Grüezi liebe Bergfreunde,
seit dem Jahr 2007 starten mein Vater und ich jedes Jahr eine Vater-Sohn-Tour, weil wir beide die Berge lieben und Zeit für gemeinsame Unternehmungen finden. Erstes Ziel sollte die Schweiz sein, genauer Unterbäch im wunderschönen Wallis im Süden der deutschsprachigen Schweiz.
Früh morgens ging es los. Nach einigen Pausen gelangten wir in die Schweiz und zum BLS Autoverlad Lötschberg, der uns ins Wallis bringen sollte. Der Autoverlad ist eine bequeme Möglichkeit mit dem Zug durch den Berg zu fahren. Die Reise im Auto sitzend auf einem Zug war schon ein komisch Gefühl. Zumal alles um einen herum stockdunkel ist. Bald hatte uns das Tageslicht wieder und wir fanden unbeschwert nach Unterbäch.
Allerdings war es nach dem Check in in einem von einem Outdoor-Reiseveranstalter empfohlenen Sporthotel mit der Unbeschwertheit erstmal vorbei. Der gastfreundliche Hotelier entpuppte sich schnell als kauziger Mitmensch, der froh war, wenn er nicht angesprochen wurde. Außerdem stellte sich der wunderschöne Indoorpool als eine Babywiege für Mückenlarven und ähnliches Getier heraus. Wenigstens waren die Zimmer in Ordnung, abgesehen von einer schwingenden Duschtür, die sich so gerade in den Angeln hielt. Nachdem wir uns im Ort umgesehen und ein sehr nettes Hotel mit guter Küche zum Dinieren gefunden hatten, sah die Welt wieder viel besser aus.
Die erste Einlauftour am nächsten Tag entlang der Waale zur Bewässerung der Almen deutete es schon an: Es sollte eine grandiose Woche werden. Am zweiten Tag ging es bei gutem Wetter früh morgens los. Das Matterhorn, genauer gesagt die Hörnli Hütte war unser Ziel. Also eine Stunde ins Auto gequetscht und ab zum Glacier-Express. 60€ pro Person für einmal hoch und einmal runter zum Schwarzsee. Wow, solche Preise hätte ich nicht erwartet. Gut fand ich im Übrigen, dass man das Auto vor Zermatt abstellen muss und per Elektroauto weiter ins Tal gebracht wird. In Zermatt stelt man sich die Frage, ob man in Japan ist. So viele asiatische Touristen habe ich bis auf Schloss Schwanstein noch nie gesehen.
Zurück zum Glacier Express. Wir fuhren also hoch. Um uns herum wehte ein raues Lüftchen. Es hörte sich genau so an, wie man es aus dem Fernsehen kennt. Ein unheimlicher Wind wehte und unsere Kabine schwankte hin und her. Man hatte uns nicht ohne Grund an der Kasse gesagt, dass die Bahn abgeschaltet würde, wenn der Wind weiter zunehmen würde. Und dann war es soweit, der erste unverbaute Blick aufs Matterhorn oder ds´Horu wie der Walliser sagen würde. Wow und nochmals Wow!
Was für ein imposanter Anblick! Das berühmte Matterhorn zum Greifen nah. Nun verstehe ich, warum es das Wahrzeichen der Schweiz ist, und eine bekanntes Schweizer Schokolanden-Produkt dessen Form nachahmt. Oben an der Station Schwarzsee sind wir ausgestiegen und waren von der umliegenden Bergwelt total überwältigt. Und welch ein Hochgefühl, von 4.000erner umringt zu sein. Nach einigen Minuten gingen wir dann los Richtung Hörnlihütte, denn diese ist unser heutiges Ziel. Leider haben wir den Fahrweg unterschätzt und sind nun etwas spät dran. Nachdem wir den Schwarzsee hinter uns gelassen hatten, wanderten wir ins Serpentinen den Berg hinauf. Immer wieder wird das Gequatsche der Wanderer vom Donnern des Hubschraubers unterbrochen, der die Hütte, welche sich geschickt auf einem Sattel des Horns in den Fels krallt, mit allem Wichtigen versorgt. So zieht sich die Wanderung dahin und das Horn kommt immer näher.
