Datum: 04. 10 2023
Autor: Nina Gehlen
Am frühen Samstagmorgen steigen Anne, Hannah, Lina, Julian und Nina in Aachen in den Zug Richtung Süden, der uns schnell, gemütlich und pünktlich zum Ziel unseres diesjährigen Alpinmix bringt: den Wilden Kaiser. Von Going starten wir als schwer beladene Packesel den Aufstieg zur Ackerlhütte. Neben allerlei Klettermaterial haben wir nämlich auch die gesamte Essensversorgung für die nächsten Tage in den Rucksäcken, denn die Ackerhütte ist eine Selbstversorgerhütte.
Nach gut zwei Stunden und vielen kleinen Blaubeer-Pausen erreichen wir die Hütte zusammen mit den ersten Regentropfen und Paul, der den Zug aus dem Stubaital genommen hat – mehr Rennpferd als Packesel hat er die Hälfte der Zeit gebraucht. Das Timing ist aber perfekt, denn so können wir das heranziehende Gewitter gemütlich aus der kleinen Stube beobachten, während das Abendessen auf dem Gasherd köchelt.
Am nächsten Tag geht es erstmal zum Sportklettergarten Kanzelwand, knapp eine Stude von der Ackerlhütte entfernt. Dort wollen wir noch einmal die Basics des Alpinkletterns wiederholen und das Legen mobiler Absicherungen üben. Kaum am Felsen angekommen, zieht der erste Schauer über uns hinweg. Eng gestapelt unter einem Tarp und in einer Felsspalte bleiben wir aber vom Schlimmsten verschont. Es folgen ein paar Trockendurchläufen zum Standplatzbau und Mehrseillängen klettern und endlich auch etwas Kletterei an den allmählich trocken werdenden Felsen. Bis uns dann am Nachmittag der nächste Schauer ereilt…
Am Montag werden wir dafür mit stabilem Wetter belohnt, aber – Achtung Spoiler – es wird auch der einzige Tag der Woche ohne Regentropfen bleiben. Daher sind wir früh unterwegs, um uns zuerst an der Gildensteigwand warm zu klettern (Good Food, 3SL IV+) und anschließend den Kreuztörlturm zu erklimmen (Akademikerkante, 3SL IV). Die erste Route ist gut abgesichert, die zweite hat jedoch schon alpineren Charakter und muss mit mobilen Sicherungen ergänzt werden. Unsere zwei noch unerfahrenen Mehrseillängen-Kletterinnen Lina und Hannah schlagen sich jedoch wunderbar im Nachstieg. Die luftige Querung an der Akademikerkante ist dann aber doch etwas zu gruselig, sodass nur Julian und Paul die letzte Seillänge klettern und der Rest schon eine Seillänge vorher wieder abseilt. In beiden Fällen haben wir einen wunderbaren Blick bis ins bayrische Voralpenland bis hin zum Chiemsee. Nach einem erfolgreichen Klettertag folgt ein langer Abstieg zurück zur Hütte, nach 12 Stunden sind wir gegen 18:30 zurück und haben uns das Abendessen redlich verdient, inklusive Pudding mit frisch gesammelten Blaubeeren. Da soll nochmal jemand sagen Selbstverpflegung kann nicht kulinarisch sein!
Der Dienstag startet sehr verregnet, sodass wir erst einmal ausschlafen. Nach einem gemütlichen Frühstück und penibler Studie des Niederschlagradars nutzen wir eine kurze Regenpause, um zum gut 45min entfernten Sportklettergarten Schleierwasserfall zu laufen. Man könnte es Glück im Unglück nennen oder perfekte Standort-Wahl der Ackerlhütte – Am Schleierwasserfall geht eine massive Wand in ein noch massiveres Dach über, über dessen Kante der namengebende Wasserfall fällt. Trotz der vielen Regenschauer bleiben wir den ganzen Tag im Trockenen. Dafür reiht sich eine schwere Route an die nächste, die meisten Routen sind im 7. und 8. Französischen Grad. Wir suchen uns die leichtesten und leider auch speckigsten Routen im Klettergebiet – ob man bei 6a bis 6c von leicht sprechen kann, ist Ansichtssache. Auch wenn wir wegen dem Regen leider keine Alpinroute machen konnten, ist unser Fazit: Ganz schön anstrengend, aber geiles Klettergebiet und beste Regenkletter-Möglichkeit!
