Datum: 21. 08 2019
Autor: Rolf, Ruth, Romy, Jo, Armin
Rolf:
Nach einer langen Anreise mit viel Urlaubsverkehr erreichten wir am Abend unser Tagesziel: Die auf 2000m gelegene Hochsteinhütte, zu er man nur etwa 15 Minuten gehen muss. Hier wurden wir sehr freundlich empfangen und erhielten auch noch ein sehr gutes Essen. Durch die Übernachtung auf der Hütte wurde schon mal die Akklimatisierung des Körpers eingeläutet.
Am nächsten Tag fuhren wir früh zur Dolomitenhütte, wo die Autos für die Woche geparkt wurden. Unser schweres Gepäck stellten wir für den Transport durch den Hüttenwirt der Karlsbader Hütte ebenfalls an der Dolomitenhütte ab.
Wir dagegen machten uns mit leichterem Gepäck auf, den sehr schönen und wilden Rudi-Eller-Weg mit einem kleinen Klettersteig in Angriff zu nehmen. Hier konnte ich schon sehen, wie es um die Mannschaft bestellt war. Ein kleines Restschneefeld in Sichtweite der Karlsbader Hütte wurde auch gleich zur Demonstration des Fallens und Abfangens auf Schneefeldern genutzt. Alles funktionierte perfekt. Am späten Nachmittag erreichten wir die Karlsbader Hütte und bezogen dort unsere Zimmer. Für die nächsten Tage war dies nun unsere Unterkunft.
Anstelle der geplanten Besteigung des Roten Turms stimmten wir uns aufgrund der unsicheren Wetterlage uns tags drauf auf das alpine Klettern im nahegelegenen Klettergarten „Vergessene Welt“ ein:
Bereits im Klettergarten merkten einige Teilnehmer, dass die Schwierigkeitsgrade in den Lienzer Dolomiten ernster zu nehmen sind als die in den Tannheimern. Wegen des aufkommenden Regens begann die Regeneration in der Hütte bei Bier und gutem Essen an diesem Tag schon recht früh.
Der folgende Tag stand dann voll im Zeichen von doch langen Klettertouren. Wir teilten uns auf die Bügeleisenkante (Ruth und Armin, 12SL, 480 Klettermeter) und die Egerländerkante (die anderen, 19 SL, 650 Klettermeter) auf. Alle Seilschaften hatten alle Hände voll zu tun mit Klettern, Standplatzbau und Sicherung. Es stellten sich unterschiedliche und abwechslungsreiche Hindernisse in den Weg. Das konnten lustig mit Bollerschuhen zwischen und in die Seilschaften kletternde Rumänen sein, im leichteren Gelände lange runouts oder gar keine Haken mehr und ausbleibende Standplätze ebenso wie die in der Bügeleisenkante vielfach noch vorzufindenden Theniushaken (Spitzname in der Gruppe: Tinnitushaken), bei denen niemand weiß wieviel die zum Teil nun über 50 Jahre alten Konstruktionen noch halten. Die Bügeleisenkante wurde 1969 von Alfred Thenius als erste Route mit diesen Haken ausgestattet. Alles in allem eine spannende Sache. Am Nachmittag erreichten wir alle ein wenig erschöpft, aber doch voller Tatendrang die Ausstiege unterhalb vom Roten Turm. Gemeinsam stiegen wir wieder hinunter zur Karlsbader Hütte und ließen dort den Tag gemütlich ausklingen.
Ein besonderes Highlight war die kleine Gamswiesenspitze am vierten Tag. Auch hier führen zwei fast parallel verlaufende Kletterlinien auf den Gipfel, so dass wir uns auch hier wieder in zwei Gruppen aufteilen konnten. Die Routen waren ein wenig schwerer dafür aber nicht so lang wie die Routen am Vortag (NO-Kante, 8SL, Gamsplatte 7SL). Alle Seilschaften hatten genug zu tun, die Routen und Standplätze zu finden. Auch war das Nachsichern teilweise „Schwerstarbeit“. Oben am Gipfel wurde es dann noch einmal beim Abstieg ein wenig spannend. Dieser führte über einen steilen Steig mit einem Klettersteig hinunter zum Kerschbaumer Törl. Von dort ging es wieder zurück zur Karlsbader Hütte.
