Die Reise lieg nun schon einige Zeit zurück und nun, mit etwas Abstand, ist die Zeit für einen Bericht darüber gekommen. Bereits Mitte der 90er Jahre fasste ich den Entschluss, irgendwann in meinem Leben eine Trekkingtour durch den Himalaya zu unternehmen. Nach Recherchen im Internet war der in Frage kommende Reiseanbieter schnell gefunden. Seine Reisebeschreibung, das Konzept, der Ablauf überzeugten mich. Es war ein sächsischer Bergsteiger aus Leipzig, der jährlich 1-2 Trekkingtouren anbietet und ansonsten Expeditionen zu den „echten“ Bergen dieser Erde unternimmt bzw. in Vorträgen davon berichtet. Nun galt es, den richtigen Zeitpunkt zu finden. Mein Kind musste groß bzw. selbstständig werden, die finanzielle Situation musste es hergeben und mein Arbeitgeber musste mir 5 Wochen Urlaub genehmigen. Im Oktober 2010 war dieser Zeitpunkt für mich gekommen. Damit war für mich das Ziel in greifbare Nähe gerückt - Februar bis März 2012 sollte es soweit sein, quasi fast 1 ¼ Jahre später.
Zu einem ersten Treffen im Mai 2011 in Leipzig lernten sich die zukünftigen Reiseteilnehmer und der Reiseleiter kennen, die Interessen wurden abgestimmt und die Reiseroute bzw. die Trekkingtour beschlossen. Zum besseren Kennenlernen folgten ein Wochenende im Pitztal und ein Wochenende in der Sächsischen Schweiz – jedes eigentlich einen gesonderten Bericht wert. Der nächste Schwerpunkt der Reisevorbereitung lag im Zusammentragen der geeigneten Ausrüstungsgegenstände. Auch hier gab es viele Erlebnisse und Begebenheiten und es erforderte intensive Auseinandersetzung mit der Materie. Wenn man so eine Reise noch nicht unternommen hat, steht man vor einem Buch mit 1000 Fragezeichen. Schlussendlich hatten wir irgendwann alles zusammen, haben damit unsere Reise gemeistert und wissen jetzt, was verbessert bzw. optimiert werden könnte.
15.02.2012
Der Rucksack wurde am Vormittag zum finalen Mal gepackt, mehrmaliges Probepacken hatten wir die Wochen vorher bereits geübt. In der Mittagszeit ging es endlich per Bahn nach Frankfurt. Hier fand sich ab 17 Uhr unsere Reisegruppe pünktlich am Flughafen ein und gegen 22 Uhr startete der Flieger Richtung Abu Dhabi. Nach einem längeren Aufenthalt, wir froren obwohl wir mitten in der Wüste saßen, ging es nach 6 Stunden endlich weiter in Richtung Kathmandu. Wir kamen in den Abendstunden an, es war bereits dunkel. Von Olafs örtlicher Reiseagentur wurden wir freundlich mit Blumenkränzen begrüßt und direkt ging es per Kleinbus ins Hotel. Erste Eindrücke von Kathmandu machten sprachlos, in der Dunkelheit flackerten überall Feuerstellen und die Luft war stickig und dick. Das Hotel, im Touristenviertel der Hauptstadt gelegen, versprühte den Charme der 70er und war in die Jahre gekommen. Ein erstes Abendessen, ein Everest-Bier und ein Rum waren der krönende Abschluss des Tages.
Am nächsten Morgen, nach einem ausführlichen und leckeren Frühstück in einem deutsch anmutenden Cafe um ein paar Ecken, startete unser (Sonder-)Bus nach Jiri. Eine 8-stündige Busfahrt über Land stand bevor und schnell hatten wir verstanden, weshalb wir nicht in einem normalen Liniebus unterwegs waren. Der gewöhnliche nepalesische Bus befördert die cirka 4-5-fache Personenzahl, gegenüber der im Bus zulässigen, plus diverses Getier und einem voll besetzten Dachgepäckträger. Das übersteht kein Mitteleuropäer am zweiten Tag nach seiner Ankunft.
