Im diesjährigen heißen Jahrhundertsommer freue ich mich auf klare Luft und kühle Berge.
Die vom Tourenleiter Werner gut informierte und vorbereitete Gruppe trifft sich aus allen Himmelsrichtungen am 18. August in einer gemütlichen Bergsteigerpension in Saas-Grund im Saastal.
Von hier aus wollen wir, das sind Ina, Daniel, Johannes, Sergej, Timo, Werner, Wolfgang und ich, uns drei Tage lang für die geplante Hochtour im Monte Rosa Massiv akklimatisieren – und qualifizieren!
Den Anreisetag nutzen wir, indem wir ab Mittag eine kleine Nachmittagsrunde von der Station Kreuzboden auf 2400 m aus über Almagelleralp nach Saas Almagel drehen.
Die Gruppe passt, wir sind acht Leute zwischen 28 und 67 Jahren, einer toller Mix von Persönlichkeiten, die im Laufe der Tage nervenstark und souverän mit mir auf Tour gehen werden.
Am Sonntag dann startet die Vorbereitung mit dem ersten 4000er, dem Allalinhorn, das ich von meinen Skiabfahrten aus seit Jahren bestaune.
Wir werden mit der Metro Alpin auf 3500 m hochgeschossen, schnaufen kurz, schnallen unser Geräffel an und los geht´s!
Wir wundern uns über eine Holzleiter für leichteres angehen – das Geschäft der Bergführer muss ja laufen – und freuen uns über den ersten leichten Berggipfel auf 4027 m.
Hier hissen Johannes und ich als überzeugte Europäer unsere Fahne auf Schweizer Gipfel – es gibt keine Probleme, alle machen mit und wir freuen uns großartig.
Zurück vom Berg üben wir noch den „Aufstieg am Fixseil“ hoch und runter für die Steilpassage auf dem Weissmies am nächsten Tag, doch die Schlüsselstelle da kam ganz anders…
Schon der dritte Tag, wir fahren mit der Gondel bis Hohsaas auf 3200 m und starten den Zustieg auf das Weissmies, 4017 m.
Wir wandern über den Triftgletscher und begegnen der diesjährigen Schlüsselstelle am Berg schon im ersten Drittel: es ist ein gespurtes steiles und abschüssiges Band, mit Seil wenig vorgesichert. Hier setzt unser versierter Tourenleiter die erste Eisschraube für unser Seil als zusätzliche Sicherung. In etwas steilerem Gelände als gestern mit etwas mehr Schneegewühle schrauben wir uns dem Gipfel entgegen, den wir stolz um 13:15 Uhr erreichen.
Beim Rückweg gibt es ganz viele zusätzliche Eisschrauben zur Absicherung der Schlüsselstelle, denn der Gripp am Band ist Matsch.
Wir verlieren Zeit und schaffen die letzte Talbahn mehr als knapp.
… Blick zurück…
Ich strenge mich stark an, die Schweizer Pünktlichkeit und Ordnung zu einer Ausnahme zu überreden, der Schweizer Beamte bringt mich schon in Fahrt, bevor er uns doch noch ins Tal fährt.
Schon Dienstag, es geht auf die Hüttentour ins Monte Rosa Massiv.
Wir wechseln über Täsch nach Zermatt, wo wir in die Gornergrat Bahn Richtung Rotenboden steigen. Der Blick von da auf das Matterhorn ist ein Highlight der Asiaten, entsprechende viel Getümmel ist am Einstieg des gemütlichen Wanderweges Richtung Gornergletscher, den wir über Eisenleiter und –brücke erreichen.
Wir steigen der Monte Rosa Hütte auf rund 2800 m entgegen, die wir nass aber glücklich am Nachmittag erreichen.
Ich bin fasziniert!
Im Vorfeld hatte ich über die „Cola-Dose“ schon gelesen:
„(…)Die Hütte der Sektion Monte Rosa des SAC (Schweizer Alpenclub) nimmt Landschaft und Licht der hochalpinen Zone auf, weil das silberne Aluminium ihrer Fassade die Umwelt reflektiert. Konstruktion und Technik wurden von Studenten der ETH (Eidgenössische Technische Hochschule) um Dr. Meinrad K. Eberle entwickelt. Das Gebäude ist energetisch gesehen in großen Teilen autark, Abwässer werden rezikliert. Die Hütte dient der ETH auch weiterhin als Forschungsobjekt in den Bereichen Energie und Gebäudetechnik (…)“
Meine Erwartungen werden übertroffen. Außen Alu, innen Holz, gute Luft und perfekte Küche.