Zum Abschluss des offiziellen Teils machten wir uns am nächsten Tag zum Hausberg der Lienzer Dolomiten, dem Roten Turm auf. Es gibt hier auch wieder mehrere Möglichkeiten des Aufstiegs. Wir beschlossen aber alle gemeinsam in drei Seilschaften über den Schmidtkamin (4SL) zu gehen. Hierbei führte Tom die erste Seilschaft. Er baute oben zu Übungszwecken für die nachkommenden ein Fixseil bis zum Gipfel auf. Es wurden nur mobile Sicherungsmittel verwendet.
Als Abstiegsweg entschieden wir uns für den Schneiderkamin. Eine sehr wilde und spannende Ecke an diesem Berg. Die Teilnehmer aller Seilschaften wurden von Fixpunkt zu Fixpunkt mittels Seilschaukel abgelassen. Nur der letzte seilte sich selbst ab. Am Schluss stellte sich heraus, dass unser Timing sehr gut war. Wie geplant und vorhergesagt erreichten wir wieder die Hütte vor dem abendlichen Gewitter.
Die restlichen Tage standen allen zur freien Verfügung. Ein Teil unserer Gruppe bestieg in zwei 2er-Seilschaften die kleine Teplitzer Spitze (Haspinger 6SL). Zur gleichen Zeit führte ich mit Ute und Romy Seilübungen zum Thema Seilaufstieg an einem nahegelegenen Felsen durch. Weil das Wetter an diesem Tag schon sehr früh in Richtung Gewitter kippen sollte, beeilten wir uns alle. Um 7:40 Uhr zog die Gruppe „Haspinger“ los um bereits 12:40 Uhr wieder an der Hütte zu sein. Letztendlich war es eine gute Entscheidung, früh los zu gehen und die Aktivitäten frühzeitig zu beenden. Am frühen Nachmittag konnten wir das aufziehende Gewitter aus der sicheren Hütte beobachten.
Am letzten Tag entschlossen wir uns, in zwei Gruppen verschiedene Klettersteige in der Umgebung zu durchsteigen. Ute und Tom wählten den schon schwierigeren Panoramasteig über die Sandspitze. Meine Gruppe bestehend aus Romy und Armin bestieg den Seekofel über den dort installierten Steig. Gegen 11 Uhr standen beide Gruppen auf den jeweiligen Gipfeln und winkten sich zu. Wegen der angekündigten Gewitter-Wetterlage beeilten wir uns auch an diesem Tag, so früh wie möglich an der Hütte zu sein.
Alles in allem hatten wir sehr schöne Tage mit schönen Touren und einer super Truppe. Vielen Dank an alle für diese schöne Zeit in den Bergen.
Jo:
Schön war‘s. Der Rudl-Eller-Weg führte entlang der beeindruckenden Laserz-Nordwand, wo wir staunend hörten und beobachteten, wie mehrere Kletterer eine steile Linie in teils überhängendem Fels mit Hammer und Normalhaken absicherten.
Einen Tag kletterten Tom und ich die mit vielen Griffen und Tritten ausgestattete Egerländerkante. Wir mussten Schluchten überqueren, uns an eine gegenüberliegende Felswand hinüberfallen lassen und Platten meistern. An einem anderen Tag erklommen Ruth und ich die Gamsplatte, in der wir unseren Füßen vertrauen und „auf Reibung“ klettern mussten. Oft fragten wir uns: Hält das? Aber nach der 7. Seillänge erreichten wir voller Freude und Stolz die nur ein paar qm große Gamswiesenspitze. Ein dickes Lob an Ruth, die trotz schmerzenden Zehenspitzen die Platte bezwang.
Der Abstieg vom Roten Turm durch den Schneiderkamin mit großen steilen Stufen über dicke Felsbrocken und wilden Verwinklungen war abenteuerlich: Romy baute sicher den zweiten Standplatz auf, ab dem ich als erster weiter abgelassen wurde. Der Kamin wollte kein Ende nehmen und ich dachte: Hoffentlich ist das Seil lang genug. Aber mit guter Reserve erreichte ich sicher den Boden.
