Lange war unsicher ob es dieses Jahr wohl auch wieder eine Jugendfahrt geben wird und ob man überhaupt nach Österreich fahren darf, aber glücklicherweise hat uns die Corona-Sommer-Pause doch noch eine tolle Fahrt erlaubt.
Nachdem das erste Online-Vortreffen stattgefunden hat, Hygienekonzepte erstellt wurden und die Corona Verordnungen von Deutschland und Österreich stundenlang studiert wurden stand fest, dass unserer Fahrt eigentlich nichts im Weg steht. Weil Jugendgruppen auf manchen Hütten aber scheinbar nicht so beliebt sind haben wir uns prompt umbenannt in die Wanderfreunde Nordeifel und schon waren auch die Reservierungen kein Problem mehr.
Am Samstagmorgen um 4 Uhr trafen sich Hannah, Paul, Linnea, Jannik, Jenny und Nina teils verschwitzt, teils verschlafen um zusammen bei nächtlichen 27°C Richtung Süden zu fahren. Fast ohne Stau kamen wir mittags schon am Latschau Stausee im Montafon an. Unser Skigebiet der letzten zwei Silvester Jugendfahrten sieht tatsächlich auch im Sommer ganz nett aus! Als alle Pizzaschnecken und Bananenbrote aufgegessen waren ging es bei gefühlten 35°C los. Nach alter Tradition haben wir uns schon auf den ersten Metern verlaufen und mussten durch Himbeerbüsche klettern, aber nicht ohne ein paar zu naschen. Obwohl dann auch schon die ersten Blasen verarztet werden mussten und die Kamera nach den ersten Bildern kaputt gegangen ist sind wir alle pünktlich vor dem Gewitter auf der Heinrich-Hüter Hütte (1766m) angekommen. Dank Corona hatten wir, wie auf allen Hütten, das Glück ein Lager für uns alleine zu haben und nach den ersten Käsespätzle und Spinatknödeln war der Energiespeicher auch schnell wieder aufgeladen.
Für den Sonntag war eigentlich der Saulakopf Klettersteig geplant, aber wegen Gewitterwarnung und sehr pessimistischen Wettervorhersagen haben wir uns entschieden doch nur den Normalweg zum Gipfel zu nehmen. Auf 2517m hatten wir dann kurz sogar ein bisschen Aussicht und die erste wohlverdiente Gipfel Schoki wurde verspeist. Auf dem weiteren Weg wurden ganz viele Murmeltiere gesichtet, sehr zutraulich und mit ihren Höhlen nur wenige Meter vom Weg entfernt. Weiter ging es bis an die Lünersee Staumauer wo zuerst einmal eine Mittagspause eingelegt wurde. Glück für uns, dass dieses Jahr die Seilbahn erneuert wird, so hatten wir den See fast für uns allein. Nach der See Umrundung folgte noch einmal ein steiler Anstieg, aber dann war auch schon das Ziel für Tag 2 erreicht, die Totalp Hütte (2385m). Da die Hütte 2019 von einer Lawine komplett zerstört wurde gehörten wir zu den ersten Gästen in den frisch renovierten Lagern. Das Wetter hat auch heute wieder gehalten, entgegen der Dauerregen Vorhersage und die Zeit bis zum sehnsüchtig erwarteten Abendessen wurde mit einer Runde „Wer bin ich?“ überbrückt.
In der Nacht auf Montag kam dann der angekündigte Regen und wir wachten morgens in dichtem Nebel auf. Weil das Wetter auch eher noch schlechter als besser werden sollte entschieden wir uns leider den Schesaplana auszulassen. Über die Gamsluggen ging es auf die Schweizer Seite, wo direkt auch wieder viel besseres Wetter war. Zwischenzeitlich herrschte sogar allgemeine Übereinstimmung, dass wir uns verlaufen haben und nicht in der Schweiz, sondern in Irland sein mussten, denn die grünen Hügel sahen doch tatsächlich genau so aus wie auf der Kerrygold Butter. Auf unserem Weg begegneten wir hunderten Salamandern, ein paar Gämsen (oder Gänsen?!), mussten kleinere und größere Bäche überspringen und den Kuhfladen ausweichen. Bei leichter Kletterei und starkem Wind überquerten wir das Schweizer Tor zurück nach Österreich. Dort wartete dann auch schon der Regen auf uns und nach einer kurzen und kalten Mittagspause am Kuhstall begannen wir den Abstieg Richtung Lindauer Hütte. Ziemlich durchnässt aber trotzdem mit guter Laune erreichten wir am Nachmittag die Hütte, wo auch schon Anne und Julian auf uns warteten, die direkt von ihrer Jugendleiter Fortbildung dazu gekommen sind. Da endlich die gesamte Gruppe vereint war konnten abends die größten Hornochsen ausgespielt werden währen aufs Essen gewartet wurde. Auch für den nächsten Tag sah das Wetter nicht zu vielversprechend aus, aber wir planten trotzdem ganz optimistisch unseren nächsten Klettersteig.
