe soooo gut.
Beim Abstieg konnte Markus endlich seine Regenhose, die er schon mehrfach im Rucksack mitgeschleppt hatte, ausprobieren. Für irgendetwas ist selbst der schlimmste Regen nützlich!
Den Klettersteig konnten wir auch auf dem Rückweg nicht begehen. Daher waren wir pünktlich zum warmen Apfelstrudel auf der Franz-Senn-Hütte und konnten die Tageseindrücke am warmen Kachelofen sacken lassen. Abends ging es dann noch einmal zur Sache: Erwins Kartenkunde mit Kompass, Berechnung der Wegstrecke und Zeit für den nächsten Tag, und das alles bei 2 Litern Leitungswasser!
Für den vierten Tag stand der Sommerwandferner auf dem Programm. Wieder durch Nieselregen und Nebel, diesmal mit „leichtem“ Muskelkater. Doch diese widrigen Umstände konnten uns die Laune und die Neugierde auf den Gletscher nicht nehmen.
Am ewigen Eis angekommen legten wir mit unseren Übungen los: Gehen mit Steigeisen, bergauf im Seemannsgang, bergab im Kackgang. Nachdem alle einzeln gehen konnten, ging’s als Seilschaft kreuz und quer über den Gletscher. Nun mussten Sicherungs- und Bergungstechniken erlernt werden. Dazu wurde ein Pickel im Schnee vergraben, und über Haupt- und Hintersicherung ein T-Anker zur Rettung Verschütteter angelegt.
Anschließend suchten wir uns eine schöne Spalte, in die sich jeder mal reinlegen durfte und von den anderen mittels einer über Eisschrauben angelegten Sielsicherung raus gezogen wurde.
Auch das ist ein irres Gefühl. Als alle wieder sicher aus der Spalte und gut durchgefroren waren, sind wir zurück zur Hütte marschiert, um dort das Hochprusiken an der Außentreppe zu üben.
Am Abend lagen die Karten wieder auf dem Tisch. Denn der nächste Tag, an dem alles, was wir geübt hatten, nochmals zum Einsatz kam, musste geplant und berechnet werden. Doch auch die Spielkarten sollten vorm Schlafengehen nicht zu kurz kommen.
Endlich hatte das Wetter Erbarmen mit uns. Bei bester Sicht und strahlendem Sonnenschein hatten wir unser Tagesziel, den Vorderen Wilden Turm, fast vor Augen. Jetzt musste jeder mal die Führung der Gruppe übernehmen und Ausschau nach dem Weg halten. Da freut man sich über jedes Steinmännchen, welches ein Vorgänger gebaut hat. Den Vorderen Berg Ferner überquerten wir in voller Gletschermontur als Seilschaft.
Zum Überqueren der Turmscharte mit ihren 3126m Höhe wurde von Jürgen ein Standplatz errichtet und mit Seilsicherung hochgeklettert. Oben trafen wir eine Gruppe, die diese Tour in umgekehrter Richtung ging. Nach kurzer Rast ging er auf der anderen Seite wieder über einen Ferner bis zum Anstieg für den Vorderen Wilden Turm. Dieser ließ sich mit der vorhandenen Sicherung gut erklettern. Nach einer ausgiebigen Pause auf 3177m Höhe haben wir uns nach unten abgeseilt und sind über den Berglasferner zurück Richtung Franz-Senn-Hütte gestapft.
Da das Wetter weiterhin gut war, beschlossen wir am letzten Tag früh aufzustehen und doch noch den Edelweisklettersteig zu machen. So zogen wir morgens zeitig los und ließen uns sowohl von dem Klettersteig mit super Aussicht, als auch von den zahlreichen Edelweiß entlang der Strecke verzaubern.
Nun wurde es aber endgültig Zeit uns von der Hütte zu verabschieden und den Rückweg zum Parkplatz Oberrisshütte in Angriff zu nehmen. Jürgen, Thomas und Erwin mussten noch ihr Tagesziel im Hochstubai erreichen, um dort noch einige Berge und Gletscher zu erklimmen. Markus und mich zog es nach für mich anstrengenden, aber wunderschönen Tagen zurück in die Eifel. Hier nochmals herzlichen Dank an Erwin!