An der kleinen Teplitzer Spitze hatte ich noch eine Rechnung offen, da ich beim letzten Urlaub den Einstieg zum Haspinger verpasst hatte und mit Rolf eine neue Route „erschloss“. Ich wechselte mich - jetzt in der richtigen Route - mit Ruth ab, Tom und Armin folgten direkt. Unsere Standplätze überließen wir zwecks Zeitgewinn jeweils ohne Umbauen den beiden und mit dadurch gut durchmischtem Kletterzeug erreichten wir am Mittag den Gipfel.
Rolf hat die Tour gut vorbereitet und geleitet. In Vorbereitung auf ihre weitere Ausbildung machten Ute und Tom eine gute Figur. Ein besonderes Dankeschön an die Truppe, die mir wegen Rückenbeschwerden sprichwörtlich viel Last von den Schultern nahm.
Romy:
Es war eine sehr schöne Zeit mit Rolf und den weiteren Teilnehmern in den Alpen. Nachdem ich vergangenes Jahr rund ums Gimpel Haus die Tannheimer Berge kennengelernt habe, war ich von dem doch um einiges alpineren Gelände der Lienzer Dolomiten sehr beeindruckt. Die Lage der Karlsbader Hütte mit erfrischendem Bergsee und wunderschöner Aussicht ist optimal für längere und kürzere Tagestouren. Die doch zum Teil für Körper und Geist herausfordernden Klettereien – mit kleinen und größeren Schweißausbrüchen, wurden mit Erreichen des Gipfels mit einem atemberaubenden 360 Grad Bergpanorama nachhaltig belohnt. Ich, als Neuling am Berg, habe mich in unserer Gruppe und unter der Leitung von Rolf stets sehr wohl und sicher, gefordert aber nicht überfordert gefühlt. Spannend war auch, endlich den praktischen Einsatz von diversem Material am Fels kennen zu lernen: Sei es beim Bauen eines Standplatzes mit Schlingen oder beim Errichten eines Flaschenkörperzugs mit Reepschnur, Ropeman und Microtraxion. Einen großen Dank an Rolf für die super Organisation und Wissensvermittlung und Allen für die gesellige und entspannte Zeit und kleinen Abenteuern am Berg.
Ruth:
Da ich schon in der Gegend (Kötschach Mauten) mit der Familie im Urlaub war, konnte ich mir die Akklimatisierung sparen und wurde direkt am Parkplatz Dolomiten Hütte von der gut gelaunten Truppe empfangen.
Die Karlsbader Hütte bot uns ein gutes Quartier und super Essen.
Mit Armin startete ich in unser Mehrseillängen-Abenteuer der Bügeleisen Kante. Bald wurde uns klar, dass Sicherheit am Berg in unterschiedlichsten Varianten zu beobachten ist, wir konnten teilweise nur staunen wie mache Seilschaften unterwegs waren. Wir stiegen im Wechsel zum Gipfel und merkten am Ende, dass wir einige Höhenmeter erklommen hatten.
Am nächsten Tag ging es zur Gamswiesenspitze, schon der Zustieg war recht steil und durch Geröll nicht einfach zu gehen. Hier waren wir auch nicht die einzigen Seilschaften mit diesem Ziel.
Ich kletterte mit Jo zusammen auf der Platte. Das hatte ich vorher in dieser Länge auch noch nicht gemacht. Mit Rucksack war für mich das Stehen auf den wirklich kleinen Leisten gewöhnungsbedürftig. Ein großes Lob an meinen Vorsteiger Jo, der augenscheinlich Spaß an dieser Art der Kletterei hatte und der die Crux der Route bravourös löste! Dieser Erfolg wird uns noch lange in Erinnerung bleiben!
Die Besteigung des Hausberges „Roter Turm“ war für mich auf der Tour der schönste Gipfel. Bei tollem Wetter hatten wir eine fantastische Fernsicht! Ute und Tom hatten die Führung unserer Seilschaften übernommen und wir konnten uns genüsslich nur auf das Klettern konzentrieren. Das Ablassen durch den Schmidtkamin funktionierte prima.
