Servus Bergfreunde,
2008 ging es für mich direkt zweimal in die Berge. Nach der Tour mit meinem Vater konnte ich vier Freunde für die Berge begeistern. Ich beschloss mit ihnen ins Kleinwalsertal zu fahren, um sie mit den Kalkriesen vertraut zu machen. Die Anfahrt verlief relativ unspektakulär. Der übliche Stop and Go-Verkehr auf den Autobahnen des Südens machte uns nichts aus. Gegen Mittag kamen wir dann in Riezlern an. Dort haben wir eine Ferienwohnung gemietet. Es gab direkt Familienanschluss mit netten Gesprächen. Man wunderte sich, dass so junge Leute zur Sommerfrische eintrafen. Als erstes verstauten wir unser Gepäck, richteten uns wohnlich ein und wurden noch in das lokale Mülltrennungssystem eingeführt. Da sind die Österreicher etwas strenger als hierzulande. Nach diesem kleinen Exkurs sind wird in Riezlern einkaufen gewesen, um abends doch essen zu gehen, weil die Anreise uns alle etwas geschlaucht hatte.
Den ersten Tag nutzten wir zur Akklimatisation für eine leichte Wanderung von Riezlern über die Auenhütte hinauf zur Schwarzwasserhütte. Der Weg führte entlang vieler kleiner Bäche und Wasserfälle und sorgte bei meinen Freunden für Begeisterung. Auf der Auenhütte tranken wir etwas und gingen dann weiter durch Kuhweiden, auf denen das Braunvieh mit obligatorischen Kuhglocken stand, vorbei an Felsen bis zur Melköde. Meine Freunde dachten, dies wäre unser Ziel. Doch als ich ihnen sagte, dass sie nun den Berg weiter hoch müssten, gab es Protest. Nach etwas Überredungskunst kämpfte man und frau sich den Berg hinauf. Oben waren alle über ihre Leistungen froh. Auf der Schwarzwasserhütte gab es zu essen und zu trinken, bevor wir mit dem Abstieg begannen.
Am nächsten Tag wanderten meine beste Freundin und ich von der Kanzelwandstation über das Fellhorn zum Söllereck. Dann stiegen wir ab, da ihr Freund leider Knieprobleme und den leichten Abstieg von der Schwarzwasserhütte nicht verkraftet hatte. Leider sind wir erst mittags aufgebrochen, da wir noch einkaufen mussten. Als wir aus der Kanzelwandbahn ausgestiegen, haben wir den Blick ins Tal genossen und sind langsam zum Gipfel der Kanzelwand gestiegen. Da meine Wanderpartnerin nicht so schnell war, machten wir immer wieder kleine Pausen. Tapfer erstieg sie zum ersten Mal in ihrem Leben einen Berggipfel. Da wir immer etwas Pause machten, hatte ich Zeit vom normalen Weg abzuweichen und etwas herumzukraxeln. Dies führte dazu, dass ich auf einmal unvermittelt auf dem Kanzelwandklettersteig stand. Die Ferraristi schauten mich wie einen Alien an und ich guckte bestimmt genau so. Denn ich wusste zwar, dass zwei Klettersteige zur Kanzelwand hoch führten, hatte aber nicht damit gerechnet, dass diese in so einfachem Gelände verlaufen - das gilt übrigens nur für den Kanzelwandklettersteig und nicht für den Zwei-Länder-Sportklettersteig! Als wir von der Kanzelwand abgestiegen waren, mussten wir uns durch eine sehr unansehnliche Baustelle Richtung Fellhorn kämpfen, erstiegen aber auch diesen Gipfel ohne große Probleme. Der Weg zum Söllereck zog sich etwas hin, doch die schönen Blumen entschädigten für alles. Leider waren wir so spät dran, dass die Söllereckbahn nicht mehr fuhr. So stiegen wir ganz altmodisch per pedes ab. Auf der harten Teerstraße machten sich meine Leiden aus dem Kaisergebirge wieder bemerkbar und ich durfte mein linkes Bein wieder hinter mir herziehen.