Gegen 17 Uhr erreichten wir Jiri, den Ausgangspunkt unserer Trekkingtour, und somit unsere erste Lodge. Ab jetzt liefen die nächsten 2 Wochen wie in einem Film ab, konzentriert auf die elementaren Bedürfnisse, war die Außenwelt fast vergessen und ganz weit weg. Die Herberge war einfach, verfügte aber noch über fließend Warmwasser. Zum Abendessen lernten wir das nepalesische Nationalgericht Dal Bhat kennen: bestehend aus Reis, Linsensuppe und gebratenem Gemüse. Bei diesem Gericht gab es Nachschlag, ein Vorzug, den wir später während der Tour noch sehr zu schätzen wussten. Ein abendlicher Rundgang durch die Stadt Jiri brachte viel Ernüchterung, Entsetzen und Sprachlosigkeit. Die Armut der Menschen, der Schmutz und der viele Zivilisationsmüll werfen unweigerlich die Frage auf, was diesen Menschen die sogenannte westliche Kultur bringt, was aus dem Müll werden soll und wie dort die Entwicklung weiter gehen wird.
Für uns begann am nächsten Morgen unsere Trekkingtour. Frohgemut starteten wir am Morgen gegen 8 Uhr und nicht viel später ging es auch schon direkt bergauf. Es galt einen ersten kleinen Pass zu überwinden, ca. 600 Meter im Aufstieg, dann ein langer Abstieg, Mittagspause mit der ersten RaRa Nudelsuppe und nachmittags wieder 1000 Meter im Aufstieg bis zur nächsten Lodge. Dieser Aufstieg zeigte mir zum ersten Mal meine Grenzen auf, es war für mich sehr beschwerlich … vielleicht war ich das erste Teilstück zu schnell angegangen?
Die nachfolgenden Lodges wurden bescheidener, es gab allerdings noch fließend Wasser. Nun wanderten wir die nächsten Tage quer zur Gebirgskette des Himalaya, es ging also immer ca. 1000 Meter abwärts, meistens über einen Fluss, und anschließend wieder 1000 Meter nach oben. Die Landschaft war sehr schön und beeindruckend. Wir wanderten durch Rhododendrenhaine, es wuchsen Apfelsinen und Bananen und insgesamt war es schön grün. Die Orte sind von beschaulicher Schönheit, die Menschen gehen ihrem Tagwerk nach oder sitzen vor ihren Häusern und es ist still, total still. Es gibt keine Straßen, demzufolge keine Autos, keine Bahnen, nichts. In den Vormittagsstunden sind nur die Flugzeuge von und nach Lukla zu hören.
Auf dem Weg zum Lamjura-Pass, gelegen in 3000 Meter Höhe, hatten wir die Möglichkeit, ein Haus der Sherpas von Innen zu sehen, was in seiner Einfachheit sehr beeindruckend war. Die Sherpa bereitete gerade Buttertee zu, den ich verkosten konnte. Buttertee ist ein Gemisch aus Butter, schwarzem Tee und Salz und schmeckt nicht so schlecht, wie ich erwartet hatte, trifft aber nicht unbedingt meinen Geschmack.
Die weiteren Lodges waren durchweg recht gut, wobei man hier allerdings keine europäischen Maßstäbe ansetzen darf. Wir hatten 2er- Zimmer - zwei Betten - jeweils rechts und links an der Wand mit einer mehr oder weniger komfortablen Matratze auf der Liege. Komfort waren evtl. vorhandene Nägel oder Haken in der Wand zum Spannen einer Wäscheleine. Die sanitären Einrichtungen verdienen diese Bezeichnung nur bedingt. Anfangs gab es fließendes Wasser – später Wasserbehälter mit Henkeltöpfchen zum Spülen und das Wasser im nichtgefrorenen Zustand.