Am letzte Klettertag stieg ich mit Jo im Wechsel zur kleinen Teplitzer Spitze auf. Der Zustieg war hier auch nicht ohne und ging mit Kletterschuhen durch den Schnee. Hier gab es vielseitige Klettereien, Kamin, Platte L, 2er Gelände mit bzw. ohne Absicherung, wir kamen alle auf unsere Kosten einschließlich Schuttabfahrt auf dem Abstieg.
Müde zurück an der Hütte erfrischten wir uns mit einem kurzen Bad im See. Anschließend konnten wir gut entspannen bei leckeren Bierchen und dem einen oder anderen geistigen Getränk.
Es war eine tolle Zeit und die Gruppe hat super zusammengepasst.
Armin:
Während zu Hause bei bis zu über 40°C die Daheimgebliebenen schwitzen mussten, hatten wir eine sehr schöne Woche in den Lienzer Dolomiten. Bei angenehmen 20°C auf über 2200müM war nur Vorsicht mit den oft für den Nachmittag angekündigten Gewittern angeraten. Wir waren aber immer rechtzeitig zurück, um uns von innen dem Nass hinzugeben oder die Erfrischung von außen im See zu suchen.
Nach 4 Jahren alpiner Pause hatte ich mir für die frei zur Verfügung stehenden Tage vorgenommen, einmal in eine Route mit einigen Ver Stellen einzusteigen. Allerdings wurde früh klar, dass die Schwierigkeiten hier etwas höher lagen als in den mir bekannten Tannheimern, weshalb ich mich doch auf leichtere Klettereien beschränkte. Es bewahrheitete sich wieder die alte Weisheit, dass man in alpinen Routen oft zwei Grade unter seinem persönlichen Limit bleiben sollte. Im Gegensatz dazu hatte ich mit den manchmal zu überschreitenden „Graten“ kaum mehr ein Problem mit Herzindiehoserutschtendenz. Steile Abstiege ohne Sicherung auf losem Geröll und Blick in die Tiefe erzeugen aber weiterhin gehörigen Respekt und ein flaues Gefühl.
Mit Blick nach oben ist das weniger ein Problem, obwohl man an manchen Stellen auch mal abwägen muss, ob man sich im weiteren Verlauf einer Seillänge mit viel Seilzug herumplagen will, ob das gar zu einer Blockierung durch das Seil führen könnte oder ob man zur Vermeidung dessen auch mal eine Zwischensicherung auslassen möchte oder gar muss. So ist zum Beispiel in einer Seillänge der Bügeleisenkante durch die vorgegebenen „Tinnitushaken“ eine hohe Seilreibung vorprogrammiert. Das Seil läuft mehrfach um Ecken und reibt auf Felsvorsprüngen. Nach einem etwa 10 Meter langen Quergang mit bereits spürbarer Seilreibung ist dann ein kleiner Abgrund mit einem großen Schritt zu überqueren. Vorher und nachher ein Theniushaken, danach erst in etwa 6 Metern der nächste Haken. Und so steht man dann dort und überlegt, clippe ich nur die Sicherung vor dem Abgrund und klettere danach mit reichlich Luft unterm Hintern und großem Hakenabstand einfach weiter oder clippe ich auch noch den Haken nach dem Abgrund und produziere so viel Reibung, dass ich eventuell nicht mehr weiterkomme. Absprachen mit dem Kletterpartner kann man in solchen Situationen auch oft vergessen, weil der oder die einen sowieso nicht mehr oder nur noch schwach hört. Kurzum: Wer sich nicht sicher ist und zu viele Sicherungen clippt oder gar noch eigene dazu legt, tut sich keinen Gefallen. Hier heißt es: Ruhe bewahren, sich auf das Klettern konzentrieren und sich auf Erfahrung verlassen zu können, insbesondere bei nicht immer festem Gestein. Als Prüfstein und Vorbereitung würde ich allen Neulingen den Sonntagsweg in Gerolstein empfehlen. Wenn sowas locker geht, kann man auch die leichten Klettereien in den Lienzern im Vorstieg angehen, es sei denn man ist grundsätzlich in deutlich höheren Schwierigkeiten unterwegs oder eine super coole Socke. Womit dann auch die Überleitung ins Schlusswort gelungen wäre: Denn cool war die gesamte Truppe und die gute Vorbereitung der Tour.