Datum: 30. 06 2014
Autor: Jasmin Franzen
Juli 2014... Ganz Deutschland schwitzt.....
und ich... ich hatte spontan eine Woche Urlaub...
Also was tun?
Eins war klar: Ohne viel Vorbereitungszeit und mit nur 7 Tagen auf der Uhr, sowie aufgrund eines eher schmalen Budgets (der etwas größere Urlaub im Herbst warf schon seine Schatten voraus) würde keine Fernreise drin sein.
Aber was solls, dachte ich mir, Deutschland hat auch schöne Ecken...
Aber wo um Himmels willen konnten sich Schönheit und halbwegs annehmbare Temperaturen am besten kombinieren lassen?
Eigentlich gab es da nur zwei Möglichkeiten: Berge oder Meer.
Die Antwort hierauf war schnell gefunden und ist mit Sicherheit jedem Leser aufgrund der Ausrichtung dieses Heftes jetzt auch schon klar: Es ging in die Berge!
Also schnell eine alte Freundin im Allgäu kontaktiert, und dort um Asyl gebeten.
Aufgrund nicht vorhandener Begleitpersonen und getreu nach dem oben im Untertitel genannten Motto, machte ich mich also alleine auf die Socken um zunächst das Allgäu an sich und dann die umliegende Bergwelt zu erkunden.
Doch dann stellt sich die nächste Frage: Welcher Berg sollte es denn jetzt sein?
Der modernen Technik sei Dank wurde zunächst die Umgebung bei Google-Maps recherchiert , um dann weitere Erkundigungen zur Alleinreisenden-Tauglichkeit, sowie Schweregrad der möglichen Touren und Wettervorhersage einzuholen.
Hierbei wurde schnell klar: Es würde meine erste mehrtägige Tour werden, da ich mir vorgenommen hatte die Vorteile meines DAV-Ausweises auch einmal zu nutzen und eine Hüttenübernachtung mit einzubauen.
Alle Kriterien zusammengenommen fiel meine Wahl schließlich auf den höchsten Berg Deutschlands, die Zugspitze!
Sie sollte das erste Opfer meiner gerade beginnenden Bergsteiger-Karriere werden – ganz oder gar nicht!
Nach weiterer Planung entschied ich mich für den Weg durch das Reintal, der zwar der längste,aber auch aufgrund seiner nicht allzu schweren Einstufung für mich als Single-Bergsteigerin der einfachste und natürlich auch sicherste zu sein schien.
Von oben genannter Freundin noch mit ausreichende Kartenmaterial, sowie noch mehr Sicherheitshinweisen versorgt machte ich mich also auf den Weg nach Garmisch-Partenkirchen, um dort am Olympiastadion von 1936 mein Auto zu parken, die Wanderstiefel zu schnüren und bei allerschönstem Bergwetter den Aufstieg in Angriff zu nehmen.
Die Strecke führte zunächst durch die wirklich sehr schöne Partnachklamm, durch die sich die Partnach mit lautem Getöse ihren Weg ins Tal bahnt.
Ungefähr in der Hälfte der Klamm fand sich ein in den Fels gehauener Marienaltar. Auch wenn ich auf diesem Teil der Strecke noch kein Bedürfnis hatte höhere Mächte anzurufen, ein netter Fotostopp wars allemal.
Nach Bewältigung der Klamm und der doch vielen japanischen Touristen in ihr, wurde es schlagartig ruhiger und ich konnte den Aufstieg durch das Reintal zur Reintalangerhütte in Angriff nehmen.
Immer entlang der Partnach, die mir an vielen Stellen Gelegenheit zum ausruhen und erfrischen, sowie manch schönes Fotomotiv bot.
Bei weiterhin stabiler Wetterlage verging die Zeit wie im Flug, so dass ich bereits am späten Nachmittag ohne große Probleme die Reintalangerhütte erreichte.
Diese liegt wunderschön direkt am Ufer der Partnach gelegen und hat somit einen eigenen Privatstrand, der zum Sonnen und Faulenzen einlädt.
Nachdem ich mir beim Wirt einen Schlafplatz gesichert hatte, trollte auch ich mich zum Strand und gönnte mir dort das erste Alpin-Bier meines Lebens. Lecker! So lies es sich leben!
Aus meinem ursprünglichen Plan mich meiner mitgebrachten Lektüre zu widmen wurde leider nichts, da es auch in den Bergen anscheinend immer noch eine Ausnahme ist, wenn man als Frau alleine unterwegs ist. So würde ich direkt von mehreren Wanderern auf diesen Umstand angesprochen und hatte dann auf diesem Weg einen recht vergnüglichen und kommunikativen Nachmittag und auch Abend.
Leider hatte ich nicht das Glück in den Genuss der berühmt-berüchtigten abendlichen Hauskonzerte auf der Reintalangerhütte zu kommen, die der Hüttenwirt und seine Angestellten oft mit den Gästen veranstalten.
Hierfür war schlichtweg auch spät am Abend noch viel zu viel los auf der Hütte.
Dafür tönte, nach einer einigermaßen schnarchfreien Nacht im Matratzenlager, am nächsten Morgen um 6 Uhr der vom Hüttenwirt live auf der Gitarre gespielte Weckruf durchs Haus (den es wohl so nur auf der Reintalangerhütte gibt). Auf zur zweiten Runde!