Unser Essen für die gesamte Tour setzte sich aus den nachfolgenden Mahlzeiten zusammen, wobei im Vorfeld gesagt werden muss, dass sich die Gruppe vor jeder Mahlzeit versucht hat, auf eine Speise zu einigen. Dies ist notwendig, um die Pausen nicht unnötig in die Länge zu ziehen, da alle Mahlzeiten frisch zubereitet werden und die Feuerstellen begrenzt sind. Es gibt weder Gas- noch Elektroherde, nur einfache offene Feuerstellen. Darüber hinaus verträgt der europäischen Magen nicht alle angebotenen Speisen.
Also sah der Speiseplan wie folgt aus: Zum Frühstück gab es Tibetian Bread, ein in der Pfanne in Öl zubereiteter Fladen, der von lecker bis Pappkarton alles sein konnte, ebenso war der Geschmack. Gegessen wurde das Ganze mit Marmelade oder Honig. Das Mittagessen bestand aus RaRa-Nudelsuppe, einer gewöhnlichen Tütensuppe, mit Gemüse angereichert und mehr oder weniger gut gewürzt. Zum Abend konnten wir wählen zwischen gebratenen Nudeln, gebratenen Reis und Dal Bhat (Nachschlag!). Insgesamt waren die Mahlzeiten immer eine sehr übersichtliche Angelegenheit.
Abwechslung bot die Getränkekarte – es gab zwar immer Tee, jedoch in wechselnden Geschmacksrichtungen. Besonders hervorzuheben ist hier der erwärmte Frucht-Saft (z. Bsp. Hot Mango Tea), der nach entbehrungsreicher Zeit einfach nur vorzüglich geschmeckt hat. Ansonsten fiel die Wahl zumeist auf Black Tea (2 Beutel auf zwei Liter) und auf Lemon Tea, ein Instand-Gemisch mit Zitronengeschmack. Den Viel- und Gernessern forderten die körperlichen Anstrengungen Tribut und so erweiterten wir den Speiseplan manchmal durch Kekse für zwischendurch. Es gab genau zwei Sorten davon: mit Kokos-Geschmack und ohne. Zum Glück hat der Appetit ein wenig nachgelassen, je höher wir gekommen sind. Irgendwann bei allem auf und ab sind wir Richtung Norden, also Richtung hohe Berge, abgebogen und ab da ging es tendenziell nur noch bergauf. Nach 10 Tagen sind wir in Namche Bazar angekommen. Ein Ort, von dem ich immer wieder gelesen und mir Bilder angesehen hatte … jetzt konnte ich ihn endlich persönlich in Augenschein nehmen - ein Traum ging in Erfüllung.
In Namche Bazar stellte uns Olaf eine langjährige Bekannte vor, eine Tibeterin, die dort einen Souvenir-Shop betreibt und die er alljährlich auf seinen Touren regelmäßig besucht. Sofort meldeten sich vergessen geglaubte Shopping-Bedürfnisse und wir erwarben schon mal diverse Mitbringsel, bevor wir in die „deutsche“ Bäckerei von Namche Bazar eingefallen sind und mal ausgiebig Kuchen, Kekse usw. geschlemmt haben.
Nach einer Übernachung in Namche Bazar sind wir in die richtige Einsamkeit aufgebrochen. Das nächste Ziel war Thame auf einer Höhe von 3800 Meter. Vorher besuchten wir tibetische Nonnen der Khari Gompa, die für uns eine Puja, eine Art Gottesdienst, gehalten haben. Die Landschaft wurde von nun an immer karger, die Ausblicke imposanter, die Berge höher und die Bedingungen härter. Vor unserer Passüberschreitung über den 5360m hohen Renjo-Pass hatten wir einen Ruhetag in einem Ort namens Lungdhen in der absoluten Einsamkeit.
