Eigentlich hatte ich in der Zeit vom 24. bis 28.02. eine Sektionsfahrt zur Durchführung von anspruchsvolleren Skitouren geplant. Da jedoch der Zulauf potentieller Teilnehmer sehr gering war, habe ich die Tour mit dem einzig verbliebenen Teilnehmer, Siegfried van Durme aus Schmidt, als Privatfahrt durchgeführt. Damit sich im nächsten Jahr vielleicht mehr Teilnehmer melden, möchte ich kurz darüber berichten, was wir erlebt haben, um für die nächsten Touren mehr Interesse am Skitourengehen zu wecken.
Begonnen haben wir unsere Tour bereits Freitagabend bei mäßigen Wetteraussichten mit der Anreise ins Engadin. Vor dem Schlafengehen schauen wir noch einmal in den bedeckten Himmel hoffen, entgegen der Wetteraussichten, darauf am Samstag eine Tour gehen zu können. Da am Samstagmorgen die Wolken sehr tief hängen und nur teilweise etwas Sicht zulassen, beschließen wir mit der Bahn zur Bergstation Muottas Muragl hinauf zu fahren.
Vorher haben wir uns an der Kasse erkundigt hatten, ob eine Abfahrt bis ins Tal trotz der geringen Schneemenge im unteren Drittel möglich ist. Von der Bergstation folgen wir dem Winterwanderweg Richtung Fourcla Muragl. Das Wetter wird im Laufe des Aufstiegs schlechter und es schneit zeitweise etwas. Trotzdem finden wir den Passübergang auf 2.891 m und machen uns wegen des windigen Wetters rasch wieder an die Abfahrt. Schnee liegt in der ersten Hälfte der Abfahrt zwar genug, dieser ist jedoch von bescheidener Qualität, da er i.W. aus Bruchharsch oder feuchtem Neuschnee besteht. Weiter unten im Val Muragl unterhalb von Mouttas Muragl wird der Schnee allmählich weniger und einige Grasflecken müssen umfahren werden.
Das letzte Stück fahren wir über die knüppelhart gefrorene Rodelstrecke bis zur Talstation ab. Die Tour war zwar nicht besonders schön, aber wir waren wenigstens unterwegs und vertrauen auf den Wetterbericht, der ab Montag Wetterbesserung verspricht. Da das Wetter sonntags leider noch immer schlecht ist, gehen wir im Skigebiet Corviglia ein paar Stunden "pisteln" zwecks Verbesserung der Skitechnik.
Montagmorgen ist das Wetter tatsächlich schon viel versprechend, es zeigt sich blauer Himmel und es liegt einiges an Neuschnee. Nur von Norden ziehen immer wieder einige Wolkenfelder über den Julierpass ins Engadin, die sich dann aber meist auflösen, deshalb entschließen wir uns eine Tour im nach Süden gerichteten Fextal zu machen. Die geplante Tour führt von Sils Maria zunächst für 20 min. zu Fuß durch eine enge Schlucht und dann mit den Ski zur letzten Ortschaft Fex Crasta. Von dort führt der Weg weiter durch einen lichten Zirbenwald auf den Rücken zwischen Fextal und Val Fedoz. Die Tour haben wir u.a. gewählt, da wir hoffen bei der ostseitig gerichteten Abfahrt ins Fextal besseren Schnee anzutreffen als am Samstag.
Dank der vorangegangenen Neuschneefälle wurde der lichte Hochwald in einen mit Pulverschnee bedeckten Märchenwald verwandelt durch den wir alleine aufsteigen. Kurze Zeit vorher hatte uns jemand den Gefallen getan eine Spur durch das etwas unübersichtliche Waldstück zu legen. Auf dem breiten Rücken angekommen hat man einen tollen Ausblick in die rechts und links liegenden Täler, das Engadin Richtung St. Moritz und auf die im Süden liegenden Gipfel.
Der parallel zum Fextal verlaufende Rücken steigt in wenigen kleinen Aufschwüngen an. Diesem folgen wir noch bis auf ca. 2.600 m, danach kommen felsige Passagen. Nach einer kurzen Rast in der Sonne begeben wir uns in der Hoffnung auf besseren Schnee an die Abfahrt. Da der Schnee vormittags von der Sonne etwas aufgeweicht wurde, ist dieser leider nicht zu gut wie erwartet.
So suchen wir nach Rinnen, die etwas nordwärts gerichtet sind und weniger direkte Sonneneinstrahlung mitbekommen haben. Dort ist der Schnee tatsächlich etwas besser. Hier macht sich die langjährige Erfahrung bezahlt, in der man gelernt hat den Schnee zu "lesen" und zu erkennen, wo der Schnee fahrbar ist und wo nicht.
