An einem Bilderbuch-Septembersonntag nahmen wir uns den Ahrsteig vor, der auch als Bonsaikletterei von Rene Dreesen geführt wird. Doch wir wollten ihn heute in umgekehrter Richtung, also rückwärts erwandert oder auch erklettern.
Wir, das sind Rolf, Roland und ich, in Eifeler Fachkreisen auch bekannt als die Mützenicher Alt-Sherpas. Unser Durchschnittsalter liegt jetzt bei 65 Jahren.
So fuhren wir an diesem ungewöhnlich warmen und sonnigen Morgen nach Altenahr ins weinselige Ahrtal, wo wir etwas außerhalb der Stadt parkten. Schon bald erreichten wir den Fluss, der diesem Tal den Namen gibt, und sollten ihn nach der Wegbeschreibung von Komoot überqueren. Da war aber keine Brücke, nur eine Betonmauer, die bis zur Flussmitte reichte. Da Alt-Sherpas nicht zimperlich sind, erreichten wir trotzdem das andere Ufer, allerdings mit nassen Füßen.
Und dann standen wir am Einstieg in den eigentlichen Ahrsteig. Steil ging es aufwärts im Schiefergestein, das von knorrigen Steineichen bewachsen war. Bald hatten wir deutlich Höhe gewonnen und blickten auf das liebliche Tal mit seinem glitzernden Fluss hinab. Die beiden Freunde, die diesen Pfad noch nicht kannten, staunten über den wirklich alpinen Charakter des Höhenwegs, der immer auf dem Felsgrat des Bergrückens entlangführt. Ich kannte den Weg schon von einer früheren Exkursion mit Rene Dreesen, und so wusste ich auch, was uns noch erwarten würde.
Immer wieder ging es steil bergab und bergauf, und wir hatten von den Felsspitzen fantastische Ausblicke ins Tal.
Wir kletterten weiter aufwärts, bis wir am Gipfelkreuz der Engelsley standen. Von hier konnten wir schon in der Ferne die Häuser von Altenahr im Tal und darüber auf dem Berg die Burgruine sehen. Der Eintrag ins Gipfelbuch durfte nicht fehlen und wir kletterten nach einer kurzen Rast weiter.
Mittlerweile waren wir auch nicht mehr alleine unterwegs, wir trafen immer wieder lustige Wanderer, die mehr oder weniger geschickt den Pfad meisterten. Bald hatten wir die Schlüsselstelle erreicht. Eine Felskuppe führte uns wenige Meter nach oben, dann über einen scharfen Grat und auf der anderen Seite etwa 6 Meter fast senkrecht abwärts, wie ich noch von meiner früheren Tour in Erinnerung hatte. Nicht wirklich schwierig, lässiger dritter Grad, aber ohne Sicherung und absolut ohne Sturzoption. Etwas mulmig war mir beim Aufstieg, aber Rolf kraxelte mutig voran und so stieg ich nach, Roland bildete die Nachhut.
Der Abstieg sah gefährlicher aus, als er es dann war. Unten warteten drei nette Schwestern, mit denen wir noch plauderten. Natürlich gab es auch hier einen Pfad für schwache Nerven, der diese Kletterstelle umging.
Nun ging es in etwas leichterem Gelände abwärts, immer tiefer, bis wir plötzlich unten auf der Talstraße landeten. Da hatte ich wohl eine Abzweigung verpasst, da wir ja noch hoch auf die Burgruine wollten. Also stiegen wir wieder zurück, bis wir den Pfad hinüber zur Ruine fanden. Jetzt ging es nochmals steil bergauf in der Mittagssonne, so dass reichlich Alt-Sherpaschweiß floss. Ein letzter Sprung über die Burgmauer, und wir befanden uns unter etlichen hübsch gekleideten Wochenendtouristen, die einen starken optischen Kontrast zu uns darstellten.
Die Rast im Burghof des alten Gemäuers hatten wir uns verdient. Dabei entdeckten die Freunde einen leichten Blechschaden an meinem rechten Arm. Na ja, ganz ohne Blutverlust wäre es wohl eine langweilige Tour geworden.
Nun ging es auf bequemen Weg runter zur Stadt, Wo Rolf ein verstecktes Weinlokal mit einem lauschigen Innenhof entdeckte. Als wir gemütlich am Tisch saßen, zauberte Roland ein Seil und einen Klettergurt aus seinem Rucksack. Hatte er eine Ahnung gehabt ? Aber der Federweißer, den wir bestellten, war ausgesprochen süffig.
Schließlich brachen wir auf, denn wir wollten noch das Teufelsloch im gegenüberliegenden Berghang besuchen. Wir wanderten ein Stückchen an der Ahr entlang, wobei wir einen Blick auf unseren Grat und die Engelsley hatten. Und wir sahen, dass an der Schlüsselstelle, die wir kurz zuvor geklettert waren, die Felswand etwa hundert Meter absolut senkrecht bis zum Talboden abfiel.
Diesmal überquerten wir die Ahr auf einer Brücke und stiegen über einen relativ leichten Pfad aufwärts, wobei wir immer wieder die fantastischen Ausblicke auf die Stadt genossen, die von hier Oben wie Spielzeug wirkte. Selbst die Spielzeugeisenbahn mit Tunnel fehlte nicht.
Nach einer weiteren Steigung kamen wir zu einer Felswand mit einem mannsgroßen Fenster darin. Eigentlich war es ein Tor, denn man konnte die Bergwand durchschreiten und auf die andere Seite gelangen. Auch hier bot sich ein neuer Ausblick auf das Ahrtal und unsere Gratwanderung. Obwohl wir den Teufel nicht gefunden hatten, hat sich auch dieser Aufstieg gelohnt.
Über einen Bergpfad durch trockenen Eichenwald gelangten wir zu einem letzten Aussichtsfelsen, wo wir in der Nachmittagssonne unsere letzte Brotzeit hielten und die letzten Wassertropfen aus unseren Trinkflaschen sogen. Der Parkplatz mit Rolfs Auto lag nur einen Steinwurf entfernt von unserem Fels, jedoch etwa hundert Meter tiefer. Kurz darauf kamen wir im Tal an.
Das war eine sehr abenteuerliche, abwechslungsreiche und spannende Tour. Nicht besonders lang, aber besonders schön.