Hier möchte ich auf eine Tatsache eingehen, die ich bei der Reiseplanung vollkommen außer Acht gelassen hatte. In einer Lodge anzukommen, heißt Zeit zu haben– viel Zeit. Die Unterkunft ist schnell bezogen: Schlafsack aus dem Rucksack raus und fertig. Manchmal stand noch Körperpflege auf dem Programm, meistens war das Abendessen das einzige Highlight, welches allerdings schnell vorüber war, weil wir einfach Hunger hatten. Dann wurde der Kanonenofen angeheizt, wir konnten unsere Vorderseite aufwärmen, mussten dann aber sehen, das wir relativ zügig in den Schlafsack kamen. Denn
war man einmal ausgekühlt war, standen die Chancen für die Nacht ziemlich schlecht, den Schlafsack kurzfristig warm zu bekommen (es gibt natürlich Möglichkeiten, aber die hat Olaf nicht zwangsläufig bekannt gegeben).
Ich sammelte also elementare Erfahrungen, vor allem über Dinge, über die ich mir im Vorfeld absolut keine Gedanken gemacht hatte. Es gibt kein Buch, keinen Fernsehgerät, keine Zeitschrift, keine Unterhaltung – nur die Reisegruppe und mit der war man schon die ganzen Tage unterwegs –irgendwann ist mal alles gesagt. Wenn ich dann gegen 21 Uhr in meinen Schlafsack gekrochen bin, stand eine lange Nacht bevor – schlafen in der Höhe ist von vielen Unterbrechungen begleitet. Soviel nur am Rande, das sind Erfahrungen, die man eben machen muß, wenn man eine solche Reise unternimmt.
Passüberschreitung Renjo-Pass
Gegen 5 Uhr war wecken, der Blick nach draußen bestätigte, dass der am Vortag eingesetzte Schneefall sich bis in die Abendstunden fortgesetzt hat,. Es gab ca. 10-15 cm Neuschnee, das ist nicht viel, genügte aber, um den Weg beschwerlich zu machen. Olaf heuerte einen zusätzlichen Sherpa, unseren Hüttenwirt an, der den Weg auch jenseits des Passes bei Neuschnee kannte. Aufbruch war um 6.30 Uhr bei –12 °C. Das Laufen war von Beginn an anstrengend – vor uns lagen ca. 1000 Höhenmeter. Der Paß rückte irgendwann ins Blickfeld, aber die Höhe zollte ihren Tribut – wir kamen nur sehr langsam vorwärts. Gegen 12.30 Uhr kam Olaf zu dem sehr langsamen Teil der Gruppe und besprach mit uns eine eventuelle Umkehr, da der Weg noch weit und die Zeit knapp werden könnte. Aber wir wollten nicht zurück …
Gegen 14.30 Uhr hatten wir unter größter Anstrengung die Passhöhe erreicht. Das war aber erst die Hälfte der Tour, nun mussten wir wieder ca. 700 Höhenmeter absteigen. Das Gelände war zuerst steil, der Schnee erheblich höher als beim Aufstieg und wieder und wieder sind wir bis zu den Knien eingesunken. Nach dem Steilstück kam eine nicht mehr so steile Passage mir Felsblöcken. Hier befanden sich unter dem Schnee Eisflächen und wir sind ständig ausgerutscht und gefallen. Irgendwann war auch das überwunden
Das Ziel Gokyo war bereits in Sichtweite. Jetzt ging der Weg an einem See entlang und hinter jeder Biege gab es eine neue Biege. Buchstäblich auf dem Zahnfleisch erreichten wir nach mehr als 11 Stunden unsere Lodge. Es war das Härteste, was ich in meinem bisherigen Leben unternommen habe – irgendwann habe ich nur noch funktioniert…
Auf den Fotos habe ich nachträglich gesehen, was wir für grandiose Ausblicke hatten. Die habe ich damals zwar gesehen, doch bis ins Bewusstsein sind diese nicht eingedrungen und vom Genießen derselben war ich ganz weit entfernt. Wieder etwas für das Konto Erfahrung, denn was uns nicht umbringt, macht uns härter … oder so ähnlich. In Gokyo änderten wir unseren ursprünglichen Tourplan. Eigentlich stand zwei Tage später der nächste – noch höhere Pass- auf dem Plan. Aber auf Grund der unbekannten Schneeverhältnisse und der vorangegangenen extremen Belastung, legten wir einen zusätzlichen Ruhetag ein und beschlossenen, die komplette Route abzuändern. Wir strichen die beiden weiteren geplanten Passüberschreitungen und sind nach dem Ruhetag 1000 Höhenmeter abgestiegen. Der weitere Weg führte uns nun über Phortse und Dingboche nach Chhukhung. Dort wollten wir als Highlight den Chhukhung Ri mit 5546 m besteigen.
