Datum: 04. 10 2023
Autor: Brigitte Lottermoser
oder: Das Glück ist mit im Rucksack: eine Hufeisentour rund um den Königssee!
Nicht ohne Grund hat man die Bergwelt südlich von Berchtesgaden als Nationalpark ausgewiesen. Unsere Tour führte in Form eines großen Hufeisens rund um den Königssee und das Watzmannmassiv sowie durch das Steinerne Meer. Das Steinerne Meer ist ein eindrucksvolles Karsthochplateau, es wirkt je nach Aussichtspunkt wie ein zu Stein gewordenes Meer mit wogenden, steinernen Wellen – daher auch der Name. Wunderschön! - Zielgruppe: Für jeden mit entsprechender Kondition und Spaß am Wandern in einer Gruppe ;)
Teilnehmer: Brigitte, Claudia, Eva, Finja, Gabi, Hannah, Peter, Susi und unserer Bergführerin Sabine
Fast (!) eine reine Frauentruppe reiste auf unterschiedlichsten Wegen bei strömendem Regen in Berchtesgaden an und so manch einer sah uns nicht wandern, sondern schon „baden gehen“... und dies nicht nur im Königssee. Angekommen im äußersten Südosten Deutschlands konnten wir schließlich den 2713 Meter hohen Watzmann mit „Frau“ und „Kindern“ in einer schönen Abendkulisse mit etwas Sonne als unübersehbares Wahrzeichen der Berglandschaft über dem Berchtesgadener Land bewundern und einen kleinen Ausblick auf den kommenden Tag und die vor uns liegende Tour genießen.
Umso größer war unsere Vorfreude nach einer guten Nacht in der Jugendherberge Berchtesgaden und ordentlichem Frühstück, als es dann losging oder besser: losfuhr mit dem Bus nach Schönau am Königssee und dies bei bestem Kaiserwetter! Das Glück ist eben mit im Rucksack... oder unsere Bergführerin Sabine hat einen direkten Draht zum Wettergott! Nach dem obligatorischen Gruppenfoto ging es zügig zunächst durch schattige Waldstrecken – Gott sein Dank! Schwitz`! - mit grandiosen Ausblicken auf den Königssee und das Watzmannbergmassiv den Berg hinauf. Nach einer Stärkung auf der Königsbachalm war recht bald unser Ziel das Carl-von-Stahl Haus (1733 m) erreicht. Das Haus liegt malerisch kurz hinter der Grenze auf österreichischem Boden am Torrener Joch, am Fuße des Schneibsteins, der morgen früh auf uns wartet. Am späteren Nachmittag machte sich dann nach dem Bezug des Lagers ein Teil der Gruppe auf, den Hausberg des Stahlhauses - den Pfaffenkegel 1850 m zu besteigen. In gut 20 Minuten erreicht man diesen hinter dem Haus liegenden Berg – etwas kraxeln und das erste Gipfelkreuz für unsere Tour und Edelweiß direkt mal schnell inbegriffen. Geht doch! Zum krönenden Abschluss des wunderschönen ersten Tages genossen wir neben einem leckeren Abendessen einen farbenprächtigen Sonnenuntergang über den Bergen und „unserem“ alten Bekannten und ständigen Begleiter: dem Watzmann - ein schöner Tag geht zu Ende!
Geweckt wurden wir heute in der Früh von feuchtkühlem, nebeligem und windigem Wetter, was unserer guten Laune keinen Abbruch tat. Mit einigen vorausschauenden Erklärungen und powervollen Motivationsanschüben von Sabine ging es los! Der Weg ist das Ziel – gesagt, getan! Der erste Abschnitt durch die Latschenzone auf den im Nebel liegenden Schneibstein 2276 m war zwar etwas rutschig, relativ steil durch steiniges Gelände und erforderte schon eine gewisse Konzentration. Immer wieder schien die Sonne den Nebel zu durchbrechen und es entstand auch durch wabernde Nebelschwaden und vereinzelte Nebellöcher eine mystische unwirkliche Stimmung. Auf dem Gipfel mit unserem zweiten Gipfelkreuz – eigentlich einem Hochplateau – angekommen, ließ das Wetter leider keine Fernsicht zu. Bei klaren Wetterverhältnissen kann man eine Rundum-Weitsicht auf das umliegende Bergpanorama – vom Chiemsee über das salzburgerische Tennengau, hinüber zum Dachstein, auf das Steinerne Meer und die imposante Ostwand des Watzmanns bestaunen. Jedoch nur kurze Zeit später wurden wir mit einer Herde von Steinböcken, die uns ein Stück unseres Weges in sicherer Entfernung immer am Abhang entlang begleiteten, für die arg begrenzte Fernsichtsicht belohnt.