Das erste „Hindernis“ auf dem Weg zur Hütte ist ein Eisensteg, welcher einen kleinen Sprung auf die erste Treppe abverlangt. Die ganze Konstruktion ist teilweise sehr rostig ist und macht einen instabilen Eindruck. Das mulmige Gefühl wird dann schön von einem Ächzen des Steges verstärkt, da man nur Luft unter den Füßen hat. Weiter ging es durch Altschneefelder.
Der erste richtig Blick auf den Fuß des Berges, aus dem Bergsteigerträume gemacht sind! Es ist unvorstellbar wie viele Meter Eis dort bereits vorhanden ist. Das ist wirklich sehr beeindruckend. Man stellt sich unwillkürlich die Frage, was passiert, wenn das mal alles runter kommt. Dank globaler Erderwährung kein unrealistisches Szenario. Auf dem weiteren Weg wagte ich einen Blick in die Tiefe. Es ist schon ein merkwürdiges Gefühl, wenn es einen halben Meter vor einem mehrer hunderte Meter auf ein Plateau abwärts geht.
Nachdem mir ein scharfer Wind ins Gesicht wehte, habe ich es vorgezogen mich von dieser exponierten Stelle wegzubewegen. Außerdem fand man Vater das Ganze eher wenig spaßig und reizvoll. So verging die Zeit und kurz vor den Schluss-Aufstieg zur Hörnlihütte drehten wir um. Wir haben vor lauter Staunen einfach die Zeit vergessen und hätten sonst nicht mehr die letzte Bahn nach Zermatt bekommen. Es war ein schöner Tag und schlussendlich bleibt mir nur eines zu sagen: Ich kann nur alle Leute mit alpinistischen Ambitionen warnen das Matterhorn zu besuchen. Seien die Ambitionen noch so gering, wer einmal vor dem Horu stand wird mit seinem Virus infiziert und will irgendwann dort oben stehen!
Tags darauf ging es dann zum berühmten Schweizer Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau, um aufs berühmte Jungfrauenjoch einmal hoch zu fahren. By the way: Wer sich die Reihenfolge der Berge nicht merken kann sollte sich folgende Geschichte zu Gemüte führen: Im Eiger wohnt ein böser Oger der die Jungfrau an sich reißen möchte, doch der gute Mönch stellt sich ihm mutig in den Weg. Wir fuhren allerdings nicht von Grindelwald hoch, so dass wir die Eiger Mordwand - Verzeihung - Nordwand nicht zu Gesicht bekamen. Und auch hier ist das Wörtchen Wow angebrachte, denn so ein Besuch des Jungfrauenjochs bzw. TOP OF EUROPE kostet satte 100€, selbstverständlich pro Person.
Auf der Kleinen Scheidegg steigt man in die Jungfraubahn um und fährt die letzten 1.400 Höhenmeter bequem per Bahn hoch. Vom Bahnhof Klein Scheidegg über Haltestellen Eiger-Gletscher, Eigerwand und Eismeer zum Jungfraujoch. An allen Station hat man 5 Minuten Aufenthalt und darf einen Blick z.B. in die Eiger Nordwand werfen. Dies ist übrigens auch der Grund, warum ich den Deutschen Alpenverein beigetreten bin.
Warum??? An der Station Eismeer drückte ich mir wie all die anderen Touris die Nase am Fenster platt und dort geschah es dann. Ich sah einen Hochtourengeher, wie er sich voll gepackt und warm vermummt langsam Schritt für Schritt den Berg hoch kämpfte. Das hat mich derart nachhaltig beeindruckt, dass ich mich ebenfalls für diese Thematik interessiere. So bin ich dann an den DAV Schleiden herangetreten und Mitglied geworden. Denn ohne fundierte Ausbildung sollte man so etwas gar nicht erst versuchen. Jetzt bin ich seit über einem Jahr in der Klettergruppe, habe neue Freunde und Gleichgesinnte gefunden und werde hoffentlich nächstes Jahr meine Ausbildung im Hochtourenbereich anfangen können.
