In diesem Jahr sind wir nur mit reduzierter Mannschaft unterwegs. Von unserer Stammbesetzung fehlt zum einen unser leider plötzlich und viel zu früh verstorbener Freund Winfried. Und zum anderen hat aus gesundheitlichen Gründen unser Guide und Organisator Max kurzfristig absagen müssen.
So starten wir dann am 19.08.2018 frühmorgens um 2.00 Uhr zu fünft in Richtung Pustertal. Wir, das sind Rosi, Michael, Josef sowie Klaus und Klaus.
Die Fahrt durch München und den Felberntauerntunnel verläuft nahezu perfekt, so dass wir um 12.00 Uhr schon in Sillian an der Mautschranke am Beginn der Forststraße zur Leckfeldalm stehen. Und hier kommt dann die erste echte Herausforderung: über eine Strecke von 7 km mehr als 800 Höhenmeter auf sehr holprigem Untergrund in einem älteren Kombi der Kompaktklasse. Aber alles geht gut und oben angekommen sind wir überrascht, wie viele und welche Autos diese Auffahrt auf 1.925 m gemeistert haben. Es ist ziemlich viel los und so machen wir uns zum Einlaufen nach kurzer Stärkung auf den Weg zum Heimkehrerkreuz.
Am nächsten Morgen werden wir dann Zeugen einer Gegebenheit, die wir in all den Jahren noch nicht erlebt haben: irgendjemand hat seine Schuhe vertauscht und ist schon früh in fremden Schuhen unterwegs. Blöd für den eigentlichen Schuhbesitzer, der nun zwangsläufig abwarten muss, welches Paar übrig bleibt. (Später werden wir erfahren, dass die pfiffige Bedienung zufällig eine Handynummer des „Verdächtigen“ hat, so dass es an der Sillianhütte zum Austausch kommt.)
Der Aufstieg zur im Umbau befindlichen Sillianhütte gestaltet sich bei blauem Himmel harmlos. Oben angekommen sind wir überwältigt vom Blick auf die Sextener Dolomitten, die sich hier wie eine helle große Wand im Sonnenschein präsentieren. Drei Zinnen, Dreischusterspitze, Fischleintal – alles wie aus dem Bilderbuch. Und als Kontrast der Blick zurück ins ebenso schöne, aber grüne Hochpustertal – ein Bild, das uns so ähnlich die nächsten Tage begleiten wird.
Und so machen wir uns auf den Weg den Grat entlang mit tollem Blick nach rechts und links, an verschiedenen Relikten der kriegerischen Auseinandersetzungen vor mehr als hundert Jahren vorbei und über diverse Hügel und Gipfel, die merkwürdige Namen wie „Eisenreich“ und „Demut“ tragen. Und Demut ist es tatsächlich was wir hier empfinden. Demut vor der Natur, der Schöpfung und der Vergangenheit.
Nach rund 7 Stunden gemächlicher Wanderung erreichen wir dann die Obstanserseehütte, wo es sich einige Wagemutigen aus anderen Gruppen nicht nehmen lassen, die niedrigen, zweistelligen Wassertemperaturen auszuprobieren. Wir verzichten lieber und „regenerieren“ bei Essen und Trinken.
Wiederum bei blauem Himmel steigen wir am nächsten Morgen auf der bequemen Variante wieder hoch zum Grat und erleben eine Fortsetzung des gestrigen Panoramas. Dabei ist im Norden inzwischen das Lesachtal zu sehen. Das wellige Auf und Ab führt uns bis zum Filmoorsattel, wo wir zur gleichnamigen Hütte absteigen, die mit vollem Namen Filmoor-Standschützenhütte heißt. Die niedliche, kleine Hütte trägt noch eine Plakette mit dem Hinweis „Kaiserliches Postamt“, und es gibt tatsächlich einen Briefkasten. Allerdings sind die Leerungszeiten nicht eindeutig erkennbar, aber wir denken trotzdem darüber nach, ob Briefträger in dieser Gegend nicht doch irgendwie ein Traumjob sein muss – zumindest bei diesem tollen Wetter.
Von der Hütte führt der Weg jetzt etwas vom Grat entfernt durch eine Almlandschaft, ehe wir dann schließlich die Porzehütte erreichen. Auch hier können wir wie schon die Abende zuvor lange draußen sitzen. Die Porzehütte ist wie die anderen Hütten proppenvoll, aber das Personal ist sehr gut organisiert und freundlich und hat alles im Griff, so dass jeder vernünftig und ausreichend versorgt wird. So zufriedengestellt verbringen wir die Nacht im großen Lager.
Am nächsten Morgen stellt sich dann heraus, dass Josef den Herausforderungen dieses großen Lagers doch nicht gewachsen war. Er hat vor den „Nebengeräuschen“ kapituliert und hat die Nacht in der Gaststube auf einer Bank verbracht. Komisch, der Gruppe junger Frauen auf unserem Lager hat der Krach überhaupt nichts ausgemacht.
