Sonntag 4. Juli 2004
Mit neuen, guten Vorsätzen, für einen entspannten Wanderbeginn und Ausklang, beginnen wir unsere Hüttentour wie gewohnt mit einer Nachtfahrt. Marianne und Franz -Josef Schmitz und Josef und Elfriede Hövel. Mit vier möglichen Fahrern gehen wir die Fahrt gelassen an. Die Männer in ihrem Refugium im Wagenfond, wir gelöst als Ersatzfahrer auf den Rücksitzen.
Langsam beginnt es Tag zu werden, die "Sonn ob Stippe", lukt durch die Wolkenschichten. Ein Fotomotiv ohne gleichen. Als wir in Schönau 600 m ankommen hat die Sonne fast alle Wolken vertrieben. Unseren Vorsatz einhaltend, fahren wir erst einmal gemütlich zum Zielpunkt unserer Wanderung, dem Königssee. Wir schlendern durch die soeben erst aufgewachte Geschäftsstrasse bis hinunter zum See.
Von hier ist die Sicht eher spärlich, nur das Hafengelände ist einzusehen, eingeschlossen in die steile Bergwelt. Also erkundigen wir uns nach den Boots Abfahrtszeiten an den Anlegern, schauen hier und schauen dort und stehen auch schon wieder am Auto. Die Fahrkleider werden gegen Wanderkleidung getauscht. An unserem Wanderstartpunkt setzten wir Josef schon mal mit samt allen Rucksäcken aus und unser Auto stellen wir bei der Zimmerwirtin unseres Ausklangs ab. Nun heißt es für uns zurück gehen, damit der Bus uns nicht vor der Nase abfährt. Aber schnellen Schritts sind wir die Anhöhe hinunter, nehmen unsere Rucksäcke auf und fahren mit dem Bus zur Wimbachbrücke. Die Rucksäcke geschultert und ab geht's bergauf bis zum Abzweig Wimbachklamm 700 m. Mit einem Eintrittsobolus gehen wir durch die Klamm. Auf Stegen und Treppen, ständig umgeben vom tosenden Bach. Mal schäumend dann wieder gemach rauscht das Wasser unter und neben uns. Nachdem wir die Klamm hinter uns gelassen haben nimmt die Sonne uns in Empfang. Der breite Weg, kontinuierlich ansteigend. Schusternagele, Waldhyazinthe und Teufelskralle strecken ihre Blüten der Sonne entgegen. Am Jagdschloss der bayrischen Könige -Wimbachschloss 937 m - gönnen wir uns eine erste Trinkpause. Das Gries wird breiter und neben uns heben sich mächtig die Massive von Watzmann und Hochkalter empor. Wie eine schiefe Ebene liegt das Gries zwischen den begrenzenden Felswänden. Eine kleine Hütte bietet Schatten zur Trinkpause und "Hasenbrotjause".15 Min. bleiben zum Umschauen und genießen, dann gehen wir weiter über den gewaltigen Schuttstrom. Klamm und Gries gehören zu den besonderen Leckerbissen des Nationalparks. Über einem kleinen Wäldchen blinzelt die im Wind wehende Fahnenspitze und verrät: Wir sind am Tagesziel, die Wimbachgrieshütte 1327 m steht nach wenigen Minuten einladend vor uns.
Die knapp 3 Std. leichte Gehstrecke und 727 Höhenmeter waren das richtige Einstiegspensum. Aber trotzdem, das Radler zischt, als es durch unsere Kehlen läuft. Warmes Wasser und ein 4 Etagenbett Zimmer, wir schwelgen im Luxus.
Die Hüttengäste bestaunen wie wir, die handgefertigten Wetterstationen der Hüttenterrasse. Am Abend bestückt der Hüttenwirt den Grill, aber kaum sind die Köstlichkeiten verspeist zwingt ein Regenguss in die Stube. Ein riesiger Regenbogen umspannt die Bergspitzen. Auch hier oben auf der Hütte packt die Männer das Fußballfieber. Für das Fußballendspiel werden Beamer und Leinwand aufgebaut. Für uns ist nach der Halbzeit Sendepause. Die Ruhe unseres Zimmers lockt.