So machten wir am nächsten Tag alle drei eine Zwangspause und fuhren morgens nach Oberstdorf, um uns die Stadt und die Skisprungschanze anzugucken. Empfehlenswert!. Oberstdorf hat trotz des großen Touristenansturms einen gewissen Charme, wenn man weiter in die Stadt hineinfährt. Nach ein paar Stunden suchten wir uns ein schattiges Plätzchen, aßen zu Mittag und besuchten die Skisprungschatze. Ich muss sagen: RESPEKT an alle Menschen die sich trauen von dieser Rampe zu springen. Wenn man von oben guckt, wird einem dabei schon etwas mulmig und ich habe nun weiß Gott kein Problem mit der Höhe.
Am nächsten Tag waren die beiden anderen immer noch nicht ganz fit und machten einen Ausflug zum Walmendinger Horn. Ich hatte so Zeit eine Tour nach meinen Ansprüchen zu machen. Das hieß konkret dem Wächter des Kleinwalsertals, dem Hohen Ifen, aufs Haupt zu steigen, über das Gottesackerplateau zum Marttahl zu laufen und durch dieses nach Riezlern abzusteigen. Unser Gastgeber warnte mich, dem Führer zu folgen und die Tour andersherum zu machen. Aber leider musste ich die Tour aus organisatorischen Gründen so herum gehen. Mein Freund fuhr mich also zur Ifenstation. Droben angekommen ließ ich schnell die Tagestouristen zurück und kam rasch nah an den Ifen über einen groben Steinweg heran.
Seine Majestät der Hohe Ifen
Dann machte der Weg einen Knick nach links und ich stieg durch grobes Blockwerk langsam der Ifenwand entgegen. Dort führte ein pfiffig angelegter Weg der Ifenwand folgend nach oben. Ein Schild machte darauf aufmerksam, dass der Weg nur für Geübte sei, was angesichts einer Breite von teilweise nur einen Meter und Kletterstellen im ersten Grad Sinn macht, wie sich später noch zeigen sollte. Ich folgte also dem Weg nach oben und war begeistert von der Tiefsicht, die sich teilweise nur einen Meter neben mir auftat. Mit jedem Meter Höhengewinn bekam man ein besseres Bild vom Gottesacker, der sich vor dem Hohen Ifen ausbreitet. Fantastisch! Nach einigen Gehminuten kam ich an versicherte Stellen und musste ein wenig kraxeln – welch ein Vergnügen. Als ich dann die Kante des Ifenplateaus erreichte, pfiff mir ein unangenehm kalter Wind entgegen. Die Höhenmeter, die ich nach hier oben gemacht hatte, machten sich doch bemerkbar. Logisch, denn die Faustformel sagt ja: je 100 Höhenmeter ein Grad weniger. Ich stieg über den Grashang Richtung Gipfelkreuz, kam ein paar Altschneefelder (im August) später dort an und genoss die gigantische Aussicht in die Wand des Ifen und über das Gottesackerplateau.
Nachdem ich das obligatorische Gipfelfoto gemacht hatte, stieg ich wieder nach unten. Ich hatte mir ausgerechnet, dass ich ca. gegen 18 Uhr wieder in der Ferienwohnung sein müsste. Ich hatte mich dementsprechend mit den anderen wieder verabredet. Auf dem Weg nach unten kam mir ein Mädel entgegen, welches mich vor dem Abstieg warnen wollte. Als ich ihr sagte, dass ich genau weiß, worauf ich mich einlasse, schüttelte sie nur verständnislos den Kopf. Denn es war nach Ihrer Meinung eine Quälerei dort hoch. Was dem einen der pure Horror ist, bereitet vielleicht einem anderen Menschen das pure Vergnügen.
Zurück in der Ifenwand passiert es dann, eine Touristin Marke Halbschuh steckte an der Kraxelstelle fest und wollte aus Angst weder vor noch zurück. Ich nehme an der Tiefblick in Kombination mit der Kraxelei war zu viel für sie – trotz bester Seilsicherung. Es entstand also ein beidseitiger Stau. Ein paar Minuten später kam zum Glück ein Bergführer mit seiner Gruppe und löste die Situation auf. Ich stieg dann weiter ab und lief Richtung Ifenhütte, um mir dort eine Kleinigkeit zu Gemüte zu führen. Auch hier ging es teilweise durch Altschnee. Nach der kleinen Stärkung wanderte ich dann über den Gottesacker eine wirklich tolle Felsformation. Nun verstand ich auch, warum man bei dichtem Nebel diesen Ort auf keinen Fall besuchen sollte. Denn der Gottesacker ist ein großes Felsplateau, welches mehr Löcher als jeder Schweizerkäse aufweist. Ein Steinfalltest bewies mir eine große Lochtiefe.
