Hier lest ihr den Tourenbericht über eine intensive Woche der alpinen (Über) Lebenskunst – oder: Alpiner Basiskurs unter der Leitung von Erwin Olligschläger - rund um die Franz-Senn-Hütte in den Stubaier Alpen.
Wir - René, Jürgen, Sabine, Oliver und Miriam – aus unterschiedlichen Regionen Deutschlands und alle der Sektion Schleiden verbunden, sahen Erwins anspruchsvollen Plänen mit Spannung am Ankunftstag, dem 26.07.08, entgegen. Der erste Trupp, bestehend aus René, Sabine, Oliver und Miriam hatte dann auch das große Glück, ab Parkplatz Oberriss die 1,5 Stunden Fußmarsch entlegene Franz-Senn-Hütte auf 2.149 m Höhe noch bis zur Hälfte trocken zu erleben. Kurz vor der Ankunft an der Hütte zog Petrus dann derart alle Register, dass Trockenraum und Materiallift mit Ersatzmontur heiß erwartet wurden, gleichwohl die Zeit im gemütlichen warmen Stützpunkt Franz-Senn sehr genussreich zu verleben war.
Der zweite Trupp mit Jürgen und Erwin kam schon gar nicht mehr bis zum Parkplatz, da in der Zwischenzeit quer über die Zufahrtsstraße eine Mure abgegangen war, die jeglichen motorisierten Verkehr abrupt beendete.
Auf beiden Seiten stauten sich die Fahrzeuge, wobei die von unten kommenden in relativ besserer Position waren; denn sie konnten sich unter
Missachtung vollständig eingeschlämmter Kleidung zu Fuß durch das Hindernis kämpfen, während die von oben Kommenden noch einige Stunden zu warten hatten, ehe vom Tal aus per Bulldozereinsatz der Weg wieder freigemacht wurde.
Nach dem allgemeinen Einrichten in den komfortablen Vierbettzimmern, einem guten Abendessen in der kuscheligen Stube war dann ein erstes Beschnuppern der Teilnehmer untereinander möglich, die Pläne für die kommenden Tage wurden eifrig geschmiedet.
So ging es dann los für uns Greenhorns; der erste Ausbildungstag, nach guter Stärkung am luxuriösen Frühstücksbuffet, begann mit allgemeiner Knotenkunde (einige von uns hatten vorher bereits fleißig in Erwins Garten geknöddelt):
Sackstich einfach, doppelt, Halbmast, Maststich – am Seil, am Fels, an Franz-Senn. Fixieren und hantieren mit Seil, Karabinern, Achtern gehörte dann ebenfalls zum warm up wie der entspannte Spaziergang am Nachmittag zum „Höllenrachen“, eine in den nächsten Tagen anstehende Kletterset Probe mal anschauen.
Gut gelaunt und bei strahlendem Sonnenschein genossen wir dann noch den späten Nachmittag mit Auf – und Abseilen an verschiedenen Wänden mittels Achter, anfangs noch in beiden Seilsträngen und mit Prusik, nachher dann wagemutig einfach und ohne, wollten wir dann doch auch Geschwindigkeit und Abenteuer.
Nach einem rundum ausgefüllten Tag voller neuer Eindrücke hingen wir dann abends müde und glücklich in den Seilen und Erwin hatte als Betthupferl noch einen Kurs „ Einführung in die Orientierung“ – mit Höhenmesser und Kompass ins weglose Gelände – für uns parat.
Am zweiten Ausbildungstag erwartete uns dann direkt viel Praxis:
Das Bezwingen vom Edelweiß-Klettersteig und der Rinnenspitze auf 3.003 m Höhe.