Montag 5.Juli 2004
Wandererzeitig bedienen wir uns am bereitgestellten Frühstücksbüffet. Dann wird es aber auch Zeit sich auf den Weg zu machen. Ein Hüttenbucheintrag, ein Foto noch und wir verlassen im Sonnenschein die Hütte. Das Gries schlängelt sich, schmäler werdend bergauf. Immer wieder um uns schauend gehen wir höher. Alpenküchenschelle und Salomonsiegel leuchten mit ihren weißen Blüten im grünen Gras. Mal im Pfad, mal breiter geht der Weg hoch in Serpentinen und am Fels vorbei. Irgendwo zwischen den Bergspitzen ist unser Durchgang, aber wo? Von hier unten lässt es sich nicht ausmachen. Wir steigen höher, auf sorgsam gepflegten Pfaden und Brücken. Ein wettergebeugter Wegweiser am Abzweig. Wir gehen den Weg 411 nun steil hoch bis zur Wetterstation Trieschübel 1754 m. Eine Verschnaufpause zum trinken und umschauen. Auf einem Stein, in Augenhöhe, eine Alpenaurikel. Mit ihrer gelben Blütendolde wächst sie in einer Hand voll Erde. Es geht weiter bergauf, wir überschreiten ein Schneefeld. Gehen auf Pfaden und dann wieder in Schneefelder.
Der Übergang vom Stein in ein Schneefeld hat es in sich. Von der Sonne und den aufgewärmten Steinen gut angetaut ist die Schneedecke trügerisch. Ehe man sich versieht sitzt man bis zum Hosenboden im Schnee und kann nur schwierig wieder raus. Oben am Trieschübelpass 2188 m. ein enormer Blick über die Berchtesgadener Bergwelt mit der Schönfeldspitze, wie ein Sprenkelfeld mit Schnee bedeckt das Steinerne Meer. Nun geht´s bergab, aber die roten Markierungspunkte liegen teilweise unter dem Schnee. Nun zeigen die Männer ihre Begabungen. Der eine mit viel Orientierungssinn, der andere beweglich wie ne Gams, landen wir auf dem richtigen Pfad.
Die Schneefelder hinter uns gelassen, am Abzweig zum Kärlinger Haus 2010 m., wird es Zeit zum Mittagsimbiss. Hoch droben sehen wir unser Tagesziel, das Ingolstädter Haus und wer meint den Schnee hinter sich zu haben, der irrt.
Aber erst, am Fuße des großen Hundstod, werden die Rucksäcke erleichtert, man staunt was da für Leckereien zum Vorschein kommen.
Steinmückel und Frühlingsenzian haben ihre Blüten hier oben schon geöffnet und während wir speisen ernten sie unsere Bewunderung. Wir machen uns auf zur Hütte und flott sind wir wieder in den Schneefeldern. Ohne große Scheu kommen Gamsen bis in Steinwurf nähe.
In knapp 6 Std. Gehzeit und 1148 Höhenmetern erreichen wir im Sonnenschein das Ingolstädter Haus. Nun erst mal den Rucksack und die Schuhe aus und die faszinierende Bergwelt genießen. In der Hütte wird renoviert, die halbe Stube steht auf der Terrasse. Das tut unserer Laune aber keinen Abbruch, bei Radler, Kaas und Schnapsel aus dem Rucksack, ratschen wir über die Tageserlebnisse. Später können wir unsere Nachtlager in Beschlag nehmen und zur Hüttenkleidung wechseln. Draußen wird es fies kalt. Eine Kuriosität am Rande, zum Waschraum für Frauen geht´s durch den Waschraum für Männer.
Ein gutes Essen, ein "Nachtisch Kaiserschmarrn" und mit einer Lehrstunde im Doppelkopfspiel beenden wir den Tag.