Nach dem Abstieg zum Seeleinsee auf 1441 m legten wir die eine Pause ein und Peter nutzte die Zeit zum Baden. Echt mutig und ziemlich frostig kalt! Das Wetter zeigte sich jetzt auch mit zunehmend mehr Sonne von seiner schönen Seite und weiter ging es, denn: kurz nach dem Seeleinsee kam das nächste Wegzeichen zur Wasseralm mit einer Wanderzeit von noch 4 ½ Stunden. Es war klar, dass wir noch eine „gute“ Strecke vor uns hatten. Zunächst bergab durch Geröll und stein„reich“ ging es durch den Bergwald des Landtals hinüber zur Wasseralm in der Röth auf 1461 m. Dabei hatten wir immer wieder schöne Durchblicke auf den Obersee. Zum Obersee ist die Wasseralm durch die 700 Meter hohe Röthwand getrennt. Über diese Wand stürzt in mehreren Stufen der Röthbach-Wasserfall ab, mit einer Fallhöhe von 479 m der höchste Wasserfall Deutschlands. Nichtsdestotrotz war die Wasseralm unsere urigste Berghütte: sie liegt weit ab von allem auf einer kleinen Waldlichtung mit einem Bachlauf, bietet fließend kaltes Wasser, eine leckere Gemüsesuppe mit und ohne Würstchen, eine überaus nette Begrüßung und Bewirtung, abendliches Rehwild vor dem Fenster, ein Matratzenlager für bis zu 40 Leutchen (Schnarchkonzert inklusive) unter dem Dachjuchhe und... nur zu empfehlen! – ein noch schönerer Tag geht zu Ende!
Der Tag begann trotz Matratzenlager erstaunlich ruhig, Frau und Mann schliefen länger, nach Frühstück, Katzenwäsche und dem Sortieren der wenigen Habseligkeiten in unsere Rucksäcke - schon eine gewisse Herausforderung in der Enge und einigen verzweifelten Fragen: Wo sind meine Socken, wer hat...gesehen? - ging es punktgenau und gutgelaunt unserer Bergführerin Sabine immer hinterher in unseren dritten Tag. Zunächst verlief der Weg größtenteils durch Waldgelände – im wahrsten Sinne über Stock und Stein - zum Halsköpfl mit 1719 m. Hier hatten wir einen der schönsten Königssee-Blicke, dann Abstieg zum Schwarzsee 1568 m und über eine Kuppe weiter zum Grünsee. Der Name ist hier Programm: es grünt so grün... am Weges- und Uferrand erfreute uns immer wieder die Vielfalt der Alpenflora, die in wunderschönen Farben erblühte und ergrünte. Während wir bei schönstem warmem Sonnenschein eine lange Mittagspause einlegten und wie man so schön sagt: die Seele baumeln ließen, sprangen Eva und Peter zu ihrem und unserem Vergnügen in den See und zogen ihre Runden durchs scheinbar jetzt hier nicht so kalte Wasser!? Jede Pause hat auch mal ihr Ende und nach einem steilen Anstieg über Stein- und Holztreppen führte uns der Weg flach hinüber und wieder begleitet vom imposanten Watzmann – zuletzt auf dem viel begangenen Saugassen-Anstieg einmündend zum Kärlingerhaus 1630 m. Das Kärlingerhaus schon in Sicht konnten wir dann auch zur Freude unseren Youngsters tatsächlich einige Murmeltiere aus nächster Nähe beim Tollen über die Bergwiesen beobachten. Das freche Pfeifen der Murmeltiere hatten wir tags vorhin ja schon mehrmals gehört. Die Freude war da jetzt groß und rasch hatten wir unser Ziel dann erreicht! Das Kärlinger Haus wurde 1879 erbaut und ist somit die erste Alpenvereinshütte in den Berchtesgadener Alpen. Etwas unterhalb der Hütte in einer Senke liegt malerisch der Funtensee, der als Kältepol Deutschlands gilt. Hier wurde in der Vergangenheit im Winter mit -45,9 °C die bislang tiefste Temperatur Deutschlands registriert. Und auch hier zog es einige zum See, frei nach dem Motto: „Pack´ die Badehose ein...“ – oder auch nicht ;) der Rucksack ist schon schwer genug und das Glück ist ja auch noch drin! Ein dritter schöner Tag geht mit viel Lachen und Doppelkopf, Kässpatzen und Radler, wundervollen Erlebnissen, Ausblicken und Dankbarkeit zu Ende!
Heute wird`s „ein Tag am Meer...“ – strahlend blauer Himmel über uns, kein Wölkchen in Sicht und wir stiegen das Kärlingerhaus und den Funtensee hinter uns lassend im Berghang auf. Bei dem ein oder anderen Blick zurück sahen wir eine dünne Nebelschicht spinnwebengleich in der Talsenke liegen und darüber thronte der altbekannte Watzmann im strahlenden Morgenlicht! Einfach nur ver- und bezaubernd! Spannung und Vorfreude auf den Tag ließen uns weiterziehen. Zum Einstieg in das Steinerne Meer begrüßte uns eine große gerade gewachsene Zirbe auf einem Felsvorsprung, die Landschaft wurde jetzt immer karger und dann über Stunden eine Sinfonie in grau.... und wir mittendrin: Im Steinernen Meer. Grau die scharfkantigen Felsmauern vor uns, grau die ausgewaschenen Steinplatten unter unseren Füßen - ein Karsthochplateau aus Steinen, soweit das Auge blicken kann. Das Steinerne Meer wird seinem Namen gerecht – und mitten hindurch schlängelten sich neun bunte Farbtupfer im Gleichschritt durch das Grau, fröhlich, staunend, mal auch still beeindruckt immer sicher hinter Sabine her durch eine wirklich surreale Landschaft – festgraugewordener Meeresboden, ein zu Stein gewordenes Meer mit wogenden, steinernen Wellen, zerklüftet, gerissen, durchzogen von Spalten, Höhlen sogenannten Dolinen, schrägen Felswänden und Vorsprüngen und eigentlich ohne Bergführung nicht zu empfehlen!