Die Sonne lachte uns bereits am Morgen beim Verschnüren und Verstauen der Ausrüstung entgegen, was für ein traumhaftes Wetter für unseren ersten Klettersteig. Am Einstieg war die Truppe dann auch flott unter Helm, in Hüft- und Brustgurt, mit Klettersteigset parat. Hoch ging´s dann den 3. Grad, ein erster Eindruck dazu, ob die 3 Kilo Lebensmittel besser doch in der Hütte geblieben wären… (- hier entstand spätestens unser Insider - Motto: pack ein – wiegt doch nix, oder: lass es lieber, es zieht dich am Ende platt an die Erde). Der Steig war für uns gut geführte Leute ein schönes Erlebnis (mit ausreichend Edelweiß!) auf dem Weg zum Tagesziel, der Rinnenspitze entlang des Rinnensees, auf der dann nach anspruchsvollem Gang bei Sonne ein gigantisches Panorama auf uns wartete.
Was für eine Aussicht und was für Aussichten auf die kommenden Tage mit dem Lisener Gletscher direkt vor Augen.
Frisch gestärkt und frohen Mutes konnte auch der Regen beim Abstieg die Stimmung keinesfalls mindern, im Gegenteil. So machte nämlich am Abend das Durchsteigen des nun mit reichlich Nass gefüllten Höllenrachens so richtig Spaß. Die Seil(über)winde im Innenteil machte den Mutigen am Ende richtig nasse Füße, wir Helden konnten uns ja spätestens auf Franz-Senn wieder trocken legen. Mit Feuereifer und zum Krafttraining vor dem Abendessen wurde dann noch die „Spaltenbergung“ mittels Seil und Prusik in Hüttennähe geübt. Was für ein Tag - mit einem breiten Grinsen über die hübschen „blauen Knieschoner“ (für die ohne verstärkte Kletterhose) und über den ersten bestiegenen 3000er fielen wir wie die Steine in unsere Betten.
Und dann war schon Dienstag, der 3. Ausbildungstag, mit Gletscherbegegnung auf dem Programm. Bei wiederum blauem Himmel und prima Laune führte uns der Weg durch das breite Tal hinauf zum Sommerwandferner. Zusätzlich ausgerüstet mit Seil, Steigeisen, Eispickel, Eisschrauben und Gamaschen (für verletzungsfreie Waden) ging´s auf das Eis: im Seemannsgang rauf und Kackgang runter!
In Seilschaft wie ein Kader vom Mount - Everest marschierten wir durch die obligatorische Nachmittagsschauer zum Gletscherrand, um später wie die Murmeltiere um uns herum faul in der Sonne zu liegen und das Leben zu genießen. René, Oliver und Jürgen sind dann noch auf die Vordere Sommerwand gespurtet, gemeinsam war dann der Abstieg in die Abendsonne ein genussreicher Gang.
Beim gemütlichen abendlichen Zusammensitzen konnten wir den erlebnisreichen Tag Revue passieren lassen und die Planung für den Tag besprechen; so wurde diese denn auch am letzten Tourentag, Mittwoch, in Angriff genommen: der Sturm auf den Lisener Ferner unter blauem Himmel. Nach erneuter Route entlang der Rinnenspitze stiegen wir hinab auf den Gletscher und überquerten diesen in Seilschaft. Mit großer Tatkraft ging es dann an die anstehenden Übungen, Haupt – und Hintersicherung, T-Anker legen zur Rettung Verschütteter (per Eispickel oder Handschuh – oder auch mal mit Colaflasche?!) - Danke an dieser Stelle an Oliver für seine gut sortierte und passende Ausrüstung! –
Nach einem grenzwertigen Ausstieg aus dem Gletscherplateau – was für Geröllmassen – in den angrenzenden Schotterpfad konnten wir uns dann ordentlich bei einer Pause entspannen.
Am Abend feierten wir den Ausklang der Tour beim Bierchen und Kaffee ganz angenehm in unserem Basislager Franz-Senn. Miriam und Oliver wurden am gleichen Abend bereits verabschiedet, René tags darauf heimwärts gewunken. Der restliche Teil der Truppe konnte sich mit der hinreichend gewonnenen Erfahrung im Gepäck auf die Weiterfahrt in das Klettergebiet der Brenta / Italien freuen.
An dieser Stelle ein Dank an alle Akteure der Tour und vor allem an den Ausbildungsleiter Erwin, der uns viel Freude und Anspruch im alpinen Gelände erfahren ließ.