Anreise
Um der grossen Verkehrslawine zu entgehen, fuhren wir Donnerstags um 7:00 Uhr in Euskirchen los. Leider haben uns wegen der vielen Baustellen dann doch einige Staus ereilt. Der Weg führte uns von München über Kufstein, den Pass Thurn und die Felbertauernstrasse nach Lienz. Von dort mussten wir dann noch zur Dolomitenhütte hoch fahren. Die lange Strecke mit den Staus führte dazu, dass wir erst gegen 18:00 Uhr an der Dolomitenhütte auf 1616m oberhalb von Lienz eintrafen.
Wegen der fortgeschrittenen Uhrzeit konnte uns der Hüttenwirt unten nicht abholen. Also mit dem gesamten „Gerödel“ zu Fuss zu Hütte (ca. 2 Std.). Kaum los gegangen kam es wie es kommen musste: Da baute sich in der Dämmerung doch tatsächlich kurzerhand ein heftiges Gewitter auf, was uns dann den gesamten Aufstieg über begleitete. Lampen brauchten wir keine - Blitze leuchteten uns den Weg.
Das fängt ja schon gut an: Völlig durchnässt und hungrig erreichten wir dann die Hütte.Hier wurden wir dann aber mit einem überaus freundlichen Empfang und einem sehr guten Abendessen entschädigt.
Die normale Ausrüstung bestand u.a. aus:
Beim Klettern kam hinzu:
Erster Tag: Bügeleisenkante (IV-, Einstieg bei 2150m, Kletterhöhe: 375m)
Der nächste Morgen empfing uns dann so wie ich es in meinen mehr als 30 Jahren im Gebirge schon so oft erlebt habe: Gewitter weg und strahlender Sonnenschein.
So konnten wir unsere für diesen Tag geplante Einstiegstour völlig entsannt angehen. Nach dem gegenseitigen „Anlaufen“ klappte die Kletterei mit wechselnder Führung völlig problemlos. Die Route ist sehr gut abgesichert und die Schwierigkeiten liegen ausser an einer Stelle (IV-) alle im 2. und 3. Grad UIAA. Mit 12 Seillängen ist es aber schon eine Tagestour. Besonders weil von oben noch über schmale Gebirgssteige zur Hütte abgestiegen werden muss.
Die Kante selber ist sehr gut durch viele Haken abgesichert. Dadurch hat man auch immer einen sehr guten Anhaltspunkt zur Orientierung. Eine tolle Route auch für Mehrseillängen-Einsteiger !
Es verlief aber alles sehr gut. Nach einer kurzen Rast auf dem Laserzkopf ging es dann gemütlich zurück.
Zweiter Tag: Voll-Alpine Versuche an der Teplitzer Spitze (Höhe 2613m)
Nachdem in der Nacht wieder ein Gewitter für Kühlung gesorgt hatte, strahlte uns am nächsten Morgen die Sonne in voller Pracht entgegen. Für diesen Tag war eigentlich die Haspinger Route (IV) auf die Teplitzer Spitze geplant. Weil uns der Einstieg nicht ganz klar war holten wir uns hierzu Informationen vom Hüttenwirt.
Hier hat es dann offensichtlich ein kommunikatives Problem gegeben. Jedenfalls standen wir aus der rückwärtigen Sicht auf dem falschen Schneefeld an dem sich der Einstieg befinden sollte (viel zu hoch). Nach einem ersten Versuch in einer Schlucht (freies Klettern mit dicken Bergschuhen) ohne dass irgendein Haken in Sicht kam, entschlossen wir uns zum Abseilen zurück auf das Schneefeld. Da wir immer noch überzeugt waren, dass hier irgendwo der Einstieg zu finden sei, gingen wir in dem steilen Schneefeld noch ein Stück höher. Jo leistete hier Schwerstarbeit um seine Schuhe (natürlich mit den Füssen darin) so tief möglich im Schnee zu vergraben. Schliesslich kamen wir zu einem neuen Riss der sehr vielversprechend aussah. Auch diesen stiegen wir zuerst frei mit Bergschuhen in 2-3er Gelände bis auf ca. 20m hoch.
Jo meinte, so langsam sollten wir unsere Kletterausrüstung anlegen und baute unseren ersten selbst gesicherten Standplatz. Wir entschieden dann weiter rauf zu klettern, weil wir wussten, wir würden uns links haltend an einem Sattel ankommen. Jo kletterte alle Seillängen komplett selbst gesichert vor. In dieser sehr geröllhaltigen und wahrscheinlich noch nie begangenen Route löste Jo einige Steine, so dass ich manchmal hinter Felsnasen in Deckung gehen musste. Gut dass keiner unter uns war - aber das hatten wir auch nicht erwartet.