Am Mittwochmorgen packen wir dann schon früh unsere Rucksäcke – es steht wieder ein langer Tag an, denn wir durchqueren einmal den kompletten Wilden Kaiser von Südosten nach Nordwesten über den höchsten Berg der Kaiserkamms, die Ellmauer Halt. Wir stapfen also früh gemütlich los – aber was wäre ein Tag ohne Regenschauer? Kurz nach der Gaudeamushütte fängt es also an zu regnen, zum Glück nicht allzu viel, dennoch Grund genug um bei der nächsten Hütte, an der wir vorbeilaufen, der Gruttenhütte, eine Kakaopause einzulegen. Gut gestärkt folgt der anspruchsvolle Anstieg über den Gamsängersteig in die Rote Rinn Scharte. Hier deponieren wir unsere Rucksäcke und erklimmen die letzten Höhenmeter zum Gipfel. Oben werden wir mit Sonne, einer wunderbaren Aussicht und Schokolade belohnt. Unser Abendessen müssen wir uns trotzdem noch verdienen – bis zum Anton-Karg-Haus warten noch knapp 2000 Hm Abstieg auf uns, die sich ganz schön ziehen. In der letzten Stunde treffen wir dann noch auf Jenny die uns entgegengelaufen ist und zusammen mit Lea die nächsten Tage mit uns auf dem Anton-Karg-Haus verbringt. Dort checken wir bis Sonntag ein, statt selber zu kochen werden wir ab jetzt mit köstlicher Halbpension verwöhnt.
Der Donnerstag startet wieder grau in grau, was uns aber nicht vom Klettern abhält. Allerdings müssen wir unsere Pläne dementsprechend anpassen und steigen in die von Bergführern angelegte Übungstour in der Nähe der Hütte ein (Weiße Rinne, III). Im Regen und mit Wanderschuhen ist das aber auch ein kleinen Abendteuer, auch wenn die Kletterei teilweise eher einem Wanderweg ähnelt. Unsere Newbies können so aber nochmal optimal die Ablaufe üben und lernen, wie es sich anfühlt gut 50m nasses Seil nachzuziehen ;)
Freitag müssen uns Hannah und Lina leider schon wieder verlassen und Paul ist etwas am Kränkeln, aber für Jenny, Julian, Anne und Nina lässt das Wetter aber endlich eine ausgedehnte Alpintour zu. Nach 1,5h Zustieg klettern wir 11 Seillängen an der kleinen Halt (Klettergeheimnis, VI-). Der Einstieg noch etwas feucht, aber ansonsten ist die Kletterei wunderbar. Die Absicherung ist für eine Alpinroute ganz okay, hier und da schützen Friends und Keile aber vor zittrigen Gliedmaßen. Wir steigen über einen Klettersteig wieder ab und sind gerade noch pünktlich fürs Abendessen wieder an der Hütte.
Nach einem so erfolgreichen Tag ist der Samstag natürlich wieder verregnet. Und wie…
Es schüttet wirklich den ganzen Tag und während der Südwesten Österreichs und Slowenien in den Wassermassen untergehen, machen wir uns nach ausgiebiger Auskostung des Frühstücksbuffets auf eine zumindest kulinarische Genusstour auf. Wir laufen in einer Runde zur circa 4km entfernten Vorderkaiserfeldener Hütte, essen Apfelstrudel und Kaspressknödel, wärmen uns am Kachelofen und kommen am Nachmittag komplett durchnässt wieder am Anton Karg Haus an.
Am Sonntagmorgen ist offizielles Ende der Tour. Team Eifel/Aachen geht schon früh los zum Zug nach Hause, während Anne Eiskaffee mit sächsischen Jugendleitern trinkt, die wir in der Hütte kennengelernt haben und Jenny und Lea nochmal fleißig in die Übungstour einsteigen.
Es war eine schöne und lustige, wenn auch sehr feuchte Woche mit vielen guten Alternativplänen – wir hoffen im nächsten Jahr trotzdem auf mehr Alpinklettern mit genauso viel Spaß wie in diesem Jahr! :)