Datum: 14. 05 2010
Autor: Sven Claßen
Nach der langen Winterpause, mit der schon etwas zu liebgewonnenen Kunstharzkletterrei in den umliegenden Kletterhallen, sehnt sich der moderne Durchschnittseifeler nach den ersten Gehversuchen am heimischen Sandstein. Ist auch dieses Bedürfnis nach einigen Besuchen ausreichend befriedigt, freut man sich auf die Kletterfahrt ins fränkische Trubachtal.
Neben der erstklassischen Kraxelei in henkeligem Frankenkalk frohlocken vor allem Märchenwaldidylle, kulinarische Köstlichkeiten und weltbeste Braukunst. Etwas, was der Eifeler auch zu Hause gerne zu schätzen weiß. Allerdings zeichnete sich relativ kurzfristig ab, dass auch Petrus das lange Wochenende im Frühjahr, welches wir uns zum Klettern auserkoren hatten, lieber mit Urlaub und Entspannung verbringen wollte, als bei uns für schönes Wetter zu sorgen.
Da war Sie wieder, diese uralte Angst, dass einem der Himmel auf den Kopf fällt, oder zumindest Teile davon. Aber so richtige Eifelkletterer lassen sich von vorübergehender schlechter Witterung nicht abschrecken, zumal Kalk ja bei Wind noch schneller abtrocknet als Sand :).
Nicht umsonst hatte man schließlich schon bei Dauerregen in der fernen Schweiz im Zelt das Warten trainiert oder in der heimischen Eifel beim Schneeschippen lange genug den Körper gestählt, als dass man sich jetzt von einem bayrischen …Verzeihung… fränkischen Landregen aufhalten lässt.
Guter Laune trafen wir uns also Mittwochabends auf Oma Eichlers Kultcampingplatz in Untertrubach. Mit von der Partie waren Gero, Marc und Lars Kniep, sowie Christoph Zimmermann und Andrea Oversberg. Echte Urgesteine oder welche, die es mal werden wollen. Neben der Herberge für viele Kletterer mit ihren VW Bussen schien Oma Eichler auch gleichzeitig Hauptvertriebspunkt für alle lokalen Biere und Anlaufpunkt aller DAV-Jugendgruppen aus NRW zu sein.
Nach einer sehr erholsamen Nacht (der Leiter hatte mal wieder seinen Oropax® vergessen), startete unsere Truppe erst mal mit einem sehr ausgiebigen Frühstück. Auf diese Weise gestärkt machten wir uns bald auf, bei bestem Wetter die ersten Projekte am Fels zu bezwingen.
Bis in den späten Nachmittag wurde vorgestiegen, Klemmkeile gelegt und neue „Friends“ gefunden. Noch war es schön ruhig, viele NRW- Kletterer hatten sich wohl von den schlechten Wetterprognosen zu sehr abschrecken lassen, oder standen immer noch bei Würzburg im Stau, aber wie gesagt wir Eifeler trotzen ja von Natur aus allen Natur- und auch höheren Gewalten wie z.B. Regen oder den Baustellen auf der A3.
Schließlich war es soweit: Petrus’ Urlaubsvertretung riss die Himmelspforte über dem Trubachtal auf und der schon längst überfällige Landregen setzte ein. Pünktlich zu diesem Ereignis trafen dann auch endlich die anderen Klettergruppen aus dem Westen der Republik am Felsen ein.
Nachdem unsere Arme dick genug waren, um den Tag als vollen Erfolg zu bezeichnen, marschierten wir zurück in unser „Basecamp“ und ließen den lieben Gott nen guten Mann sein. Gemeinsam wurde mit den Spirituskochern um die Wette geheizt, Teewasser sowie Suppen gekocht.
Generell sollte der Spaß auf dieser Tour nicht zu kurz kommen. Es gab unentwegt Gelegenheit zu lachen, über und miteinander. Man ließ der berüchtigten Eifeler Bergvolk Mentalität genügend Raum zur Entfaltung und störte sich auch nicht mehr weiter an der hohen Luftfeuchtigkeit, oder an der Tatsache, dass man im sonnigen Nideggen nun ein leckeres Eis haben könnte.
Unter Geros Universalplane, die zwischen Zelten und Apfelbäumen aufgespannt war, ließ es sich zudem sehr gut aushalten. Nebenher gab es auch die Möglichkeit den Empfehlungen örtlicher Brauingeneure Folge zu leisten.
Am nächsten Morgen, Petrus Urlaubsvertretung hatte offenbar völlig vergessen die Himmelspforte, wie angekündigt, wieder zu schließen, machten wir uns auf, um der berühmten Kletterhalle in Forchheim einen Besuch abzustatten.
Trockenen Fußes genossen wir das enorme Vorstiegs- und Boulderangebot und kletterten bis in die Abendstunden. Auch mit den anderen NRW-Klettergruppen gab es ein Wiedersehen, nur hatten diese auch diesmal wieder das Nachsehen, denn in der Kletterhalle war einfach kein Platz mehr.
Der Eifeler an sich dagegen ist eben der geborene Frühaufsteher und kann auf ein großes Repertoire an Volksweisheiten wie z.B. Der frühe Vogel hat Gold im Mund …oder so ähnlich…zurückgreifen.
Um den gelungenen Tag abzurunden, kehrten wir abends in einer gemütlichen Gaststube ein, die auch ein wenig an zu Hause erinnerte. Nach den zahlreichen Beschwerden aus dem Trubachtal schien der Himmel ein Einsehen gehabt zu haben und weckte uns am nächsten Morgen mit auflockernder Bewölkung. Das war unsere Chance noch einmal Fels zu fassen.
Doch an diesem Morgen war irgendetwas anders: Oma Eichlers Obstwiese schien wie leergefegt und tatsächlich Parkplatz um Parkplatz an den bekannten Kletterfelsen des Tales war gefüllt mit Fahrzeugen, hauptsächlich mit den amtlichen Kennzeichen, AC, DN, und K. sowie ein paar Exemplaren mit schwarzer Schrift auf gelbem Grund.
Aber wir Eifeler sind schlau, nicht umsonst wachsen bei uns ,im Sibirien NRWs, immer nur die kleinsten Kartoffeln. „Wenn die alle hier sind, wer klettert dann heute in Nideggen???“.
Am frühen Abend stand der moderne Durchschnittseifeler also wieder mit Muskelkater in den Armen vor dem Grill auf seiner heimischen Terrasse und freute sich schon auf den morgigen Tag. Bouldern an den sandigen Blöcken der Rureifel oder lieber lange Touren im Gerolsteiner Dolomit klettern?. Wer die Wahl hat….
Zumindest wusste man jetzt, dass die alte Bauernregel mit den vier Eisheiligen nicht nur zu Hause gilt sondern auch im fränkischen Trubachtal Anwendung findet. Auch war an diesem Wochenende klar geworden, wo Petrus seinen Urlaub verbracht hatte.
„Nicht nur ist's länger keine Schand,
zu stammen aus dem Eifelland;
so große Ehre ist's vielmehr,
das selbst ich gern ein Eifler wär.“
(Eifellied, 1890)