Mit einem leicht unbeweglichen Josef machen wir uns am Mittwochmorgen auf die Königsetappe unserer Tour zum Hochweißensteinhaus. Die Gehzeit ist mit 8-9 Stunden angegeben und für den Nachmittag sind Gewitter nicht ausgeschlossen. Daher machen wir uns schon ziemlich früh auf den Weg. Wir lassen einige mögliche Gipfel aus - zum einen wegen der Gewitterwarnung, zum anderen aber auch, weil unser traditioneller Gipfelels nach den ersten Tagen schon fast aufgebraucht ist. Anders als an den Vortagen sind die Berge jetzt auf beiden Seiten des Grates überwiegend Grashänge, was dem tollen Eindruck aber keinen Abbruch tut. Unterwegs mit viel Sonne und ohne Gewitter kommt uns eine Gruppe junger Leute entgegen, die einen Hund als Lastenträger nutzen. Auf die Frage, ob das dem Hund Spaß macht, meint sein Herrchen, der Hund wüsste ja, warum er das tut, denn schließlich trage er sein eigenes Fressen. Na ja, richtig glücklich sieht der Hund nicht aus. Der letzte Teil der Strecke gestaltet sich etwas unangenehm, denn aufgrund eines Bergrutsches ist der direkte Weg zur Hütte blockiert. So müssen wir noch einmal zusätzlich rd. 200 m bis zur Ingridalm absteigen und von dort dann zum Hochweißensteinhaus wieder hinauf auf 1.867 m laufen. Letztlich sind wir dann 10 Stunden unterwegs und alle der Meinung: „Das reicht !“. An der Hütte das gewohnte Bild: Sonnenschein (wenn auch etwas zugig), viele bekannte, nette Leute, ausreichend Speis und Trank. Und diesmal wieder ein kleineres Lager.
Nachdem es in den letzten Nächten immer mal wieder geregnet hat, ist es in dieser Nacht trocken geblieben und wir steigen bei bestem Wetter von der Hütte aus zum Öffner Joch. Abweichend von der klassischen Route führt hier der aktuelle Karnische Höhenweg jetzt nicht mehr am Grat entlang, sondern südlich in den Talkessel. Auf dem Weg begegnen wir einer großen Herde von Schafen. Wir sind quasi mittendrin. Schon ein beeindruckendes Erlebnis, dabei zu beobachten, wie der Schäfer mit wenigen Kommandos und mit Hilfe seiner Hunde die Herde ruhig und unaufgeregt dirigiert.
Der Weg, der jetzt auch durch Lärchenwald führt, ist ziemlich anstrengend und ganz und gar nicht die Erholung, die wie erhofft hatten. Auf dem abschließenden Anstieg zur Wolayerseehütte kriegen wir dann tatsächlich auch noch etwas Nieselregen mit, der aber eher erfrischend als störend ist. Die Wolayerseehütte selbst ist toll gelegen am gleichnamigen See, modernisiert, sehr einladend und schön. Wie schon bei den anderen Hütten fühlen wir uns bestens aufgehoben.
Unsere Tour geht nun schon dem Ende entgegen und der Freitag ist unser „Transittag“. Wir steigen über das Valentintörl in 2,5 Stunden in unwegsamem Gelände hinunter zur Unteren Valentinalm. Angeblich soll der Streckenrekord für die Gegenrichtung bei gerade einmal 38 Minuten liegen – fast unglaublich, aber den soll ja auch ein Weltmeister aufgestellt haben. Egal, wir machen mit dem Bergtaxi dank der Fahrerin eine sehr informative und unterhaltsame Fahrt zurück zur Leckfeldalm, wo es dann pünktlich um 15.00 Uhr zu regnen beginnt.
Nach etwas intensiverer Körperpflege verbringen wir dann noch einen schönen Abend in freundlicher Umgebung und bestens versorgt. Denn heute lassen wir uns den vom Wirt angebotenen Absacker von niemandem vorenthalten.
Das wird uns hoffentlich am Einstiegstag letztmalig passiert sein.
Unsere Rückfahrt in die Eifel startet wegen des Ferienendes in NRW ohne Frühstück schon früh um 4.00 Uhr und verläuft trotz anfänglichen Regens total überraschend noch problemloser als die Hinfahrt, so dass wir schon um 14.00 Uhr wieder in Höfen sind.
Als Fazit bleibt festzuhalten: eine tolle Tour bei bestem Wetter, schönen Hütten und mit vielen netten Leuten, einfach perfekt. Wir sind sicher, dass diese Tour auch unserem Guide Max gefallen hätte (Vielen Dank für die prima Organisation!) und ganz bestimmt auch unserem Freund Winfried.