Ein Berghelm blüht auf – oder was Berghelme als Rentner machen
„Hallo mein Name ist Roland Edelweiss, und ich bin ein Bergsteigerhelm. Mein ganzes Leben war ich auf den Köpfen von irgendwelchen Menschen der Sektion Schleiden/Eifel unterwegs und habe einiges von der Welt gesehen. Wenn ich nicht in der Welt herumgetragen wurde, um meinen Job nachzugehen, hing ich meistens mit meinen Kollegen bei jemand von der Sektion ab. Ende letztens Jahres kam dann vom Vorstand ein Bescheid:
Sehr geehrter Roland Edelweiss,
hiermit teilen wir Ihnen mit, dass wir Sie nun aus Altersgründen in den Ruhestand schicken müssen. Wir bedanken uns bei Ihnen für die jahrelange sehr gute Zusammenarbeit und wünschen Ihnen weiterhin alles Gute für Ihren Lebensweg.
Das hat mich in den ersten Minuten richtig geschockt, muss ich schon sagen. Zack, plötzlich gehörte ich zum alten Eisen. Was sollte ich nur machen. Ich und meine Kollegen waren schon alle ganz nervös – nicht dass wir einfach in einem dunklen Loch verschwinden und das war es. Aber es sollte ganz anders kommen.
Da kam eines Tages so ein Kerl daher und nahm uns einfach allesamt mit. Wohin das wusste niemand. Als wir dann angekommen waren, war es um uns herum schön grün, und ich schöpfte schon Hoffnung. So konnte die Hölle für Berghelme nicht aussehen. Doch plötzlich kam der Typ mit einem scharfen Messer und schnitt erst einmal alle Lederteile aus mir raus – aua – und als ob das nicht schon schlimm genug war, bohrte er auch noch Löcher in mich hinein. Scheinbar war ich doch in der Helmhölle gelandet und hatte mich zu früh gefreut. Ich stelle mich also seelisch auf ein Martyrium ein, als ich plötzlich auf den Kopf gedreht wurde und etwas Rundes in mich hinein gefüllt wurde. Später erfuhr ich dann, dass es Blähton war, um Staunässe zu verhindern. Nachdem dieser in mir drin war, wurde eine herrlich duftende Erde in mich eingefüllt. Sie war mit feinem Steinen vermischt, wie ich es aus den Alpen kannte. Was hatte dieser Mann bloß mit mir vor. Allmählich war mir vom permanenten Kopfstand auch nicht mehr so übel. Da beobachtete ich, dass sich ein Edelweiß und ein Mauerpfeffer (Sedum) auf mich zubewegten. Der wird doch nicht…?
Und was soll ich euch sagen? Doch er hat es wirklich getan. Der hat mich als Blumenkübel missbraucht und einfach ein Edelweiss und einen Mauerpfeffer in mich eingepflanzt. Und soll ich euch etwas sagen? Mir gefällt es. Ich stehe jetzt in einem wunderschönen Garten auf einer Steinmauer und sehe einfach nur spitze aus. Ich bin also schlussendlich doch im Himmel gelandet und an das Auf-dem-Kopf-stehen habe ich mich inzwischen auch gewöhnt. Vielleicht sieht man sich ja mal.
Euer Roland Edelweiß