Dienstag 6.07.04
In der Nacht ging ein ordentliches Gewitter nieder, nun ist es wieder fast wolkenlos. Das kalte frische Wasser macht Superfrisch, und der Frühstückstisch, festlich mit Kerze gedeckt. Ein Geburtstagskind weilt unter uns, deshalb wird aber nicht länger gefrühstückt. Unseren vorgesehenen Weg durch das Steinerne Meer müssen wir wegen des Schnees ändern. Der Eintrag ins Hüttenbuch, dann werden die Schuhe geschnürt und der Rucksack geschultert. Unmittelbar stehen wir wieder auf dem Schnee. Auf gleichem Weg gehen wir ein Stück zurück, bis zum Abzweig zum Kärlinger Haus 2010 m. Bis hierher haben wir vom Königsee noch nichts gesehen. Der versteckt sich tief im Bergtal. Auf schönen Pfaden gehen wir auf und ab, mal steil im Zickzack über und um Steine herum hinunter, gesäumt von Berghängen, übersät mit Trollblumen. Blütenköpfe wie Tischtennisbälle, so groß. Die Sonne hat sich hinter den Wolken versteckt, das tut unserem Schwitzen aber keinen Abbruch. Vor Mittag erreichen wir das Kärlinger Haus 1631 m., am Funtensee, begrüßt von den Hüttenhunden. Der Funtensee, der kälteste See Deutschlands er liegt in einer Doline, einer trichterförmigen Vertiefung die durch den Einbruch einer Höhle entstanden ist.
Hütte und See liegen in der nutzungsfreien Kernzone des Nationalparks. Mit Radler und einer teuren und dünnen Suppe machen wir Mittagsrast. Vor uns liegt noch ein langer Weg, deshalb machen wir uns auf .
Wir beobachten Enzianstecher bei der Arbeit, tauchen ein in ein ausgedehntes Waldgebiet, der hier im Nationalpark so aussieht wie unser Nationalparkwald mal werden wird. Sich total selbst überlassen, umgefallene, bemooste, mit Baumpilzen übersäte und faulende Baumstämme. Es beginnt zu regnen und wir sichern unsere Rucksäcke gegen das feuchte Element. Aber die Tour geht weiter.
Der Dauerregen verwandelt den Steig in einen Bachlauf. Schwer vor Nässe hängen Äste und Gras im Weg und mit jedem Vorbeistreifen nehmen unsere Hosen und Jacken die Nässe an. Ein Dauertest für Jacken und Schuhe. Steine und Wurzeln glitschig, wie eingeseift. Die Sicht ist natürlich auch futsch, dichte Schwaden um uns herum, da bleibt nur, einfach durch. Der Wald verwunschen, in ein intensives Grün getaucht, man meint hinter jedem Ast und Baum könnte Augenblicklich ein Troll hervor springen. Bei trockenem Wetter, wie auch in Büchern wunderschön beschrieben, bestimmt ein wunderbarer Weg! Über zahlreiche Holzstufen geht es bald abwärts. Dann wieder hoch. Die Konzentration liegt voll auf dem Weg. Den Grünsee 1476 m. bekommen wir gar nicht richtig mit. Aufwärts, über mehrere Kehren stehen wir am Abzweig Saletalm 1525 m. Da ist es ja direkt schön, wenn man noch mal sieht wo man ist! Es geht weiter aufwärts und von uns vier so richtig bematscht, fotogenen mache ich in einer Regenpause, ein Foto.
Es geht abermals treppauf im Zickzack. Von Sicht keine Spur oben am Sattel 1718 m. Nun geht es bergab. In der Ferne hört Josef Motorsägen das verrät uns, es kann nicht mehr weit sein.
Endlich, es ist 17°° h, da sehen wir die Wasseralm 1416 m. liegen. Unsere Tagesetappe 881 Höhenmeter und 7 ½ Std. Aber was ist da los? 18 Schüler einer 13. Klasse sind schon da. Alle trockenen Plätze um die Hütte sind besetzt. Es hilft alles nichts, der Rucksack muß runter. Der Hüttenwirt liest in unseren Gesichtern, er zeigt uns eine kleine Kemenate, so grade groß genug für 4 Schlafplätze. Schnell sind unsere schweißnassen und verregneten Kleider gewechselt und wir fühlen uns besser. In der kleinen Hüttenstube hängen wir die nassen Sachen zu den anderen, über den Tischen. Die Stube gleicht einer Trockenkammer. Die Hüttenwirtin zaubert eine Gourmet - Gemüsesuppe. Einige der Schüler sind froh Doppelkopf Mitspieler gefunden zu haben und so ist der Abend gesichert. Punkt 22°° h ist Hüttenruhe.