Mittags erreichten wir das gemütliche Riemannhaus auf 2177 Meter, die höchste Schutzhütte in der Region und eingebettet in einer Scharte zwischen den mächtigen Gipfeln des Sommersteins und Breithorns, oberhalb der österreichischen Talorte Saalfelden und Maria Alm mit einem sensationellen Blick auf viele schneebedeckte Berggipfel der Alpen, eine Bergkulisse, die uns einerseits demütig still werden ließ und andererseits uns mit tiefer Dankbarkeit erfüllte!
Und weiter ging es nach einer kleinen Stärkung auf dem Eichstätter Weg über die Äulhöhe mit einer Höhe von 2309 Metern dem höchsten Punkt unserer Hüttentour. Wir ließen uns dann von unseren Füßen durch das schier endlose Steinmeer mit seinen wogenden, steinernen Wellentälern und- bergen treiben, setzten Fuß vor Fuß – der Weg ist das Ziel und keine Hütte in Sicht! Doch Sabines Motivationstalent, stets guter Laune und energiegeladenem Ansporn sei Dank kamen wir müde, durstig und hungrig am Ingolstädter Haus auf 2119 Meter spätnachmittags an. Die Zustiege zur inmitten der kargen Mondlandschaft des Steinernen Meeres gelegenen Hütte sind eben allesamt lang...tolle Bewirtung – Daumen hoch! Ein orangeglühender Sonnenuntergang – Daumen hoch! Und aller guten Dinge sind drei: ein vierter steinreicher Tag nahm sein wohlverdientes Ende – Daumen hoch!
Für den letzten Tag stand der Abstieg zum Königssee auf dem Programm. Nach dem Aufstieg von 400 HM über große Felsbrocken - von Wanderweg kann man nun wirklich nicht mehr sprechen, nur noch die zahlreichen Markierungspunkte zeigen, wie man über Steine und Felsen gehen und klettern muss - ging es dann nur noch bergab... und 1800 HM sind wirklich kein Pappenstiel! Wir waren schließlich wieder mehr in begrüntem Gelände unterwegs, der Abstieg über den Arnoweg war wegen der sehr gut angelegten Serpentinen bequem zu gehen. Etwas später erreichten wir den schattenspendenden Wald, wo es über abenteuerliche steile und morsche Leitern noch einmal steil bergab ging. Wir erreichten schließlich die Sigeretplatte, diese war der einzige Teil der gesamten Tour, bei dem eine gewisse Schwindelfreiheit sinnvoll ist. Der Weg wurde schmal und endete in einer seilversicherten Holztreppe - links der Fels und: gut so, das Drahtseil, das wirklich hilfreich ist. Und immer weiter ging es, steinig, kurvenreich, stetig bergab, eine kleine Alpenkarawane angeführt von Sabine, mit einem flotten Lied auf den Lippen: „Herrliche Berge, sonnige Höhen Bervagabunden sind wir, ja wir.....“ Die Zeit verging wie im Fluge und schon war der Königssee in Sicht – wir waren tatsächlich unten. Nach einem Besuch des „Strandbades St. Bartholomä“ so richtig oder nur mit den qualmenden Füßen im Wasser, gab es: ein letztes Radler, eine letzte Currywurst, ein letztes Eis und mit dem Schiff ging es dann von Sankt Bartholomä über den Königssee - schöne letzte Blicke auf die Watzmann-Ostwand inbegriffen – zurück zum Seelände. Nach den fünf Tagen weitgehend einsamer Wanderungen hat uns die Zivilisation wieder. Wehmut und Freude liegen hier dicht beieinander: So gehen jetzt die fünf Tage im Hagengebirge und Steinernen Meer für uns zu Ende. Eine grandiose Landschaft, eine tolle Strecke, dazu vier Hütten mit jeweils ganz eigenem Charakter. Eine großartige Rundtour, eine tolle Truppe und spitzenmäßige Bergführerin: Vielen lieben Dank, Sabine! – Dankbarkeit ist das Gefühl, wenn sich das Herz erinnert! – Viele schöne Erinnerungen werden uns begleiten und irgendwann wird der ein- oder andere sicher wieder zurückkommen. Wenn dann auch wieder die Sonne scheint!