Unserer Gruppe aus Monschau-Höfen hatte es bei unserer Hüttentour 2009 im Rosengarten so gut gefallen, dass fast einstimmig beschlossen wurde, noch einmal dorthin zu fahren. Da wir damals auch einen Schlechtwettertag hatten, mussten wir auch zwei Klettersteige auslassen. Diesmal sind wir nur mit sechs Leuten unterwegs, da Klaus M. bei seinem Arbeitgeber unentbehrlich war und Michael aus gesundheitlichen Gründen verzichten musste.
Sonntag 28.08.11
Wir starten morgens um 5.00h, die Fahrt ist relativ problemlos und wir sind gegen 14.00h auf dem Parkplatz in St. Zyprian im Tierser Tal. Wir stellen die Autos ab, essen schnell eine Kleinigkeit in der Tschamin-Schwaige und hetzen zum Linienbus, der uns zum Karerpass bringt. Wir hätten keine Minute später sein dürfen, doch so können wir um 15.45h unseren Aufstieg zur Rotwandhütte beginnen. Den Hüttenwirt der Rotwandhütte Bruno Deluca kennen wir noch von unserer letzten Tour. Da er gerade an dem Tag, als wir dort übernachteten, Vater geworden war, hatte er uns überglücklich mit einer DVD, mit einem Bildband über die Hütte und mit einer Flasche Schnaps beschenkt.
Da es Sonntagnachmittag ist, kommen uns ganze Heerscharen von Wanderern entgegen, wir scheinen fast die Einzigen zu sein, die aufsteigen. Nach einer kleinen Zwischenrast und einem ersten Radler erreichen wir mit herrlicher Aussicht ins Fassatal nach gut zwei Stunden die Rotwandhütte.
Beim Eintritt in die Hütte sind wir geschockt, denn im Vorraum der Hütte steht ein Bild Brunos, daneben Blumen mit Trauerflor und andere Zeichen der Trauer. Wir wollen es nicht wahr haben, aber es stellt sich heraus, dass er drei Wochen vorher bei einer Klettertour abgestürzt und tödlich verunglückt ist. Der Unfall ereignete sich an einer Stelle, die er normalerweise im Schlaf meistert kaum mehr als ein Kilometer von seiner Hütte entfernt. Seine Frau Roberta, die gerade mit dem zweiten Kind schwanger ist, hat sich entschlossen, die Hütte weiter zu führen. Vielleicht war es das Beste, was sie tun konnte, sich in die Arbeit zu stürzen, allerdings sehen wir des Öfteren, wie schwer es ihr fällt.
Wir haben Bruno nur kurz kennen gelernt, möchten uns aber in stillem Gedenken dem letzten Geleit des Hüttenteams anschließen.
Ciao Bruno
Montag, 29.08.2011
Wir starten früh um 7.30h von der Hütte, denn wir wollen eine lange Rundtour zurück zur Hütte machen. Zunächst gehen wir den Weg zum Christodamus-Denkmal, dann weiter über den Hirzelweg zur Kölner Hütte. Wir haben herrliches Wetter, die Aussicht ist traumhaft. Von der Kölner Hütte steigen wir auf Richtung Santnerpass-Klettersteig. Da es inzwischen ca. 10.30h ist, die Kölner Hütte mittels Sessellift zu erreichen, außerdem der Klettersteig für Einsteiger ideal ist, gibt es ein entsprechendes Menschenaufkommen. Wir haben Stau im Klettersteig. Einige Bergsteiger gelangen an ihre konditionellen wie auch psychischen Grenzen. Wir bieten gerne Hilfe an, diese wird - egal aus welchen Gründen - nicht angenommen. Auf die Idee uns passieren zu lassen (was mehrfach gut möglich war) kommt Niemand, es ist also Geduld gefragt. Wir haben viel Zeit zum Fotografieren und zum Erzählen. Da wir noch einen sehr weiten Weg vor uns haben, macht Winfried später den Vorschlag in einer Rinne, die normalerweise schneebedeckt, jetzt im Spätsommer aber nahezu frei ist, abzukürzen. Die ganze Gruppe kann mit mehreren Schweizer Bergsteigern im Schlepptau passieren, und wir stellen später an der Santnerpasshütte fest, dass uns das Manöver doch ca. eine dreiviertel Stunde Zeitersparnis gebracht hat. Wir haben dort eine Kleinigkeit gegessen und die herrliche Aussicht bis nach Bozen genossen.