Als wir dann nach 3 Seillängen und etwas blank liegenden Nerven am Sattel links vom Gipfel der kleinen Teplitzer Spitze ankamen, hatten wir die Route „JoRo“ alpin erschlossen.
Wir haben uns dann angesehen und beschlossen es für heute gut sein zu lassen. Die Schwierigkeiten lagen bei unserem Experiment bei 2 bis 3 UIAA.
Nun stand noch der Abstieg über einen steilen Geröllsteig an. Hier war dann auch noch einmal unsere gesamte Konzentration gefordert.
Aber wir haben es geschafft ! Der restliche Rückweg über das Kerschbaumer Törl zur Hütte war dann auch völlig entspannt. Von unten haben wir auch nochmal einen Blick hinauf zum Einstieg gemacht. Dann war auch schnell klar wo der richtige Einstieg zu finden war.
Tja, was soll es. Es gibt immer ein nächstes Mal.
Dritter Tag: Super-Kletterei an der kleinen Gamswiesenspitze (Höhe 2454m)
An diesem Tag stand die Gamsplatte (oben V-, sonst durchgängig um IV UIAA) auf dem Programm. Die Route entpuppte sich als Plattenkletterei mit für mich doch einigen neuen Herausforderungen an Gleichgewicht und Bewegungsabläufe. Die Route ist durchweg gut gesichert (Hakenabstände ca. 5m mit voll ausgerüsteten Standplätzen). Die 7 Seillängen sind aber dennoch nicht zu unterschätzen. An fast allen Ständen war nicht viel Platz. Hier musste gut aufgepasst werden, wie die Seilführung angelegt wird.
Und schon kam die nächste Herausforderung: Vom Gipfel mussten wir ca. 10m auf einen kleinen Steig abseilen. Dieser führte im steilen Schroffengelände durchsetzt mit einigen Felsstufen wieder zum Kerschbaumer Törl. An einigen heiklen Stellen sind neuerdings Stahlseile installiert.
Das Absteigen in diesem steilen mit kleinem Geröll durchsetzen Steig war für Jo die eigentliche Herausforderung. Wir hatten aber vorher schon über diesen Moment gesprochen und beschlossen, eng zusammen zu bleiben. So konnte sich Jo sprichwörtlich an meine Fersen heften und Stück für Stück mit absteigen.
An diese fordernde aber zugleich sehr schöne Route werden wir uns noch lange und gerne erinnern.
Vierter Tag: Klettersteig auf den Seekofel (B/C, Höhe 2744m)
Damit Jo auf seinem zweiten Alpin-Ausflug auch diese Spielart näher kennen lernen konnte, haben wir uns für diese Tour entschlossen. Diesmal bestand die Ausrüstung ausser dem üblichen aus:
Die Tour beginnt an der Hütte und zieht sich durch ein grosses Geröllfeld steil südwärts zur Ödkarscharte. Dort beginnt links nach kurzer Zeit die Stahlseilversicherung des Klettersteigs. Bei diesem Steig ist zu beachten, dass die Versicherung nicht komplett durchgängig ist. Es sind nur die exponierten und schwierigeren Stellen mit Stahlseilen abgesichert. Dazwischen gibt es einige Stellen, bei denen unbedingte Trittsicherheit im steilen Gelände gefordert ist.
Der Klettersteig schlängelt sich entlang des gesamte Grates bis zum 2744m hohen Gipfel des Seekofels.
Der Abstieg erfolgt so wie der Aufstieg. Bei „Gegenverkehr“ muss man an geeigneter Stelle warten bis dieser vorüber ist. An Steilpassagen ist es immer in solchen Fällen schwierig, aneinander vorbei zu kommen.
Aber auch das hat sehr viel Spass gemacht. Beim Abstieg haben wir dann noch einmal die Gelegenheit genutzt, das Absteigen im steilen gerölligen Gelände zu üben.
Abreise
Am nächsten Morgen stiegen wir dann in aller Ruhe (wieder mit dem gesamten Gerödel) zur Dolomitenhütte ab. Diese erreichten wir gegen 10:00 Uhr. Nach einem kurzen Halt in Lienz ging es dann wieder über die Felbertauernstrasse, den Pass Thurn und München zurück nach Euskirchen.
Fazit
Alles in allem ein gelungenes verlängertes Wochenende in den Lienzer Dolomiten ! Wir kommen sicher wieder.