Kurz nach Mitternacht klingelt das Telefon. „Wir sind gerade bei Dahlem“, sagt Margret. Da heißt es die kurze Schlafzeit beenden, aufstehen, anziehen, Rucksack, und was sonst noch außen an den Rucksack kommt, aus der Garage nach draußen zu stellen. 15 Minuten später kommen 2 Scheinwerfer in den Hof. Noch ein Abschiedsschmatzer, kommt wieder gesund zurück, und die Fahrt in die dunkele März-Nacht beginnt. Kurz nach 09.00 Uhr ist das Ziel erreicht, Grindelwald/Schweiz. Bei Grindelwaldsport holen wir die bestellte Lawinenverschüttetenausrüstung ab, und danach geht es 2 Stunden mit der Jungfraubahn in die Bergwelt, durch Eiger und Mönch hoch bis zum Jungfraujoch, vom zaghaften Frühjahr in den bei uns erst gerade vergangenen tiefen Winter. Im Eiger ist ein Halt, und man kann aus dem Fels heraus in die Nordwand des Eiger und ins Eismeer sehen.
Oben auf dem Joch (3454 m) geht es dann in die Schneeschuhe und ans Seil. Die Leute am Seil sind Margret Wegener, Werner Holwein, Wolfgang Weyermann und Alois Handwerk.
Dann geht es auf dem Jungfraufirn hinab zum Konkordiaplatz, wo die Gletscher Großer Aletschfirn, Jungfraufirn, Emigschneefeld und Grüneggfirn zusammentreffen, um dann zusammen als Aletschgletscher weiter zu Tal fließen. Es ist schon ein beeindruckend großer Platz, unter dem sich noch 900 m Eis befinden, und auf dem eine mittlere schweizer Stadt Platz finden würde.
Aber nicht der Konkordiaplatz, die Konkordiahütte (2850 m) ist das Tagesziel, und das soll es noch in sich haben. Von Eifelhöhe kommend, müssen wir nur einen halben Tag später in dieser Höhe die 433 Stufen der an der Felswand angebrachten Stahltreppe bis zur Hütte ersteigen.
In dieser Höhe, dazu noch mit der Last des Rucksacks, hat dieser Aufstieg es in sich. Japsend kämpfen wir uns hoch. Und oben, erst mal hinsetzen und durchschnaufen. Die Hütte war einst an den Gletscher gebaut worden. Danach hat der Gletscher 120 m an Höhe verloren. Erst wurden Holzleitern an den Abgrund angebracht. Immer mehr wurden notwendig. 19XX entschließt man sich dann die Stahltreppe zu bauen. Wie oft muss sie wohl noch verlängert werden?
Der Rest des Tages vergehen mit ausruhen, essen, Bier und planen für die nächsten Tage.
Am nächsten Tag ist es morgens bedeckt und es schneit etwas, aber es soll nachmittags aufhellen. Beste Voraussetzungen über den Großen Aletschfirn zur Holandiahütte (3240 m) an der Lötschenlücke.
Petrus sieht es aber anders vor. Nach ca. ¾ der Strecke zieht Nebel, Wind und auf, und schließlich setzt auch noch Schneefall ein. In der weißen Suppe weiß man nicht mehr wo rechts und links ist. Nur das gemeinsame Seil lässt uns nicht verlieren. Ich sehe mich schon meine erste Nacht über 3000 im Schnee verbringen. Werner geht mit GPS voran. Hier muss die Hütte irgendwo sein. Das Gerät zeigt noch 80 m an. Keine Hütte in Sicht. Wir müssen das Gelände beachten. Auf einmal sieht Margret die Hütte, und zeigt auf eine Felsformation. Ich suche die Hütte und sehe sie nicht. „Da ist sie“, sagt Margret. Auf ein Mal erkenne ich der Felsformation in Form eines Hauses. Wir stehen vor der Hütte. Glückliche Momente, die man nicht vergisst. Wir sind die einzigen Gäste an diesem Abend. Andere hatte wohl einen genaueren Wetterbericht. Wieder Pläne, aber weniger Bier.