Aber zurück zum Jungfraujoch. Ich persönlich finde diesen Ort nicht wirklich schön. Es treiben sich hunderte von Touristen, vor allem Inder, dort oben herum und das Ganze ist einfach nur ein gigantischer Stahlbetonbunker für Halbschuh Touristen, die mal Höhenlust schnuppern wollen. Außerdem gibt es noch ein Museum, das ins Eis geschlagen ist und Eisskulpturen zeigt.
Am nächsten Tag ging es auf eine sehr anstrengende Rundtour zum Gletschertor eines Gletschers, welcher sich ebenfalls aus der Geltscherregion Jungfrau nährt. Es ist immer wieder verblüffend, dass man bei dem Touristenansturm, den die Alpen erleben, Wege findet, auf denen kaum jemand unterwegs ist. So gelangten wir ohne größere Problem zum Gletschertor. Unterwegs wurde eine Brücke über einen Wildbach gequert und durch einen kleinen Wasserfall zum Gletscher abgestiegen. Es ist schon erstaunlich. Je näher man dieser Eismasse kommt, desto kühler wird es. Klar, eigentlich ist das logisch, aber ich finde es doch sehr imposant, wenn man dann vor diesen Eismassen steht und merkt, wie klein man als Mensch ist gegen das, was die Natur geschaffen hat. Dumm nur, wenn man dann den Weg nicht weiter wie im Führer oder auf der Karte eingezeichnet folgen kann, weil einem das Schmelzwasser einen Strich durch die Rechnung macht. Trotzdem war auch dieser Tag ein wundervoller Tag in den Bergen, den ich nicht missen möchte. Am vorletzten Tag ging es dann für uns zwei zum Großen Aletschgletscher. Mit einer Gesamtlänge von 23,6 km (2002) und einer Fläche von 117,6km² und rund 26,5 Milliarden Tonnen Eis ist er auf jeden Fall kein Leichtgewicht und spektakulär anzusehen.
Zudem ist das Eis an machen Stellen bis zu 900m dick. Wir fuhren wieder einmal mit einer Bahn hoch, um dann über grobes Blockwerk Richtung Gletscher abzusteigen. Wer sich gut orientieren kann, dürfte hier kein Problem haben, denn trotz fehlender Weg sind die Markierungen klar und deutlich angebracht. Zwischendurch trafen wir auf wild lebende Ziegen, welche uns freundlich anblökten. Nach Zurückblöken meinerseits entwickelte sich ein „richtiges Gespräch“, was mein Vater umgehend mit „Ah, wie ich sehe hast du neue Freunde gefunden“ kommentierte. Nach einem längeren Abstieg standen wir dann direkt neben dem Gletscher. Von oben konnte man bereits etliche Gruppen auf dem „ewigen“ Eis sehen. Wir hatten ursprünglich auch so etwas geplant, aber leider keinen Bergführer bekommen. Danach ging es dann weiter zur nächstgelegen Hütte und Seilbahnstation.
Fazit: Wer noch nie im Wallis war, sollte auf jeden Fall einmal dort hin. Es gibt wirklich viel zu sehen und bleibende Eindrücke sind garantiert. An die sehr zurückhaltende Art der Schweizer muss man sich als Rheinländer allerdings erst gewöhnen. Bei uns würde man das glatt als Unfreundlichkeit abtun. Doch wer sich damit arrangieren kann, wird wundervolle Tage in der Schweiz erleben mit unvergesslichen Momenten.
Bleibt nur noch eines zu sagen: Euch allen ein gesundes Berg Heil