Anschließend geht es weiter zur Gartlhütte. Unterwegs haben wir immer wieder begeistert – vielleicht auch ein wenig neidisch - den Kletterern an den Vajolettürmen zugeschaut. Von der Gartlhütte geht es steil bergab, teils über Schotter, teils über gesicherte Felsen zur Vajoletthütte. Hier wird eine weitere kleine Pause eingelegt, anschließend steigen wir den Weg, den wir gekommen sind, sogar wieder ein klein wenig auf, um den oberen, schöneren Weg Richtung Rotwandhütte zurück zu gehen. Hier gibt es übrigens durchaus eine Stelle, wo man sich ein Sicherungsseil gut vorstellen kann. Den weiteren Weg kennen wir von der Tour vor zwei Jahren, allerdings sind wir damals bei Regen und Nebel, jetzt bei herrlichem Sonnenschein gegangen. Gegen 17.00h sind wir nach dieser großen Rosengartenumrundung an der Rotwandhütte zurück.
Dienstag 30.08.11
Heute stehen Klettersteige auf dem Programm. Wir starten wieder mit leichtem Gepäck, diesmal gegen 8.00h an der Rotwandhütte. Wir gehen zunächst Richtung Vailonpass, denn dort ist der Einstieg zum Rotwandklettersteig. Es gibt noch eine Reihe von Nebelwänden, die uns immer wieder einhüllen, auch beim Einstieg in den Rotwandklettersteig ist es noch neblig. Der Klettersteig ist eine leichte Gratkletterei, Aussicht haben wir zunächst immer durch zufällig entstehende Nebellücken. Als wir kurz vor dem Gipfel (2806m) sind, reißt es auf – herrlich. Jetzt haben wir rundum eine traumhafte Aussicht. Nach einer ausgiebigen Rast und dem Füttern der Dohlen, die von Walters Kniebandage fressen, geht es weiter Richtung Masaréklettersteig.
Nach einem steilen Abstieg in eine Rinne gelangen wir im anschließenden Aufstieg direkt zur sogenannten Schlüsselstelle des Klettersteiges. Nachdem wir diese passiert haben, kommen wir nach einer Wanderstrecke wieder in die Kletterstellen des Steiges. Ein einheimischer Bergführer bittet uns, ihn mit seiner Gruppe passieren zu lassen, was wir auch gerne machen. Er hat seine Teilnehmer allerdings überschätzt und so wechseln wir uns später wieder ab. Der Steig ist wunderschön, wechselt mehrfach die Seite des Grates, einige Male geht es in steile Rinnen hinab und anschließend natürlich wieder hinauf. Der Steig ist anspruchsvoll aber nicht zu schwer, und wir können immer wieder die Aussicht genießen. Vom Ausstieg wandern wir noch ca. eine dreiviertel Stunde zurück zu Rotwandhütte, wo wir gegen 14.00h eintreffen. Den Rest des Tages können wir nutzen in Ruhe zu duschen bzw. ein wenig zu auszuruhen. Roberta hat ihren Sohn Emilio mit zur Hütte gebracht und wir können sogar ein wenig mit ihm spielen.
Mittwoch 31.08.11
Morgens ist es neblig, das Wetter soll umschlagen, Gewitter werden immer wahrscheinlicher, ein einheimischer Bergführer weist uns freundlicherweise darauf hin, dass wir ausgerechnet auf dem von uns geplanten Weg nachmittags ohne Ausweichmöglichkeit an exponierten Stellen sind. Er rät uns unterwegs zu schauen, und bei Gewitterneigung umzuplanen. Unser Ziel ist die Antermoiahütte, die wir über den Scalettesteig und den Lausapass erreichen wollen.