Also schnürte ich nach einem ausgiebigen Frühstück wieder meine Stiefel und machte mich auf den Weg.
Ziemlich direkt hinter der Hütte begann mit dem Aufstieg zur Knorrhütte das steilste und anstrengendste Stück dieser Tour. Hier bewältigt man in etwa 2 Stunden den größten Anteil der insgesamt 2500 Höhenmeter.
Auch hier bieten sich wieder viele schöne Aussichtsgelegenheiten zurück ins Tal, die auch hervorragend dazu dienen, die schon wieder notwendige Pause als Fotostopp zu tarnen, während man rechts und links von äußerst agilen, von mir liebevoll genannten Bergsteiger-Rentern überholt wird...Diese Damen und Herren verdienen meinen höchsten Respekt!
Nachdem ich mich im Schneckentempo durch die nächste Kehre nach oben gekämpft hatte um dort wieder eine äußerst notwendige Pause einzulegen, begegnete mir dort eine kleine Wandergruppe, bestehend aus einem Pärchen aus Berlin und deren indischen Freund (in Turnschuhen), der bei seinem ersten Besuch in Europa direkt mal den höchsten Punkt Deutschlands erklimmen durfte.
Ich musste wohl sehr ausgehungert ausgesehen haben, denn mir wurden sofort ein Sitzplatz sowie mehrere Varianten von Müsliriegeln angeboten. Beides nahm ich gerne an.
Nach einer kurzen Plausch-und Verschnaufpause nahmen die drei mich in ihrer Reisegruppe auf, so dass wir den Weg zur Knorrrhütte gemeinsam fortsetzten, die wir dann auch bald erreichten.
Nach kurzer Pause setzten wir unseren Weg von der Knorrhütte zur Bergstation SonnAlpin fort.
Bei dem Weg über das Platt boten sich uns wunderschöne Aussichten, bei weiterhin fantastischen Wetter, aufdie Gipfel des Wettersteingebirges. Zudem schlossen wir des öfteren Bekanntschaft mit zahlreichen Schafen, die sich zumeist auf den noch vorhandenen Schneefeldern zusammendrängten, um sich an diesem recht sonnigen Tag etwas Abkühlung zu verschaffen.
An der Bergstation angekommen galt es dann eine Entscheidung zu treffen:
Die Errungenschaften der modernen Welt nutzen und das letzte Stück mit der Seilbahn bis zum
Münchner Haus fahren oder den Weg per pedes über das berühmt-berüchtigte Geröllfeld und dem anschließenden Steig über den Wettersteingrat fortsetzen.
Aufgrund meiner doch noch erstaunlich guten Verfassung entschied ich mich mit den beiden Berlinern auch den letzten Teil zu Fuß zu bewältigen.Ganz oder gar nicht! (Unser indischer Begleiter entschied sich aufgrund seines Schuhwerks mit der Bahn auf den Gipfel zu fahren, was mit Sicherheit eine gute Entscheidung war)
Ausgerüstet mit einer nochmals dick aufgetragenen Schicht Sonnencreme sowie im Nachhinein wirklich praktischen Trekkingstöcken nahm ich also den letzten Anstieg zum höchsten Berg Deutschlands in Angriff. Von den nun folgenden 2, 5 Stunden blieb mir vor allem eins im Gedächtnis:
Ein Schritt nach vorn, zwei zurück!
Bedingt durch das feine Geröll bröckelte es quasi nur so unter den Füßen weg.
Mit Blick auf die nebenan in der Gondel hochschwebenden Touristen fragte ich mich doch mehrere Male nach meinem eigenen Verstand mir so etwas anzutun, konnte dann aber letztendlich doch erfolgreich das Ende des Geröllfeldes zu erreichen. Hier ging der Anstieg dann nahtlos in einen recht gut versicherten Klettersteig über den Wettersteingrat über.
Offiziell ein Klettersteig der Kategorie A (also ohne Ausrüstung zu gehen), führte dieser aufgrund der Höhe und der rechts und links steil abfallenden Wände dazu, dass ich auf diesem letzten Stück der Tour doch ab und an noch einmal an den Marienaltar aus der Partnachklamm denken musste. Aber beten war auch jetzt nicht drin, ich brauchte meine Hände zum Festhalten am Drahtseil. Also der Herausforderung ins Auge geblickt und weiter gings.
Mit gegenseitiger moralischer Unterstützung erreichten meine Reisegruppe und ich dann das Münchner Haus, wo wir uns erst in die Arme fielen um gleich darauf mit einem wohlverdienten Gipfelbier anzustoßen.
Nach 2 Tagen und insgesamt 12 Stunden auf den Beinen war es geschafft und die Zugspitze bezwungen. Es folgten mehrere Beweisfotos mit Gipfelkreuz, welche sich hoffentlich in Gesichtsfarbe und Erschöpfungsgrad von den Fotos der vielen per Bahn angereisten Touristen unterscheiden.
Was bleibt sind tolle Erinnerung an meine erste Bergtour (es wird nicht die letzte gewesen sein), jede Menge schöne Fotos und die Erkenntnis dass man es auch mit Turnschuhen auf die Zugspitze schaffen kann!