Datum: 05. 08 2015
Autor: Francesca Klein
Wie jedes Jahr ging es auch dieses Jahr nach Südtirol in Urlaub. Einige leichte Wanderungen mit der Familie, dann ging es über in Tagestouren und dann das Highlight des Urlaubs. Mein Bekannter Rudi, der in Südtirol wohnt, hatte frei und wollte das Kaiserwetter ebenfalls ausnutzen. „Francesca, wo solls denn dieses Jahr hingehen?“ fragte er. Ganz ambitioniert sagte ich nur „auf den Ortler!“ und lächelte. Nicht lange gezögert und die Hochtour stand auf dem Programm. Alles Notwendige wurde besorgt, die Route über den Hintergrat wurde nochmals besprochen und auf der Hintergrathütte wurden zwei Schlafplätze reserviert. Es konnte also losgehen. Am Mittwoch, den 5. August 2015, wurde gegen 14 Uhr Richtung Sulden gefahren. Nach knapp 1,5h am Sessellift „Langenstein“ angekommen und es ging sofort auf 2330m hoch. Von dort aus ging man noch eine knappe Stunde Weg 4 bis zur Hintergrathütte. Auf der Hütte selbst angekommen, wurde kurz „eingecheckt“ und zum Anstoßen ein leckeres frisch gezapftes Bier bestellt. Um 19 Uhr gab es dann noch Abendessen. Ich entschied mich für Spaghetti Bolognese – schließlich bringen Nudeln viele Kohlenhydrate, also Energie und das brauchte ich für so eine Tour auch. Bald ging es dann auch schon in Zimmer Nummer 5, wo wir mit 4 anderen schliefen. 3:00 Uhr morgens. Ich fühlte mich so, als sei ich gerade erst eingeschlafen und schon klopfte es und man hörte nur „Aufstehen, Frühstück ist fertig!“ Angezogen, Rucksack gepackt und ab runter zum Frühstück. Leider gab es nur Kümmelbrot... Ich als kein Kümmelbrotesser habe diesen Geschmack mit sage und schweige 5 kleinen Packungen Nutella überdeckt – es war also doch noch etwas genüsslich! Um 3:45 Uhr ging es dann für uns los. Die erste Stunde ging es Serpentinenmäßig steil bergauf. Danach ging es an den Fels und die Kletterei konnte beginnen! Bei Sonnenaufgang, so um 5:50 Uhr, hatten wir schon einige Höhenmeter hinter uns und überquerten das erste Schneefeld. Wir lagen sehr gut in der Zeit und genossen die ersten Sonnenstrahlen, die unser Gesicht trafen, sowie die absolut spitze Aussicht mit Sonnenaufgang in den Bergen. Langsam aber gut machte sich auch immer wieder die Höhe dieses Berges bemerkbar.. Als sei man nicht schon vom frühen Aufstehen genug geschlaucht.. Aber daran sollte es nicht scheitern. Wir befreiten uns von den Steigeisen, packten diese und das Eispickel wieder in den Rucksack und kletterten am Felsen weiter. Nach ca. 1,5h erreichten wir ein weiteres Schneefeld, welches ebenfalls überquert werden musste. Es war einfach grandios! Ich dachte, dass es von der Aussicht her kaum noch besser werden könne. Nachdem wir dann aber weiter geklettert sind, einige Felsvorsprünge und glatte Wände überwunden hatten, hieß es um 9:05 Uhr am Morgen „Berg heil!“. Dieses Gefühl war einfach unbeschreiblich. Auf dem höchsten Gipfel zu stehen, die Sonne lachen zu sehen und einfach zu wissen, dass alles andere unter dir liegt und man selber der höchste Punkt ist, denn man erreichen kann. Viele Fotos wurden geschossen, ein 360-Grad Video gedreht und Momente gesammelt, die man nie mehr in seinem Leben vergessen wird. Dort oben habe ich mich einfach frei gefühlt. Es war zu schön!
Nach einer Stunde Aufenthalt machten wir uns dann über den Normalweg auf die Rückreise. Ziemlich lange musste man über große und lange Schneefelder absteigen. Viele Gletscherspalten wurden überquert. Zwei davon hatten sich in den Tagen davor sogar so geweitet, dass der Alpenverein aus Südtirol dort Aluminumleitern befestigt hatte, sodass die Begehung des Ortlers noch möglich war. Die Tage zuvor konnte man in der Zeitung oft lesen, dass einige wegen zu großen Gletscherspalten umkehren mussten. Im Fernsehen wurde in den Nachrichten sogar gemeldet, dass die Begehung des Ortlers zurzeit sehr gefährlich sei und man es vermeiden solle. Dennoch hat alles wunderbar geklappt, denn letztendlich muss man die Grenzen überwinden, die man sich selber im Kopf setzt. An einer eisigen Felswand mussten wir uns ca. 20m abseilen. Darauf folgten noch einige Kletterpassagen. Gegen 13:45 Uhr kamen wir mit Riesenhunger an der Payerhütte an. Es wurde gegessen, getrunken und nochmal den perfekten Blick auf die Spitze des Ortlers ausgenutzt. Von der Payerhütte bis zum Sessellift stieg man über einen normalen Wanderweg ab. Um 16 Uhr kamen wir unten am Sessellift an und ließen es uns nicht nehmen bei einem kühlen Bier diese überragende Hochtour Revue passieren zu lassen.
Es war einfach gigantisch! Ich selber habe auch gemerkt, dass es wirklich die eigenen Limits und Grenzen sind, die man sich selber setzt und die zu überwinden sind. Es wurde geklettert, genossen und ab und zu auch geflucht und gejammert, aber es war ein wirklich einmaliges Erlebnis. Für meinen Teil weiß ich, dass das nicht das erste und letzte Mal war, dass ich an diesem Gipfelkreuz stand. Dafür war das Gefühl von Freiheit da oben einfach zu stark. Also du König der Berge, lieber Ortler, wir sehen uns wieder. Bis bald!