Als am Dienstagmorgen dann aber die ersten verschlafenen Augen aus dem Schlafsack blickten und vor dem Fenster 10 cm Schnee statt Nebel sahen musste schnell ein Alternativplan her. Als erstes wurde das leckere Frühstücksbuffet mal endlich so richtig ausgekostet und nach kurzer Beratung entschieden wir uns dafür trotz Dauerregen uns auf den Weg zur Geißspitze (2334m) zu machen. Nachdem wir es geschafft haben die erste Kuhherde zu durchqueren wurde der Schnee mit jedem Meter höher. Schnell flogen die ersten Schneebälle und am Gipfel wurde ein Schneemann gebaut. Nach langer Diskussion hat unser neues Alien/Maskottchen auch einen Namen gefunden: Essi. Rutschend im Schneematsch ging es dann auch wieder den Berg hinunter und beim Zwischenstopp an der Sporaalpe wurde sich mit Bergkäse und Buttermilch eingedeckt. Nach einer kurzen Mittags- und Trockenpause an der Lindauer Hütte wurde das Wetter auch wieder besser und bei Sonnenschein entschieden wir uns für eine Runde zu der unteren und oberen Latschaetzl Alpe. Die Wegfindung gestaltete sich etwas schwieriger gedacht, es ging quer über Wiesen, wir machten ganz schön viele Höhenmeter und mussten bei den ganzen Murmeltierlöchern aufpassen, dass wir ihnen nicht ins Wohnzimmer treten. Endlich angekommen an der oberen Latschaetzl Alpe wurde sich mit Apfelstrudel, verschiedener Käsespezialitäten und frischer Milch gestärkt bevor es zum Abendessen wieder zurück zur Lindauer Hütte ging.
Weil für den Mittwoch dann auch endlich nochmal gutes Wetter vorhergesagt war entschieden wir uns den Abstieg in Tal etwas nach hinten zu verschieben und vormittags noch den Gauablick-Höhlen-Klettersteig zu begehen. Bei schönstem Sonnenschein und gefühlten 30°C stiegen wir auf, vorbei an ein paar Schneeresten vom letzten Tag – eigentlich haben wir doch August und nicht April... Für einige war es die erste Klettersteig-Begehung aber wir alle meisterten auch die schwierigeren Stellen ohne Probleme. Das absolute Highlight war aber die 350 Meter lange Höhle. Nachdem am Höhleneingang mehr oder weniger erfolgreiche Silhouetten-Fotos geschossen wurden ging es bewaffnet mit Stirnlampen in die totale Dunkelheit. Nach erfolgreicher Durchquerung – natürlich nicht ohne Kopf anstoßen (zum Glück hatten wir einen Helm!) – beendeten wir die letzten Meter des Kletterstiegs. Oben angekommen auf dem Gipfelplateau waren wir wieder zurück in der Eiszeit, bei immer noch 10 cm schönstem Schnee. Provisorische Sonnenbrillen wurden getestet und weil wir ja noch runter bis in Tal mussten machten wir uns nach einer kurzen Mittagspause an den Abstieg. Normalerweise geht es runter durch ein Geröllfeld, dank Schnee war von dem beschriebenen Weg allerdings nichts zu sehen. So rutschten, hüpften und gleiteten wir einfach drauf los und mit ein paar alternativen Gehtechniken auf Schutt und Schnee standen wir schnell wieder unten auf der Wiese – natürlich wieder bei 30°C. Auf der Lindauer Hütte musste dann irgendwie wieder alles Gepäck in den Rucksäcken verstaut werden und es ging noch ein paar Stunden bergab bis zu den Autos. Nach insgesamt 66 km und 5.500 Höhenmetern machten wir uns mit vollgepackten Kofferräumen auf den Weg zum zweiten Teil der Jugendfahrt. Nach vielen Kurven auf den Bergpässen erreichten wir unser Quartier für die nächsten Tage, das DAV Berghaus Au im Bregenzer Wald. Weil wir das Haus fast für uns alleine hatten wurde das schönste Zimmer ausgesucht und dann gemeinsam gekocht.