Ich überschritt also das gesamte Gottesacker und wurde mir auch im Laufe der Tour erst bewusst, wie sehr sich das ganze zieht. Fatal war die Tatsache, dass das gesamte Erdreich zwischen den Steinen matschig war und in Verbindung mit dem glatten Stein wie Schmierseife wirkte. Ich bin froh, dass ich trotz sehr vorsichtiger Gehweise nur einmal ausgerutscht bin. Dennoch hatte ich die Distanz der Tour unterschätzt. So kam es, dass ich mich irgendwann den Berg hoch und runter quälte, bis ich endlich ins Tal absteigen konnte. Der Abstieg war rutschig. Max, unser Gastgeber, sagte, dass dies auch der Grund wäre, warum die Einheimischen die Route anders herum gehen würden. Man würde sich nur das Knie versauen. Das konnte ich ihm dann auch bestätigtigen, denn im Abstieg habe ich irgendwann wieder das linke Bein hinter mir hergeschleift. Ich glaube, so viel wie bei diesem Abstieg habe ich noch nie in meine ganzen Leben geflucht. Abends haben wir dann alle wieder zusammen gekocht und Max trank mit uns allen ein Schnapserl. Er hätte gerne mit uns eine Tour gemacht, war aber leider zeitlich zu eingebunden – Schade.
Am letzten Tag des Urlaubs waren die zwei anderen wieder fit und wir fuhren in Oberstdorf zum Nebelhorn hinauf, um dann Richtung Laufbachereck zu wandern, kurz vorher aber abzubiegen und ins Oytal abzusteigen. Den Abstieg empfand ich als sehr angenehm. Er führt von der Nebelhornbergstation hinab zu einem See und ab dort ändert sich die Landschaft fast im Minutentakt.
Am See selber steht ein Schild, das darauf hinweist, dass der weitere Weg nur für Geübte ist. Im Grunde bedeutet es nur, dass der Weg versichert ist nach meiner Erfahrung; aber hätte Max uns nicht gesagt dass dieser Weg nicht sonderlich schwierig ist, wäre ich mit meinen Bergneulingen umgekehrt. Es stellte sich heraus, dass er die beiden mehr als genug fordern sollte. Wir stiegen also weiter ab und die Dame unserer kleinen Gruppe war ganz entzückt, dass sich bei ihrer Brotzeit eine Schmetterling auf ihrer Hand niederließ. Gegen Ende des Abstiegs kamen wir an einen Wasserfall vorbei, den wir prompt zur Abkühlung nutzen. Unten auf der Hütte tranken wir dann noch etwas und fuhren mit einem Taxi zurück nach Oberstdorf.
Fazit: Das Kleinwalsertal hat immer wieder etwas zu bieten und ist etwas ganz besonders mit seinen großen Grasbergen, die man alle gut erwandern kann. Unsere Gastfamilie war sehr freundlich. Riezlern ist ein schönes Dörfchen und von dort kann man mit dem Walserbus das ganze Tal bequem erkunden, auch einen Abstecher nach Oberstdorf machen (Achtung, nicht in der Walserkarte zu 100% enthalten). Wer Wasser mag sollte sich die Breitbachklamm bei Oberstdorf angucken. Sie ist gerade bei Hochwasser extrem beeindruckend und man wird sogar klitschnass, da von unten die Gischt vom tosenden Wasser hochspritz und von den Wänden permanent Wasser tropft. Ein echter Spaß! Für Klettersteiginteressierte gibt es mehrere Möglichkeiten. Den berühmten Hindelanger Klettersteig sowie den Mindelheimer Klettersteig, für sportlich ambitionierte den Zwei-Länder-Sportklettersteig, der allerdings keine gute Kritik im Internet bekommen hat. Im Gegensatz dazu steht der Kanzelwandklettersteig, der für Einsteiger 1A sein sollte. Unsere Biker waren übrigens mehr als begeistert vom Kleinwalsertal. Also kommen auch Drahteselfetischisten auf ihre Kosten. Bleibt noch zu sagen, dass die Region sehr kinderfreundlich ist, soweit ich das beurteilen konnte. Denn überall gab es etwas für Kinder, zudem sind die Kleinen wahrscheinlich genau wie die Großen von der Landschaft begeistert.