Datum: 27. 10 2015
Autor: Sabine Karls
Als wir uns am Sonntag gegen 11 Uhr am Parkplatz Finkenauel in Erkensruhr einfanden, war die Stimmung bereits bombastisch. Das Wetter auf unserer Seite, die Bedingungen also perfekt. Als Newcomer wurden wir herzlich von allen Beteiligten begrüßt, bevor Familie Berners uns alle auf die heutige Route vorbereitete, eine Kurzfortbildung im Geocaching gab und die GPS Geräte an den Mann brachte.
Zu meiner Verwunderung hatte sich Jochen eines Gerätes bedient und schritt bereits hochmotiviert voraus. Die Quelle dieser Motivation, soll zu einem späteren Zeitpunkt Aufklärung finden.
Vertrauensvoll begaben wir uns in die wegweisenden Hände der mit GPS ausgerüsteten Männer, geradewegs in den Wald auf die Spuren des Schöpfungspfades. Am ersten Referenzpunkt angekommen, mussten die nächsten Koordinaten eingetippt werden, so dass unser Weg tiefer in den Wald und den Berg hinauf fortgesetzt werden konnte. Oskar hatte es sich gleich von Beginn an in der Kraxe auf meinem Rücken gemütlich gemacht. Kann man sich doch von dort oben einen besseren Überblick verschaffen und die Lage erst einmal checken.
An den vor uns liegenden Zwischenzielen galt es nun aufmerksam die Reihenfolge der insgesamt zehn Stationen zu notieren. Der Schöpfungspfad zeichnet sich dadurch aus, dass man auf dem Weg zur Leykaul durch spirituelle Sprüche begleitet wird. Es ist wirklich lohnenswert an jedem einzelnen Punkt das Geschriebene aufzunehmen und für einen Moment inne zu halten.
Oskar hatte zwischenzeitlich seine Position gewechselt und sich dazu entschieden, seinen Aussichtspunkt auf Jochens Schultern zu verlegen. Die anderen Kinder rannten rastlos den schmalen und zu einer Seite abtrünnigen Pfad entlang und hatten sichtlich Spaß. Diverse Pilzarten frohlockten hin und wieder am Wegesrand und gaben ab und zu Anlass zu einer kurzen Verkostung. Diese blieb glücklicherweise ohne Nebenwirkungen. Als wir nach einiger Zeit auf der Dreiborner Hochfläche ankamen, freuten wir uns auf eine wohlverdiente Rast, die für Jochen und Oskar doch schon bald wieder vorbei war. Mit dem Argument als langsamstes Glied schon ein wenig vorgehen zu wollen, schlenderten die beiden bald Hand in Hand weiter. Was zum Teufel trieb die beiden, oder sollte ich sagen meinen Mann, nur so rasch vorwärts? Galt er in der Vergangenheit doch eher als Wandermuffel und Frischluftverweigerer, so erkannte ich heute ganz neue Seiten an ihm. Ich sah uns gedanklich schon auf einem Klettersteig in den Alpen.
Da wir nun den höchsten Punkt erreicht hatten, erklärte sich auch Oskar endlich bereit, die Comfortzone Schultern zu verlassen und stattdessen die Funktionalität seiner Beine zu testen. Er begab sich schon bald unkritisch in die Hände zweier Mädels, die ihre Chance beim Schopfe packten. Es schien geradezu, dass die beiden darauf gewartet hätten und jetzt ihre Aufgabe erledigen konnten. Ich war glücklich zu sehen, dass Oskar sich wirklich sehr wohl fühlte und die Mädels das richtig gut machten.
Zwischen abgeholzten Ginsterbüschen ließen wir den Anstieg hinter uns und erreichten nach kurzer Zeit ein Steinlabyrinth. Die fortgeschrittene Zeit völlig aus den Augen verloren, genossen alle eine Tour durch die schneckförmigen Steinreihen und eine Runde Lachgummi. Nachdem Eva-Maria dann irgendwann nebenbei erwähnte, dass der Tisch für die Einkehr reserviert sei, setzten wir bedingungslos unsere Route fort. Mit Reibekuchengeruch in der Nase, marschierten wir zügig bergab, sollte es uns zeitlich nicht allzu weit nach hinten geworfen haben. Nach weiteren Kilometern fanden wir uns dann im Restaurant Zum Weißen Stein ein. Dort verwöhnte man uns mit All-you-can-eat-Reibekuchen.
Hier schien die Zeit still zu stehen. Und weil die Zeit eben nur hier still zu stehen schien, bemerkte ich schon bald die ansteigende Nervosität im Körper meines Mannes. Bald fiel es mir wie Schuppen von den Augen, es ist Sonntag 18.10. 15 Uhr, die Uhren der Bundesligavereine ticken pünktlich und in einer halben Stunde ist Anpfiff. Wir hatten weder Getränke noch Essen noch einen Schatz gefunden. Hatte Jochen doch versucht uns den gesamten Morgen konsequent voranzutreiben, wurde er jetzt rücksichtslos ausgebremst. Sein Schicksal EIN Spiel seines geliebten 1. FC Köln aus der laufenden Saison zu verpassen war geschrieben. Die Lust auf Reibekuchen und die funkelnden Augen unseres Sohnes, als Resultat der liebevollen Umsorgung durch die anderen Kinder, überzeugten ihn dann doch, den Ausflug in der Gruppe ordnungsgemäß zu beenden. Er hatte sogar die Wartezeit damit überbrückt, die fehlenden Koordinaten für den ausstehenden Cache zu errechnen, gleichzeitig auch geschafft, dass andere Familienmitglieder erfolgslos versuchten, eine Internetverbindung auf dem Smartphone aufzubauen, um im Liveticker wenigstens einen Zwischenstand zu erfahren.
Am Ende erreichten wir doch alle stolz den Parkplatz und verabschiedeten uns bis zum nächsten Mal. Zu Hause konnte Jochen das Ende der zweiten Halbzeit mitverfolgen, musste dann doch zugeben, dass die Wanderung ihm weit mehr gegeben hat als das Endergebnis dieser Begegnung.
Es war ein wunderschöner Tag. Wir haben unser Debüt in der Familiengruppe genossen und freuen uns schon jetzt auf das nächste Jahr und weitere tolle Wanderungen.
(Mein Mann ist im Übrigen kein Frischluftverweigerer, es passte nur gut in die beschriebene Szene.)