Wir schreiben den April 2011. Das Thermometer steigt auf 30 Grad. Die letzten Schneereste sind längst aus dem Thüringer Wald verschwunden und ca. 1 h mit dem Auto + 1 h zu Fuß von Eisenach entfernt erhebt sich der bis zu 100m hohe Falkenstein. Der Frühling zeigt sich großzügig und spendiert uns einen Sommerurlaub der Extraklasse. Da Sven, Tom und ich uns die Vielseitigkeit auf die Fahnen geschrieben haben, reizt uns das Gestein, das aussieht wie Porphyr natürlich besonders. Zusammen mit 7 Leidensgenossen, die ebenfalls vom Klettervirus befallen sind und obendrein (fast) alle heimisch hier, starten wir also frohgemut den ersten Klettertrip des Jahres.
In der Frühlingssonne ziehen wir zum Einklettern erst mal leichtere Mehrseillängen. Der rauhe, rötliche Fels fühlt sich für unsere Kieselfinger ungeheuer fremd an. Kurz darauf entern unsere Seilschaften von allen Seiten das erste Mal das Gipfelplateau des Falkensteins. Von hier oben bietet sich uns ein herrlicher Blick über den grünen Thüringer Wald, der sich unter uns in alle Richtungen erstreckt. Nach kurzer Pause folgt bereits der erste Nervenkitzel. Zum Abseilen von der niedrigsten Stelle des Falkensteins geht es luftige 30 m abwärts. Dass das Seil wegen des überhängenden Felsens hierbei frei in der Luft hängt, schreckt uns nicht. Etwas mulmig ist einem nur zumute, weil das 50m Seil 5 m über dem Boden endet. Endlich einmal zahlt sich das Kekstraining aus, denn nur für den, der genug Gewicht besitzt, endet die Abseile dank Seildehnung mit beiden Beinen auf dem Boden.
Von allen Seiten und sogar aus der Mitte heraus lässt sich der Falkenstein von uns geduldig beklettern. Abwärts geht es allerdings aufgrund der Höhe immer nur an unserer luftigen Abseile. Je nach Ausstieg muss deshalb das ganze Gipfelplateau überquert werden, inklusive der kleinen Schlucht, aus der ebenfalls die ein oder andere Route herausführt. Nun ist für einen Eifeler Kieselfreund so ein Blick in 100m Abgrund nicht ganz alltäglich und geht somit nicht emotionslos an einem vorüber, vor allem, wenn die Kantenhöhe der linken von der der rechten Seite um ein paar Meter abweicht. Wie kommen wir denn da rüber? Zum Glück wissen unsere ortskundigen Freunde Rat und reden uns so lange gut zu, bis wir den Überfall an die Wand wagen und beherzt mit ein paar Zügen zur rettenden Kante hochklettern. So ganz verlässt uns die Spannung nicht, nicht zuletzt auch deswegen, weil sich der Fels als sehr „geschwätzig“ erweist. Ständig knarzt und knackt es und spätestens wenn der Friend hinter der dicken Schuppe liegt, die schon unter dem Körpergewicht ächzt, sind gute Nerven gefragt. Unseren Freunden scheint das Ganze nichts auszumachen. „Das hält schon, keine Sorge!“ beruhigen sie uns und steigen munter weiter. Nicht umsonst bedeutet der Fachbegriff für dieses Gestein, das eben nur so aussieht wie Porphyr, soviel wie „singender Stein“.
Bei so vielen Touren fällt es schwer, sich für eine Route zu entscheiden. „Ich habe da noch was für Dich.“ Mit einem Augenzwinkern nimmt mich mein Seilpartner mit zu einer eher unspektakulären Route auf der …seite. „Tanzen und lächeln“, 6+. Seltsamer Name. Meine Skepsis ist schon nach den ersten Metern wie weggeblasen. Herrlich sind diese fließenden Bewegungen auf winzigen Tritten und Griffen, die überall auftauchen, wo man sie gerade braucht. Die grobe Oberfläche des Gesteins zu lesen und sich weich und leise zu bewegen besitzt einen ganz eigenen Zauber. Tatsächlich ist es wie ein Tanz in dieser Route zu klettern. Oben auf dem Felskopf empfängt mich lächelnd mein Seilpartner und auch ich strahle. Keine Frage, hier ist der Name Programm!