Für den nächsten Tag stand dann endlich nochmal Sportklettern auf dem Programm. Wir entschieden uns für den Anfang für leichte Plattenkletterei an den Sonnenwänden im Schnepfauer Wald. Bei top Absicherung und an 35m langen Wänden haben alle ihre Vorstiegsliebe wiederentdeckt und sich - bis auf einen kurzen Zwischenfall mit einem Wespennest im besten Griff der Wand - ausgetobt. Weil ab mittags die Sonne auf die Platten schien wechselten wir zu dem etwas anspruchsvolleren, aber schattigen Bart-Simpson Block. Hier wurden die schweren Routen Haken für Haken in Team-Arbeit aufgehängt, während der Rest sich beim hoch schieben im Kamin vergnügte. Weil es uns dann aber sogar im Schatten schnell zu warm wurde entschieden wir uns für ein bisschen Action am Abend. An einer Canyoning Übungsstelle konnten wir uns durch einen Wasserfall abseilen. Weil schon beim Aufstieg erste nähere Kontakte mit dem Wasser hergestellt wurden, standen nachher wenigstens ein Paar durchnässte Turnschuhe zum Abseilen bereit. Nach einer schönen, mehr oder weniger freiwilligen Erfrischung im Wasserfall ging es zurück nach Au. Abends wurde wieder gemeinsam gekocht und die Tischtennis-Tauglichkeit von verschiedenen Frühstücksbrettchen getestet.
Auch am Freitag stand wieder Sportklettern im Klettergelände Schwarzenberg auf dem Programm. Nach kurzen Orientierungsschwierigkeiten am Parkplatz haben wir eine große Felswand mit schönen Routen in allen Schwierigkeitsgraden gefunden. Es wurden ausgiebig Vorstiegsstürze und das zugehörige Sichern geübt und sich über total unspeckigen Fels gefreut. Bei 30°C und direkter Sonne schwitzt man irgendwann aber auch im schönsten Klettergebiet so viel, dass wir entschieden den Nachmittag bei Slackline, Volleyball und Turmspringen im Freibad Egg zu verbringen. Abends wurden am Lagerfeuer Stockbrot und Ofenkartoffeln gegrillt – der optimale Garpunkt wollte allerdings trotz mehrerer Versuche nicht gefunden werden.
Weil auch für den Samstag wieder sehr heißes Wetter vorausgesagt war wollten wir der größten Hitze wieder oberhalb von 2000m entgehen. Mit unserer Gästekarte konnten wir mit dem Warther Sessellift hoch fahren und sind von dort aus den Klettersteig zum Karhorn (2416m) gegangen. Diesmal waren auch ein paar schwierigere Stellen dabei, aber dank unserem Klettertraining stellten auch die kein Problem für uns dar. Wieder unten angekommen stimmte die Mehrheit der hochmotivierten Jugendgruppe für nochmal Sportklettern am Nachmittag statt Freibad. Am Kletterfelsen Schrofenwies haben wir noch ein paar schattige Routen zum Finger langziehen gefunden und mussten unsere Stinkesocken gegen gefräßige Kühe verteidigen. Der letzte Abend wurde standesgemäß mit selbstgebackener Pizza gefeiert bevor alle ein letztes Mal in ihre Schlafsäcke gekrochen sind.
Am Sonntag hieß es dann leider wieder Rückreise in die Eifel für die erste Hälfte der Gruppe und Weiterfahrt Richtung Dolomiten für das Jugendleiter Team. Wir hatten viel Spaß bei einer Action-reichen Jugendfahrt mit großartigen Teilnehmern und Wetter aus allen Jahreszeiten.
Wir freuen uns schon auf die nächste Fahrt!