Mittwoch 7.07.04
Die Nacht war wunderbar, bis die Kramerei anfängt und es Zeit wird am Brunnenfließwasser sich "fit" zu machen. Heute Morgen zeigt sich dieses Idyll, die Wolken sind verschwunden und geben die Sicht auf die Bergwelt frei, so als sei es nie anders gewesen. Gefrühstückt wird in zwei Etappen. Die Schuhe sind trotz Ofen immer noch nass, aber es hilft nichts, wir müssen da hinein. Die Rucksäcke geschultert und wir starten in die neue Wanderung. Gleich hinter der Wasseralm geht der Weg 416 wieder in den Wald. Nur kurz bergauf und gleich wieder bergab, am Rande der Felswände. Und nach einer Stunde Gehzeit können wir den Königsee erahnen, Wolkenbedeckt. Nur 10 Minuten später zeigt sich der Obersee in seiner ganzen Schönheit. In vielen kurzen Kehren, wieder sehr gut präpariert mit viel Holz, verlieren wir schnell an Höhe. Eine urige Treppe, seilgesichert. Am Wildtörl 1290 m. zeigt sich der Königsee wieder in seinen Kessel. Wir steigen bergauf, unter der Hanauerlaubwand durch den Lantalgraben. Vorbei an Ruinen der Lantalalm 1432 m. Wir machen Rast an der verfallenen Mitterhüttenalm 1630 m. Zu unseren Füßen, durch die Steinritzen zwängt sich die Einbeere. Unterhalb der Laafeldwand geht der Weg über eine neue Brücke, mäßig ansteigend. Wir haben den fast höchsten Punkt unserer Tagestour, 1700 m. erreicht und der Blick wird frei zum Hochkönig und Funtenseetauern, ein Panoramablick sonder gleichen. Es geht bergab in den schattigen Wald, dem Reitweg, leicht, mal auf mal ab. Auf einem Hügel sehen wir sie, die Gotzenalm 1678 m. Es ist erst Mittag, deshalb beschließen wir beim Radler, die Tour weiter zu gehen, es ist noch so früh am Tag. Also wird nach 20 Minuten eingepackt und weiter gegangen. Den Aussichtpunkt zum Königssee wollen wir nicht verpassen und gehen hoch bis zur Anhöhe Feuerpalfen 1741 m., aber der Aussichtspunkt ist noch ein gutes Wegstück bergab. In schwindelnder Höhe liegt er unter uns, der Königssee. Das Kirchlein Bartholomä, wie ein Puppenhaus, an seinem Ufer. Wieder oben gehen wir auf dem Split Fahrweg steil bergab. Dunkle Wolken zeigen sich am Himmel. Am Wegrand Germer wohin man schaut. Dieser steile Weg geht mächtig in die Beine, da zeigen die Stöcke ihr können. Den Versuch einen Pfad hinunter, brechen wir ab und gehen wieder auf den Fahrweg. Und immer weiter gehen wir bergab, da muss man mal umdrehen und die Füße in die andere Richtung drehen. Vielleicht schaffen wir ja die letzte Seilbahn von der Mittelstation ins Tal, in der Ferne sehen wir den Weg.
In der Königsbacheralm1240 m., erfragen wir die Abfahrzeiten, aber die letzte Bahn wird weg sein bevor wir oben ankommen. Also machen wir erst mal Rast bevor wir weiter bergab gehen. Unser Handy hat Empfang und Franz Josef überrascht unsere Wirtin mit unserem Kommen. Wir bleiben auf dem steilen Fahrweg. Ab und zu gibt der Wald die Sicht auf den See frei, der immer näher rückt.
Nach 8 ½ Std. Wanderzeit und 1748 Höhenmetern kommen wir im Tal an. Das Bärenstübel liegt an unserem Weg zur Bushalteselle, da kehren wir ein und verkürzen die Buswartezeit mit ´nem kühlen Radler. Mit dem Bus fahren wir bis Berchtesgaden und warten auf den Anschlussbus bis Schönau. Die Steigung bis zu unserem Auto meistern wir auch noch spielend. Unsere Schuhe sind noch nass, die brauchen jetzt erst mal Luft und Sonne. Und wir freuen uns auf die Dusche und ein schönes Essen.
Nun bleiben uns sogar zwei Tage Ausklang, aber nicht zum Faulenzen, sondern mit Programm.
Der Königssee, einfach ein muss. Wanderabschnitte bestaunen wir nun vom See aus.
Das Kehlsteinhaus und der Obersalzberg mit dem neuen Dokumentationszentrum des dritten Reiches. Und letztendlich Berchtesgaden mit seinen Lüftelmalereien, prächtigen Häusern und Sehenswürdigkeiten.