Allein für die Mimi-Renno-Halle seit April in 127 Stunden Arbeit 21 neue Routen geschraubt
Wer immer das Gleiche trainiert oder klettert, wird auch immer nur das Gleiche können. Das Routenbauteam der Sektion Eifel hat deshalb seit April allein für die Mimi-Renno-Halle in 127 Stunden Arbeit alte Routen herausgeschraubt, Griffe gereinigt und neue Routen gesetzt. Und zwar bislang 21, davon 15 in den Sommerferien, die anderen an Feiertagen. Und wir haben den Sektor an der Kletterwand ganz rechts durch Neuplatzierung der Volumen komplett verändert.
Dazu kommen noch zahlreiche Stunden für Überlegungen rund um Wand, Griffe, Schwierigkeitsverteilungen, Abstimmungen, Schulungen und Lehrgänge, Einkauf von Griffsets und Schrauben, Erstellen von Skripts, Abstimmung von Terminen, Diskussionen über Schwierigkeitsverteilungen und Anforderungen, sowie manchmal auch Beruhigen von Teammitgliedern, wenn – leider oft nicht persönlich, sondern „hintenrum“ – unfair über Routen gemotzt wurde. Ja, wir sind nicht perfekt, haben auch nicht immer den kreativsten Tag, aber wir denken uns etwas dabei, wenn wir Routen setzen. Dazu gehören Überlegungen zur Technikvermittlung, zu Sicherheit, Abwechslung, Zielgruppen und mehr. Wir müssen auf sieben Meter Routenlänge verdichten, was in anderen Hallen auf 14, 16 oder 18 Meter stattfindet. Dazu haben wir einen hohen technischen Anspruch. Wir stehen gerne für Tipps und sachliche Kritik bereit – aber wenn jemand bei uns nicht die Wand im Grad XY hochkommt, wo er Grad XY in seiner Heimathalle doch immer schafft, muss nicht unbedingt der Routenschrauber daneben gelegen haben. Über Sätze wie „das ist alles so technisch“ regen wir uns nicht mehr auf – es ist unser erklärtes Ziel, schon durch den Routenbau die Voraussetzungen für technisch gutes und variationsreiches Klettern zu bieten. Dabei vergessen wir nicht Anfänger- oder Kinderrouten – aber auch in denen kann es sein, dass man mal etwas denken, fühlen oder ausprobieren muss.
Dass wir die Grade im mehrfachen Wortsinn hoch halten, hat auch Sicherheitsgründe. In unseren Outdoor-Kursen sehen wir immer wieder bei Felsneulingen, dass sie sich in Graden deutlich unter dem, was sie in einer eher soft bewerteten Halle irgendwie die Wand hoch schaffen, in Klettergebieten sehr schwer tun. Da kann dann schon einmal jemand, der sich als 7- Kletterer vorstellt, in einer 4+ am Fels in echte Schwierigkeiten kommen und stürzen (realer Fall aus dem Kursbetrieb). Aber auch „Draußen-Erfahrene“ können eine böse Überraschung erleben, wenn sie an einer anderen als der gewohnten Felsart oder durch komplett andere Wandneigungen mit ungewohnten Techniken konfrontiert werden. Durch abwechslungsreiches und technisch anspruchsvolles Routenschrauben versuchen wir, zumindest ein wenig auf solche Überraschungen vorzubereiten.
Die Arbeiten an der Wand werden mittlerweile aus rechtlichen Gründen und der Sicherheit wegen nach Industriekletterstandard mit der entsprechenden Ausrüstung für Höhenarbeiten ausgeführt. Dazu waren und sind Schulungen nötig – und für die vollständig höhenzertifizierte Ausrüstung ein hoher finanzieller Aufwand, den zum größten Teil die Sektion gestemmt hat. Aber auch jeder Schrauber hat noch einiges an Geld im drei- bis vierstelligen Bereich für weitere Ausstattung und Werkzeug – neben viel Zeit und Geduld auch für die Schulungen und Ausbildung, denn Mindeststandard ist mittlerweile Kletterbetreuer – investiert.
Zum Team gehören Armin, Dirk, Thorsten und Tameer. Kira wird gerade angelernt, so dass eine gute Bandbreite an Größe, Reichweite, Kletterstil und Alter vorhanden ist. Es stehen von Vereinsseite vier Grundsets zum Schrauben bereit. Durch privates Equipment von Dirk und Tameer – wir reden über einen Wert im vierstelligen Bereich – ist ein fünftes Set verfügbar. Wir klettern gegenseitig alle Routen gegen, bewerten gemeinsam und machen, falls nötig, Änderungsvorschläge.
Das Team hat auch im Boulderraum des Hermann-Josef-Hauses komplett umgeschraubt. Außerdem soll demnächst ein weiterer, moderner Boulderraum in Schleiden zur Verfügung stehen. Durch eine Kooperation können dann auch dort Kurse oder Bouldertreffs stattfinden. Um Kosten zu sparen und die Schule, die den Raum eingerichtet hat, zu unterstützen, haben Kira und Tameer dort die Erstbeschraubung übernommen und Boulder vom 3. bis 6. Bleau-Grad, also etwa 4 bis 8 UIAA, geschraubt. Insgesamt hat das Team allein in diesem Jahr bereits rund 200 Stunden für den Routenbau investiert. Tameer hat zudem den ersten Lehrgang zum DAV-Routenbauer absolviert und will noch in diesem Jahr Lehrgang 2 und Prüfung schaffen.