In Chhukhung ist dann wirklich die Welt zu Ende, danach gibt es nur noch Berge und keinerlei weitere Zivilisation. Uns bot sich allerdings ein grandioses Panorama über die gigantischen Bergriesen dieser Welt und auf viele kleinere Berge. Dafür war die Lodge mit wenig Komfort gesegnet. Aber es gab eine warme Dusche, was auch wieder mal nötig war. Ansonsten war alles sehr spartanisch, unsere Träger mussten im Aufenthaltsraum schlafen und bekamen dafür eine sehr übersichtliche Anzahl an Decken (eine Decke für 2 Personen). Nach dem Untergehen der Sonne war der einfach verglaste Raum kalt, ziemlich kalt. Die Wärme des Kanonenofens heizte den Raum nur kurzzeitig auf, dann war der als Brennstoff genutzte Yakdung durchgebrannt und die Kälte kroch schnell durch alle Fenster und Wände.
Der Aufstieg auf den Chhukhung Ri gehört zu den Höhepunkten der Reise. Es war, ähnlich der Passüberschreitung, ein mühsames Unterfangen, die Höhe überhaupt zu erklimmen. Aus heutiger Sicht, ist es jenseits der Vorstellung, wie sich diese Schwere angefühlt hat. Ab einer gewissen Höhe ging es nur wenige Schritte vorwärts, dann musste ich erst mal stehen bleiben und verschnaufen – Luft holen, den inneren Schweinhund besiegen und weiter – die nächsten paar Schritte. Kurz vor dem Gipfel soll der Weg sogar recht schmal gewesen sein – mein Tunnelblick hat das nicht mehr wahr genommen und mein Geist hat es nicht realisiert – ich war nur auf das Ziel fixiert. Nach drei Stunden Aufstieg war der Gipfel erreicht. Sofort fiel alle Anstrengung ab - das Panorama war einfach überwältigend. Wir hissten unsere mitgebrachten Gebetsfahnen, fotografierten in die Runde und bestaunten die Aussicht.
Der Rückweg von Chhukhung führte uns über das Kloster Tengpoche, der Ort, von dem es viele bekannte Fotos gibt, bei denen im Vordergrund das Kloster und im Hintergrund der Everest zu sehen ist. Hier übernachteten wir in einer Lodge, in der der Tourismus schon Spuren hinterlassen hatte, denn zum Essen wurden Servietten gereicht. Erwähnenswert ist aber, dass ich hier morgens von meinem Schlafplatz aus dem kleinen Fenster direkt den Everest sehen konnte – ein Blick, den ich sicher so schnell, wenn überhaupt noch einmal, nicht wieder haben werde. Hier wurde ich schon ein bisschen andächtig. Das nahende Ende und die Tragweite meiner Reise rückte mir erstmals wieder ins Bewusstsein. Die nun folgende Route nach Namche Bazar führte uns nun über einen Weg, der als der schönste Weg der gesamten Region beschrieben wird. Der Blick fiel immer wieder zurück auf die vielen schönen hohen Berge inklusive dem Everest. Und davor stand – klein und unscheinbar – unser Berg, auf dem wir ganz oben standen und trotzdem noch weit unten waren. Schon zu diesem Zeitpunkt war es unvorstellbar, dass der Aufstieg so mühsam gewesen sein soll.