Nach einer sehr herzlichen Verabschiedung von Roberta Deluca wandern wir über die Ciampediehütte zur Gardecciahütte. Es ist zugezogen, Gewitter sind möglich oder wahrscheinlich, es wäre Blödsinn die Hinweise des Bergführers außer Acht zu lassen. Also beschließen wir schweren Herzens über die Vajolethütte, wo auch wieder eine kleine Pause eingelegt wird, und die Grasleitenpasshütte sowie den Antermoiapass zu gehen. Falls das Wetter doch hält kann man zum Ausgleich für den entgangenen Klettersteig einen kleinen Gipfel machen. Nach der Mittagsrast auf der Grasleitenpasshütte geht es weiter zum Antermoiapass. Da das Wetter zu unserer Überraschung wieder besser wird und die Wolken sogar aufreißen, beschließen wir den Cima Scalieret (2887m) zusätzlich zu machen. Wir lassen das Gepäck am Scalieretpass zurück und erreichen nach kurzer Zeit einen herrlichen, einsamen Aussichtsgipfel, der mehr als für den entgangenen Klettersteig entschädigt. Die ganze Gruppe ist sich einig, dass diese Alternative ein Gewinn ist.
Nach einer ausgiebigen Rast am Gipfel nehmen wir auf dem Rückweg unser Gepäck wieder auf und wandern längs des Antermoiasees zur Antermoiahütte, die wir gegen 16.00h erreichen. Nachdem wir unser Lager bezogen haben lassen wir den Tag in Ruhe ausklingen. Das Abendessen ist sehr reichlich und extrem gut. Die Hütte ist so sauber, dass man von Fußboden essen könnte. Alles widerspricht dem Vorurteil, dass das Essen auf italienischen Hütten nicht so berauschend ist, und das man Abstriche in Bezug auf Hygiene machen muss. Lediglich die Anzahl der Waschgelegenheiten lässt zu wünschen übrig, man muss schon ein wenig Geduld haben.
Donnerstag 01.09.11
Als wir aufstehen ist es kalt, es gibt einen wolkenlosen Himmel und wir sind uns sicher, dass wir uns an diesem Tag nicht um das Wetter kümmern müssen. Es wird sich zeigen, dass dies ein Trugschluss ist. Wir brechen zeitig auf und wandern zurück zur Grasleitenpasshütte. Es wird immer nebliger und zieht komplett zu. Wir wollen ohne Gepäck über den Kesselkogelklettersteig zum Kesselkogel (3002m). Der Hüttenwirt rät uns, sofort aufzubrechen und das Gepäck drinnen abzustellen. Er hat seine Gründe. Leider bleibt es während des gesamten Aufstieges neblig, so dass die Aussicht bis auf wenige Momente begrenzt ist. Kurz vor dem Gipfel ist noch ein etwa 80m langer ungesicherter Grat zu überwinden, der einigen von uns wesentlich anspruchsvoller als der gesamte Klettersteig erscheint. Es ergibt sich die gleiche Situation wie vor zwei Jahren am Maximiliansteig, wir sind teilweise für ungesicherte Gratwanderungen nur bedingt geeignet. Nach einer relativ kurzen Rast und unserem Gipfel-Els, den Winfried wie jedes Jahr mitschleppt, machen wir uns auf den Rückweg. Im unteren Teil des Klettersteiges beginnt es zu tröpfeln und ganz kurz vor Erreichen der Hütte setzt Regen ein. Wir zwängen uns noch so eben in die völlig überfüllte winzige Hütte. Wir können die Situation sehr gelassen sehen, denn wir müssen irgendwann lediglich noch ca. eine Stunde bis zur Grasleitenhütte weiter gehen. Die Leute, die auch nur eine viertel Stunde nach uns ankommen sind pitschenass. Glück gehabt. Da wir keinen Tisch ergattern konnten, müssen wir zunächst ein paar Radler trinken. Die italienischen Gäste packen derweil ihre Rucksäcke aus und essen mitgebrachtes Brot mit Schinken und Käse. Irgendwann gegen 14.30h können wir an einem Tisch Platz nehmen und zu Mittag essen. Es gießt immer noch in Strömen, so dass sich vom Kesselkogel ein Wasserfall Richtung Wanderweg zum Antermoiapass gebildet hat. Nachdem wir gesättigt sind, hört es urplötzlich auf zu regnen und wir können unseren letzten Abschnitt in Angriff nehmen. Beim Abstieg rutscht Rosi im Schotter aus und liegt wie ein Maikäfer auf dem Rücken. Gott sei Dank ist nichts passiert. Winfried und Klaus sind unterwegs sehr um mich besorgt und zurren meinen Rucksack noch einmal neu. Gegen 16.00h erreichen wir die Grasleitenhütte. Auch hier werden wir vorzüglich versorgt. Abends beschließt Walter, sein lädiertes Knie, weswegen er letztes Jahr ganz aussetzen musste, etwas zu schonen. Er wird durch das Tschamintal ab – und zur anderen Seite zur Tschafonhütte wieder aufsteigen und so ein Teilstück abkürzen. Winfried erklärt sich spontan bereit, ihn zu begleiten.