Morgens heißt es, dass einer geschnarcht habe. Das interessiert aber nicht weiter, denn es ist Kaiserwetter. Freier Blick bis über den Konkordiaplatz, die andere Seite ins Lötschental. Nach dem Frühstück geht es in die Schneeschuhe und ans Seil. Gemeinsam steigen wir der Äbeni Flue entgegen. Schnee und Sicht sind herrlich. Es wird abwechselnd gespurt; es gibt keine Spur am Berg. Vor dem Gipfelgrad wird es steiler. Margret ist Schneeschuhgehen geübt, und fliegt uns davon. Es ist meine erste SchneeSchuhTour, und ich muss noch das Gefühl dafür bekommen. Erstaunlich wie man im steilen Harschschnee mit den Zacken der Schneeschuhe halt findet. Der Gipfelgrad ist dann ein Spaziergang. Um 13.00 Uhr stehen wir auf dem Gipfel der Äbeni Flue (3962 m). Wir genießen die Bergwelt, die Kameras klicken.
Eine halbe Stunde danach geht es in guter Stimmung wieder bergab zur Holandiahütte. Heute sind wir nicht mehr alleine. Morgen gehen mehrer Skibergsteiger hoch. Die Stimmung in der Hütte ist gut. Es gab wieder mehr Bier.
An diesem Morgen ist klar, dass nicht nur einer das Schnarchen beherrscht. Ob das neuerliche Kaiserwetter damit zusammen hängt? Nach ausgiebigem Frühstück spazieren wir gemütlich den Großen Aletschfirn talwärts über den Konkordiaplatz zu den 433 Stufen.
Die Erinnerung an 2 Tage vorher war nicht berauschend. Aber die Akklimatisation hat ihre Wirkung. Der Aufstieg ist schon deutlich leichter.
Wir sind früh angekommen, aber zu spät für weitere Bergtaten. Also genießen wir den Nachmittag von der Sonnenterrasse der Konkordiahütte aus. Wir können uns nicht satt sehen, an der unvergleichlich herrlichen winterlichen Bergwelt, den Gletschern, den Wolken und all den Hörnern dazwischen.
Gestört wird dies nur von dem unerwarteten Flugverkehr. 2 Kampfjets sehen wir vom Jungfraujoch kommend tief über den Konkordiaplatz fliegen, und weiter dem Aletschgletscher in seinem Bogen folgen. Den Piloten wird gefallen, uns nicht so recht.
Zwischendurch tauchen immer wieder dunkle Punkte in der weiten weißen Gletscherwelt auf. Die Punkte bewegen sich. Es werden 2 Punkte, manchmal 3, 4 oder mehr Punkte. Aus den Punkten werden Striche, und schließlich erkennt man ob sie mit Schneeschuhen oder mit Skiern unterwegs sind. Nach ca. 2 Stunden verschwinden sie unterhalb des Felsabbruchs, und nach ca. einer weitern Stunde kommen sie alle japsend, und froh die Hütte erreicht zu haben oben an.
Abends ist Betrieb und gute Stimmung in der Hütte. Das Bier beim und nach dem Essen schmeckt besonders gut.
Der nächst Tag soll keine schlechtes, aber auch kein Kaiserwetter bringen. Also entschließen wir uns nicht aufs Grünhorn zu steigen, sondern die Mönchjochhütte anzusteuern. Nach dem steilen Aufstieg entlang den Abbrüchen des Ewigschneefälds geht es moderat aber stetig aufwärts.
Es wird ein langer Gang. Die Sicht ist bescheiden, nur so hin und wieder tauchen die Gipfel rechts und links aus dem Hochnebel. Je näher wir dem Oberen Mönchjoch kommen, um so stärker wird der Wind. Schließlich kommt noch leichter Schneefall dazu, und es wird kalt. Aber die Generation 50-Plus-Seilschaft kämpft sich beharrlich bis zum unteren Eingang der Mönchjochhütte (3650 m). Wieder haben wir freie Tischwahl, wir sind die einzigen Gäste. Ein Bier reicht an dem Abend. Es geht früh zu Bett. Wer zuerst schnarcht hat gewonnen.
Der nächst Morgen nimmt uns jedwede Entscheidung ab. Es schneit, es stürmt, draußen ist alles gefroren, das Wetter hat umgeschlagen. Wir frühstücken gemütlich. Danach gehen wir durch den Schneesturm zum Jungfraujoch. Der Weg ist breit und mit Stangen gut markiert. Unterwegs überholt uns noch der Hüttenwirt mit der Schneeraupe. Im Jungfraujoch schauen wir uns noch den Eispalast an. Mit der Jungfraubahn geht es runter ins sonnige Grindelwald. Abends hat uns die Eifel wieder.