Immer wieder auf unserer Tour trafen wir unterwegs nepalesischen Träger mit ihren gigantischen Lasten. Sie tragen das doppelte ihres eigenen Körpergewichts und gehen mit in ihrem leichten Schuhwerk scheinbar mühelos auf den wenig komfortablen Wegen und Pfaden. Uns wurde immer wieder bewusst, dass alle Waren und Güter hier nur auf zwei bzw. auf vier Beinen transportiert werden. Es gibt keine andere Möglichkeit, keine Straßen, keine Autos, keine Bahnen.
Wieder in Namche Bazar angekommen, tätigten wir letzte Einkäufe, besuchten die örtliche, deutschartige Bäckerei und zum krönenden Abschluss gab es die einzige Fleisch-Mahlzeit der Tour: ein Yak-Steak mit Kartoffeln und Gemüse. Es hat hervorragend geschmeckt, hätte aber gern doppelt so groß sein können.
Am Folgetag ging es auf einer anstrengenden Etappe bis nach Lukla. Der Ort war eine ziemliche Enttäuschung. Der Weg zur Lodge führte quer durch die Stadt und zeigte viel Elend, Schmutz und Volk. Unsere Lodge befand sich gegenüber dem Flughafengebäude. Weniger als eine Minute Gehzeit zum Flughafen hat man sicher nur selten auf dieser Welt. Eine Tatsache, die am nächsten Morgen von Bedeutung war. Olaf ist es auf Grund seiner Kenntnisse und Beziehungen gelungen, für uns den ersten Flug des Tages zu chartern. Kurz nach sieben Uhr landete unsere Maschine und alles ging ganz schnell. Ankommende Passagiere raus aus der kleinen Propellermaschine – die neuen Passagiere rein (also wir) und schon ging es wieder los. Kurz vor 8 Uhr waren wir bereits zurück in Kathmandu und wurden zum Hotel gebracht.
Nun gab es erst mal eine große Überraschung. Das Hotel, welches uns zu Beginn der Reise wie ein in die Jahre gekommener Altbau erschien, war jetzt zum erstklassigen Luxushotel mutiert. Wir hatten richtige Zimmer mit echte Betten, es gab fließend Warm- und Kaltwasser, sogar mit Badewanne bzw. Dusche. Wir hatten eine richtige Toilette mit Wasserspülung, zumeist Strom und überflüssigerweise sogar einen Fernseher. So kann sich innerhalb kürzester Zeit die Sichtweise auf Dinge ändern.
Nun hatten wir noch drei ganze Tage in dieser Stadt und besuchten die bekannten Sehenswürdigkeiten wie Swanyambhu, Patan, Paschputaninath und Bakhtapur. Man muss es mögen: buddhistische Tempel, hinduistische Tempel und allgegenwärtig Tigerbalm-Verkäufer. Die Stadt ist laut, schmutzig und es riecht – ein Geruch den ich noch jetzt in der Nase habe. Aber interessant war es dennoch. Insbesondere beeindruckte mich die Tatsache, das dass alles zur gleichen Zeit auf der gleichen Erde passiert. Während wir in im Überfluss und Wohlstand leben und dabei häufig unzufrieden sind, reicht am anderen Ende der Welt der Strom nicht aus, um die Hauptstadt rund um die Uhr zu versorgen. Und die Menschen machen keinesfalls ein unglücklichen Eindruck. So viel Freundlichkeit und Gelassenheit ist in Europa mit all seinem Wohlstand nur schwer zu finden.