Nach einer Woche sonnigem Sportklettern in Arco, siehe Jugendfahrt, brechen Kai und ich auf in die Schweiz um eine Woche im ewigem Eis des Aletschgebietes zu verbringen. Kein geringer Kontrast von Meereshöhe und 35 Grad am Gardasee zu den Eisriesen des Berner Oberlandes. Vor den alpinistischen Schwierigkeiten gilt es zuerst die Beschilderungen der Autobahnen um Mailand zu enträtseln. Diese ist von konsequenter Unübersichtlichkeit und stellt mein frisch geschultes Orientierungsvermögen (Der letzte Lehrgang zum FÜL Hochtouren ist zwei Wochen her.) auf eine harte Probe. Mit Kais Hilfe an den Karten und einigen Extrarunden durch Mailand finden wir die richtige Autobahn gehn Norden und kommen am späten Nachmittag im Rhonetal an. Hier treffen wir Kais Bruder Lutz der zwecks Akklimatisierung einen Tauchkurs am Bodensee besucht hat und nicht über 1000 Meter Seehöhe aufsteigen sollte. Zumindest heute nicht. Nun denn.
Nach langem Rucksackpacken und unbequemer Nacht in und neben den Autos nehmen wir die erste Bahn von Fiesch auf die Fiescheralp und wandern Richtung Aletschgletscher. Da wir in der Konkordiahütte keinen Platz mehr bekommen haben, wir arme Schlucker sind und uns deshalb die unverschämt teure Jungfraujochbahn nicht leisten wollen und können müssen wir heute die Kleinigkeit von 1800 Höhenmetern und geschätzten 17 Kilometern bis zu Mönchsjochhütte aufsteigen. Akklimatisationstechnisch nicht ganz ideal, so von 0 auf 3650m, aber was soll’s. Fröhlich geht’s etwa neuneinhalb Stunden bergauf ehe uns der Vergnügungspark des Jungfraujochs mit indischen Filmcrews und japanischen Touristen empfängt. Die Hütte ist brechend voll, es ist schließlich ein Wochenende mit gutem Wetter und wir quetschen uns mit einer Schweizer Bergsteigergruppe an einen Tisch.
Ähnlich einsam fühlen wir uns am nächsten Tag auf dem Mönch, meiner ersten Führungshochtour und Kais erstem 4000er. Zwischen Schweizer Führern mit ihren Gästen, 7er Seilschaften im Modell „Gemeinsam in den Tod“ und zahlreichen anderen Bergsteigern wird es am Mönch nie einsam.
Kai wird von Kopfschmerzen und Kurzatmigkeit geplagt, kämpft sich aber tapfer rauf und runter. Trotz des Trubels ein schöner Berg und eine lohnende Tour.
Zurück auf der Hütte geben sich Kai und Lutz die Käseschnitte „Jungfrau“; etwa ein Kilo gebackener Käse mit einer schüchternen Scheibe Brot darunter und 10 Knoblauchzehen serviert. Ein Essen, das unterhaltsame Nächte im Hüttenlager garantiert.
Am nächsten Tag machen wir die Jungfrau, meiner Meinung nach die schönste Tour der Woche. Kai ist wieder auf dem Damm, Lutz sowieso topfit und erfahren und der Aufstieg verläuft super. Zügig und vor allem Sicher rauf und wieder runter, so sollte es sein. Die Sicherungstangen an der Jungfrau erleichtern die Führungsarbeit ungemein. Rechtzeitig vor der angekündigten Kaltfront sind wir zurück auf der Hütte.
Dienstag ist Ruhetag (natürlich unfreiwillig) und von warten auf Wetterbesserung bestimmt. Zum Glück stellt die Mönchsjochhütte zahlreiche Lustige Taschenbücher bereit, die uns keinesfalls zu kindisch sind. Mit Comiclesen und Gesellschaftsspielen mit Kristin, der aparten Hüttengehilfin, geht der Tag einigermaßen zügig vorbei. Beim Schach verliere ich etwa 5 mal gegen Lutz. Wenn’s nur nicht immer Obstsalat zum Nachtisch geben würde.
Mittwochs spazieren wir gemütlich zur Konkordiahütte hinunter. Fast ein weiterer Ruhetag.
Donnerstags geht’s in aller frühe los Richtung Groß Grünhorn. Trotz guten Vorankommens entschließen wir uns aufgrund einer nahenden Front und einiger psychischer Unsicherheiten die Tour auf dem Grünegghorn abzubrechen. Im Abstieg bleibt uns genug schönes Wetter zum Spielen. Also bauen wir ein paar Standplätze und T-Anker (Kai muss ausprobieren ob so was wirklich hält), und bouldern im Eisbruch herum. So kommt der Ausbildungsfaktor auch nicht zu kurz (zwar am Ende unserer letzten Tour, nach sämtlichen Anwendungsmöglichkeiten, aber was soll’s). Der Abend wird sowohl draußen als auch in der Hütte feucht, ich bin schon längst voll als Kai und Lutz immer noch mit Begeisterung Bier holen und der Hüttenwirt rettet mich auch nicht. Statt die Hüttenruhe durchzusetzen erklärt er uns wie man das Licht ausmacht (Birne rausdrehen). Vielen Dank.
Dem entsprechend spät machen wir uns am nächsten Morgen an den Abstieg. Im Nebel über den Aletschgletscher wandernd wird die Stimmung ein wenig unheimlich. Zum Glück fängt es erst eine halbe Stunde vor der Seilbahnstation so richtig an zu regnen.