Wir essen heiße Suppe und müssen uns schweren Herzens von Ina verabschieden, die verletzungsbedingt ausscheidet und am nächsten Tag absteigt.
Danke Ina, für die gute Zeit!
Mittwochmorgen, der Aufstieg über den Grenzgletscher Richtung Lisjoch steht an – immer mit Blick auf das Matterhorn.
Guten Morgen!
Wir starten früh in das Blockgelände.
Danach wird es für mich ehrfürchtig, denn es geht auf meine persönliche Schlüsselstelle der Tour, auf den Grenzgletscher zwischen der Schweiz und Italien. Das Eismonster mit seinen unsagbar vielen und tiefen gefräßigen Spalten schafft mir Respekt.
Wir beginnen den Einstieg um 06.30 Uhr…
…der Sonne entgegen!
Wie auf Glas schleichen wir Werner achtsam hinterher, der uns souverän und auf direkt möglichem Weg über das Piodejoch auf 4283 m zur Cabanna Gnifetti, unserer nächsten Hütte auf italienischer Seite führt. Wir haben damit unsere dritten „4000er“ erreicht und schlafen gut 500 m tiefer in Gnifetti, die wir nach 10 Stunden Zustieg am Schluss über eine Eisenleiter erarbeitet haben.
In der ist es dann erwartungsgemäß voll, laut und eng, ein Waschraum und französische Klos mit analoger Spülung – Kanister mit Wasser schnappen und nachspülen - für alle und ich kläre mit Japanern, dass es ein „bathroom and no show- and photoroom“ ist.
Die gute Küche und das freundliche Personal macht uns aber gute Laune. Ich falle wie ein Stein in meine Koje und darf bis 6.00 Uhr schlafen, denn um 6.30 Uhr ist die Frühstückszeit finito.
Der nächste Tag wird uns fünf 4000er bescheren! Wir haben strahlend blauen Himmel und sammeln nacheinander hoch und runter
die Vincentpyramide (4215 m),
am Schwarzhorn (4322 m) vorbei,
zum Balmenhorn (4167 m),
die Ludwigshöhe (4341 m),
mit fast mystischer Erscheinung…
das Piodejoch (4283 m),
und die Signalkuppe mit der Cabanna Regina Margeritha, die mit 4554 m die höchste Hütte Europas stellt.
We did it!
Hier machen wir unsere Mittagspause und uns allen geht es in dieser Höhe prächtig!
gestärkt weiter zur Zumsteinspitze unseren höchsten Gipfel (4.563m)
Völlig geflasht wandern wir erst in Sonne und zum Schluss auch mit Schnee von oben zurück zur Gnifetti, die wir um 18.00 Uhr ordentlich platt und tief erfüllt erreichen.
Wir disponieren die Tour um, indem wir am Freitag ohne Übernachtung auf der Margaretha zur Monte Rosa Hütte absteigen, ein guter Entschluss, denn das Wetter ist am frühen Morgen wie weißer Adler auf weißem Grund.
Nach dem Pass erreichen wir wieder meine Schlüsselstelle- wir haben eine Seilschaft mit Bergführerin vor uns und eine gute Spur im Neuschnee.
Wenn ich das Reden einstelle, bin ich in voller Konzentration und es ist entlang unseres Seils mucksmäuschenstill.
Wir erreichen die schöne Monte Rosa um drei nach sonniger Pause im Blockgelände wo Timo noch von einem schicken 8er Boulder gerufen wird.
Das unschlagbar gute Essen auf der Hütte gibt mir Kraft für den Abstieg am letzten Tag zur Bergbahn.
Die vielen Asiaten bringen uns den Kulturschock und wir beömeln uns über ein Hochzeitspaar beim Fotoshooting mit Braut in Wanderschuhen im weißen Kleid.
Beengt und tief zufrieden fahren wir mit der Gornegrat Bahn zurück nach Zermatt, wo ich mich nach einem letzten gemeinsamen Kaffee von den Bahnfahrern verabschieden muss.
Dem Upper-Kaff Zermatt adieu zu sagen fällt mir dabei leicht und ich setzte mich mit dem zweiten Teil der Gruppe in Fahrgemeinschaft Richtung Eifel in Bewegung.
Was für eine gelungene Tour!
Mein ganz großer Dank gilt unserem Tourenleiter Werner, von dem ich viel lernen konnte und
ein Hoch auf die Hochtouren-Gruppe – bis zum nächsten mal !