Donnerstag morgen, ca. 2:15:
Der silberne Alpenflitzer fährt vor, und nimmt mit mir den letzten Passagier Richtung Sonthofen auf. Nunmehr sind wir zu dritt unterwegs durch die Nacht um uns von Martin in den nächsten Tagen dem Eisklettern näher bringen zu lassen; Sabine und ich sind absolute Neueinsteiger auf dem Gebiet. … Karlsruhe … Stuttgart … Ulm … nee, da kann man ruhig noch mal einschlafen … Pffrrronten, das klingt gut, jetzt geht’s gleich los, wachbleiben ist angesagt. Aber zunächst noch ein stärkendes Kaffee-Frühstück.
Jetzt aber: Nach einer Einführung in Fortbewegungs- und Sicherungstechnik im Eis verlaufen erste Stehversuche an der Rampe des Grenzfalls im Engetal gut, und so können wir direkt am ersten Nachmittag noch zwei Seillängen in der nah gelegenen Schwarzen Wand angehen. Beim Abseilen lernen wir auch sofort die Probleme von klitschnassen und vereisten Seilen kennen; ein Glück, dass Sabine sich mit dem Messer der ‚festgefressenen’ Prusik entledigen kann. So geht’s dann nach einem rundum erfolgreichen ersten Tag und einem weiteren Kaffee-Stop erschöpft weiter in Richtung Sonthofen, denn hier erwartet uns im kleinen Altstädten die muckelige Pension der Frau Eberhart, ein Insider-Tipp von Martin, der hier nicht zum ersten mal nächtigt.
Nach einem guten Frühstück und mit gefüllten Thermoskannen geht es auf zu den Gaisalpfällen. Hier ist’s schon etwas frischer als am Vortag, und ohne den Zustieg ginge es wohl vollkommen unaufgewärmt ans Eis; so sind zumindest die beim Eisklettern stark belasteten Waden etwas aufgewärmt, zu kurz kommen da nun lediglich die Arme, aber das gehört so beim Eisklettern. Nach einer Übungsrunde im unteren Teil der Gaisalpfälle geht’s im rechten Teil noch etwas weiter hinaus, und rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit seilen wir uns ab, um vor der Heimfahrt noch die über den Tag arg gebeutelten Koffein- (und Zucker-) Reserven aufzufüllen. Die Erholung am Abend findet dann in einer guten Altstädtener Gasstätte statt; meine Erfahrung lehrt mich inzwischen, dass Speisen, deren Bezeichnung mit dem Qualitätssiegel „Allgäuer …“ anfängt, stets mit einem halben Kilo Käse gesegnet sind, und sich somit hervorragend dazu eignen lange Tage in Schnee und Eis zu verdauen. Dazu gehört es natürlich auch noch, dass der Motor ausreichend mit „Halben“ geölt wird.
Der Samstag führt uns dann über die Grenze ins Land unserer komisch sprechenden Nachbarn, die aber im Wildental, einem kleinen Seitental des Kleinwalsertals, auch sehr schöne Eiskletter-Locations zu bieten haben. Hier können wir nach beschwerlichem Zustieg (der Käse vom Vorabend lässt die Schneedecke unter mir immer wieder bersten während Sabine und Martin engelsgleich darüber hinwegschweben) sowohl eine schöne Aussicht mit nachmittäglichem Gämsenbesuch, als auch einen gut besuchten Wintersport-Fleck genießen, denn außer zahlreichen Eiskletterern sind hier auch noch eine Menge Skitourengeher unterwegs. Nach der Übung aus zwei erfolgreichen Tagen darf ich mich hier dann auch schon mal am Vorstieg in kleineren Routen probieren.
Und schon ist Sonntag, und unser kleiner, gemütlicher Kurs geht dem Ende zu. Aber ohne ein letztes mal geklettert zu sein machen wir uns natürlich nicht auf den Heimweg: Letztes Ziel ist die Starzlachklamm bei Sonthofen, hier gibt’s zum Abschluss noch einen Fall mit sehr weichem Eis; ‚reines Genussklettern’ wie Sabine feststellt, ob Martin das wohl als Appetithäppchen für weitere Eisklettereien gedacht hat? Gelungen ist ihm das in jedem Fall, und so geht’s dann nach vier tollen Eiskletter-Tagen mit herrlichem Wetter zurück in Richtung Eifel; die ganze Fahrt über hört es kaum auf zu regnen, Glück gehabt!