Freitag 02.09.11
Das Wetter ist wieder gut. Rosi, Josef, Klaus und Max starten sehr zeitig zu einer „Hammertour“. Beim Packen des Rucksackes merke ich schließlich auch, warum Winfried und Klaus am Vortag so fürsorglich um meine Ausrüstung bemüht waren. Sie hatten mir wieder ein paar Steine untergejubelt, die ich dann bis zur Hütte mitgeschleppt habe. Das haben die Lumpen vor ein paar Jahren schon einmal geschafft.
Der Weg geht zunächst von der Hütte leicht abwärts um dann durch das sogenannte Bärenloch durch einen gesicherten Steig Richtung Tierser Alpl aufzusteigen. Kurz vor dem Tierser Alpl nehmen wir allerding den Weg Richtung Schlernhäuser, wo wir eine kurze Pause einlegen. Auf dem weiteren Weg zur Sesselschwaige sehen wir einige Reiter, die wie Cowboys im Wilden Westen die Rinder auf der Weide zusammen treiben.
An der Sesselschwaige machen wir bei herrlichem Wetter eine ausgiebige Mittagsrast, denn anschließend soll es noch einmal richtig anstrengend werden. Wir wollen über die sogenannte Hammerwand zur Tschafonhütte gehen. Der Wirt auf der Grasleitenhütte hatte uns den Weg auch empfohlen und uns ein klein wenig gewarnt, indem er sagte: “Es geht immer wieder auf und ab, auf und ab….“ Er hatte recht, und steil war’s, wir hatten sogar den Eindruck, dass es zu zweidrittel auf und nur zu einem Drittel ab ging. Aber der Weg ist wunderschön, wechselt dauernd die Seite des Grates und man hat eine Aussicht, die seines gleichen sucht. Zusammenfassend kann man sagen: Der Weg über die Hammerwand ist mit schwerem Gepäck nach einem Anmarsch von 4-5 Stunden hammerhart aber eben doch ein Hammer. Es war ein „Highlight“ unserer Tour. Gegen 16.00h erreichen wir die Tschafonhütte, Walter und Winfried waren schon da und sind weiter zur Völseckspitze gegangen, einem wunderschönen Aussichtspunkt Richtung Bozen und Eisacktal. Wir sind so verschwitzt, dass wir uns, ehe wir uns im gemütlichen Gastgarten niederlassen, komplett umziehen müssen.
Die Tschafonhütte ist eine sehr ursprüngliche Hütte ohne elektrisches Licht auf den Zimmern. Es gibt kaum Waschmöglichkeiten. Andererseits ist die Hütte sehr sauber und Josef der Hüttenwirt versorgt uns mit vorzüglichem Essen, welches zu großen Teilen aus dem hauseigenem Garten entstammt.
Samstag 03.09.11
Nach dem ausgezeichneten Frühstück auf der Tschafonhütte müssen wir ca. eine Stunde zum Parkplatz und unseren Autos absteigen. Die Heimfahrt gestaltet sich am letzten Samstag der großen Ferien etwas zäh, wir wollen aber festhalten, dass wir von einer wunderschönen Hüttentour zurück kommen, auf der es aber auch überhaupt kein nennenswertes Problem gegeben hat.
Der Rosengarten spiegelt sich im Wunleger, einem kleinem Teich den wir beim Abstieg passieren.