Je tiefer wir ins Fextal kommen, desto schwerer wird der Schnee allerdings und kurz vor dem Talboden ist der Schnee fast knietief und hat die Kon-sistenz von feuchtem Sand, so dass wir kaum noch einen vernünftigen Schwung fahren können. Nach einer kurzen Stärkung mit Kuchen im Hotel Fex müssen wir zu guter Letzt noch ca. 2 km über die Langlaufloipe teilweise schiebend oder tragend zurückgelegt werden, bevor das letzte Stück wieder gefahren werden kann. Am Ende des Tages freuen wir uns über eine gelungene Tour, bei der zumindest der Aufstieg sehr viel Spaß gemacht hat.
Für unseren letzten Tag hat der Wetterbericht endlich engadiner Traumwetter vorhergesagt. Deshalb haben wir für diesen Tag auch die höchste Tour geplant. Wir wollen auf den 3.164 m hohen Piz Lagrev gehen. Damit der Anstieg etwas kürzer wird, fahren wir auf den Julierpaß und starten vom Parkplatz an der Alpe Güglia bei kaltem aber sonnigen Wetter. Zunächst geht es wieder in den Schatten durch ein enges Tal, dass vom Parkplatz nicht einsehbar ist.
So kennen wir den Tourenverlauf nur von der Karte und sind gespannt, was uns erwartet. Nach dem steilsten Stück, einem ca. 37 Grad steilen, windgepresstem Aufschwung weitet sich das Tal und der Gipfel wird zum ersten Mal sichtbar.
Jetzt gehen wir wieder in der Sonne und nach einem weiteren Aufschwung erreichen wir den Lej Lagrev, einen kleinen zugefrorenen, See auf ca. halber Strecke. Ab dem See ist die gesamte Landschaft tief mit glitzerndem Pulverschnee bedeckt. Bei einer kurzen Pause können wir den Verlauf der zweiten Hälfte der Tour studieren. Sie verläuft über einen mäßig steilen Gletscher, der wenig Spalten hat. Ab dem See haben wir fast knietiefen, trockenen Pulverschnee, der dank der Nordexposition des Tales wohl auch im Tagesverlauf so bleiben wird. Dies lässt bereits auf eine traumhafte Abfahrt hoffen.
Der Weg über den Gletscher ist von einer vorangehenden Gruppe bereits gespurt und zieht sich gleichmäßig bis zu einem letzten steilen Aufschwung. Dieser ist zwar nur ca. 20 m. hoch an der steilsten Stelle aber kurz fast 40 Grad steil. Nach dessen Überwindung haben wir zur anderen Seite einen traumhaften Blick auf das Engadin und die Berninagruppe. Genau gegenüber von uns liegt der Piz Corvatsch und das gleichnamige Pistengebiet, auch unsere Tour vom Vortag im Fextal lässt sich genau verfolgen. Bis zum Gipfel sind es nur noch wenige Meter und dort genießen wir während der Pause den 360 Grad Rundblick. Die Vorfreude auf die zu erwartende Traumabfahrt lässt zumindest mich schon etwas kribbelig werden.
Als eine Gruppe Franzosen, die nach uns den Gipfel erreicht hat, sich mit ihrem Führer zur Abfahrt vorbereitet, beeilen wir uns und drängeln uns ein wenig vor.
Die Gruppe fährt jedoch nach Süden ins Engadin ab, was für uns unverständlich ist, da die letzten 300 Höhenmeter fast keinen Schnee mehr haben, dies konnte man am Vortag im Engadin sehen. So können wir uns etwas Zeit lassen und genießen jeden Schwung auf dem Gletscher in perfektem Powder. Die Abfahrt ist genauso traumhaft wie erwartet, aber leider viel zu schnell vorbei. Der letzte Teil führt wieder teilweise über windverblasenen aber fahrbaren Schnee entlang der Aufstiegsspur, die aufgrund des teilweise starken Windes jedoch nicht mehr zu sehen ist. Nach ca. einer Stunde sind wir wieder am Wagen und unterhalten uns noch mit einem schweizerischen Pärchen über die tollen Verhältnisse. Diese Tour im Engadin kannte ich bisher noch nicht, kann Sie aber allein wegen der Aussicht sehr weiterempfehlen. Durch die nördliche Exposition des Gletschers sind dort noch bis ins Frühjahr gute Verhältnisse anzutreffen, und auch landschaftlich ist die Tour sehr reizvoll. Schlussendlich hat sich die gesamte Fahrt trotz anfänglich schlechter Verhältnisse gelohnt und ich denke, alle, die nicht dabei waren, haben etwas verpasst.